Ob ein Wolf die Ziege gerissen hat, steht erst nach den Untersuchungen fest. Foto: BennyTrapp – stock.adobe.com

Drei Wolfsrüden leben derzeit im Schwarzwald. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich mehr Tiere ansiedeln. Der Mensch sollte daher lernen, sich mit dem Rückkehrer zu arrangieren.

Baiersbronn/Bad Rippoldsau-Schapbach - Vor rund 20 Jahren wurden in der Bundesrepublik die ersten Wolfswelpen in freier Wildbahn geboren. Um die 150 Jahre lang galt das Raubtier in Deutschland als ausgestorben. Über die letzten zwei Jahrzehnte wuchs die Population immer weiter, heute leben hierzulande über 150 Wolfsrudel, also Wolfspaare mit erwiesenem Nachwuchs, dazu einige Paare ohne Nachwuchs und territoriale Einzeltiere. Populationstendenz: steigend.

Der Schwarzwald und seine drei Wölfe

Drei der Einzeltiere, allesamt Rüden, haben ihr Territorium im Schwarzwald gefunden. Im Südschwarzwald die Wölfe GW1129m und GW2103m, im Nordschwarzwald der Wolf mit der wissenschaftlichen Kennung GW852m. Letzterer hatte schon mehrfach unschöne Schlagzeilen gemacht. Erst jüngst bestätigte das Umweltministerium Baden-Württemberg, dass der Rüde ein Schaf bei Baiersbronn gerissen hat. In den Coronajahren war es um GW852m zuletzt ruhig geworden. Überwacht werden die Tiere vom Umweltministerium und der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden Württemberg (FVA), die umfassende Informationen zum Wolf und dem Umgang mit den Tieren zur Verfügung stellt. 

Passend dazu: Villingen-Schwenningen - Jetzt Fakt: Wolf hält sich bei VS auf

Wo immer der Wolf im Umfeld des Menschen auftritt, häufen sich Stimmen gegen das Raubtier. Geschichten vom Rotkäppchen oder dem Wolf und den sieben Geißlein, Fabeln und Mythen haben den Wolf in unserer Gesellschaft als gierige, rücksichtslose und kaltblütige Bestie zementiert. Das "Rotkäppchen-Syndrom" ist weiterhin fest in unseren Köpfen verankert.

Verteufelt und verherrlicht

Zu Unrecht, findet Sabrina Reimann, Projektleiterin im Alternativen Wolf- und Bärenpark Schwarzwald in Bad Rippoldsau-Schapbach. Im Alternativen Wolf- und Bärenpark Schwarzwald befinden sich derzeit neben Luchsen und Bären auch vier Wölfe, drei Rüden, die gemeinsam ein Rudel bilden, und eine einzeln lebende Wölfin. Der Park ist ein Wildtierschutzprojekt der Stiftung für Bären, in dem Tiere aus schlechten Haltungen ein neues, naturnahes Zuhause finden.

"Der Wolf", findet Reimann, "wird auf der einen Seite verteufelt. Auf der anderen Seite wird er romantisiert und verherrlicht. Keines dieser Bilder wird dem Wolf tatsächlich gerecht." Für den Menschen geht von einem Wolf grundsätzlich keine größere Gefahr aus. In den fast 25 Jahren, in denen der Wolf nun schon wieder in Deutschland lebt, habe es keinen einzigen nachgewiesenen Angriff auf einen Menschen gegeben. Von diesem Standpunkt aus, meint Reimann, ginge von Wildschweinen oder Hunden mehr Gefahr für den Menschen aus als vom Wolf.

Leben mit dem Wolf

Auf der anderen Seite sollte man die Tiere auch nicht romantisieren, denn "der Wolf ist kein Kuscheltier", findet Reimann. In manchen Einrichtungen seien Wölfe derartig auf den Menschen fehlgeprägt worden, dass sie ein völlig falsches Bild vermittelten. Stattdessen sei der Wolf ein scheues und Intelligentes Raubtier, das sich zwar gut an unsere Kulturlandschaft anpassen könne, Menschen aber eher aus dem Weg ginge. Trotzdem müsse man pragmatisch sein: Wo der Wolf auf den Menschen trifft, könne es immer wieder zu Zwischenfällen wie in Baiersbronn kommen.

Passend dazu: Nordschwarzwald - Wolf-Experten mahnen zur Gelassenheit

Wichtig sei dabei einerseits der der Herdenschutz, andererseits müsse mit einem Wolf, der bestehende Herdenschutzmaßnahmen wiederholt überwindet oder direkt die Nähe zum Menschen sucht, entsprechend umgegangen werden. Das könnte dann soweit gehen, dass das Tier geschossen werden müsse. Im Fall von GW852m aber sei das noch nicht angebracht. Der Wolf im Nordschwarzwald habe, nach Reimanns Ansicht, noch kein auffälliges Verhalten an den Tag gelegt.

Von Angesicht zu Angesicht

Was soll man aber tun, wenn man sich mit einem Wolf direkt konfrontiert sieht? Das Umweltministerium empfiehlt, wenn der Wolf nicht von sich aus reißaus nimmt, laut auf sich aufmerksam zu machen, in die Hände zu klatschen und sich langsam, laut redend zu entfernen. Auf keinen Fall soll man Wölfe füttern, auch nicht passiv, indem man Essensreste oder Schlachtabfälle zurücklässt. Ein Hund kann von Wölfen als Eindringling in das eigene Revier angesehen werden und sollte daher angeleint werden. 

Lesen sie auch: Experten bestätigen Sichtung - Wolf war tatsächlich in Wolfach unterwegs

Tatsächlich scheint es wohl wichtig, sich mit dem Rückkehrer zu arrangieren. In anderen Ländern, wo die Bevölkerung schon immer mit dem Wolf gelebt hat, ist dies schon der Fall. Sabrina Reimann berichtet, dass ein Wolfsrudel, das Herdenschutzmaßnahmen respektiert, sogar ein exzellenter Herdenschutz sei, da sie ihr Revier gegen andere einwandernde Wölfe verteidigen. Ein solches Rudel könnte wohl auch bald im Schwarzwald heimisch sein. Es sei, so Reimann, sehr gut möglich, dass früher oder später eine Wölfin in den Wald zieht und mit einem der drei Junggesellen eine Familie gründet. 

So leben die Wölfe im Alternativen Wolf- und Bärenpark: