Darf es etwas Fisch sein? Aber auf die Gräten aufpassen. Foto: dpa-Zentralbild/dpa/Patrick Pleul

Von Aschermittwoch bis Karfreitag gilt die Fastenzeit. Das bedeutet 40 Tage Verzicht. Im Mittelalter wurde noch mehr Wert darauf gelegt, sich in Enthaltsamkeit zu üben. Doch man wurde auch erfinderisch, wenn man eben nicht zu Enthaltsam sein wollte. Unsere Redaktion hat fünf skurrile Fakten zur Fastenzeit zusammengestellt.

Es ist Fastenzeit: mit dem Ende der Fasnet am Aschermittwoch bis zum Karfreitag gilt sie 40 Tage lang – festgelegt wurden die Regeln wohl erstmals während des Konzils von Nicäa um 325 nach Christus. Brave Christen mussten sich in dieser Zeit in Enthaltsamkeit üben. Fleisch, Milch und Milchprodukte, Eier, all das – und mehr – war früher streng untersagt.

Doch Verzicht muss sich nicht aufs Essen beschränken. Manch einer fastet dieser Tage Zeit am Handy, andere Zucker, Schokolade oder Alkohol. Um die Zeit bis zum Ende der Fastenzeit etwas abzukürzen, hat unsere Redaktion fünf skurrile Fakten zum Fasten zusammengestellt.

1. Wenn es schwimmt, muss es ein Fisch sein

Man kann der katholischen Kirche einiges vorwerfen, aber nicht, dass sie nicht erfinderisch ist, wenn es um das Umgehen ihrer eigenen Regeln geht. Fleisch war in der Fastenzeit, wie eingangs erwähnt, strengstens untersagt. Fisch aber, der war erlaubt – deshalb wird vielerorts noch heute Freitags, der wöchentliche Fastentag, Fisch serviert.

Wie der Biber und andere Tiere wurde im Mittelalter auch der Fischotter zum Fisch erklärt. Foto: dpa-Zentralbild/Patrick Pleul

Die Kirche wusste sich allerdings zu behelfen, denn auf Fleisch verzichten wollte man dann doch nicht ganz so lange. Also wurde kurzum festgelegt, dass alles Getier, das in und am Wasser haust, ein Fisch war. Belegt ist unter anderem, dass Biber, Fischotter und Schildkröten im Rahmen des Konstanzer Konzils (1414 bis 1418) offiziell zu Fischen erklärt wurde. Beim Biber wurde etwa argumentiert, dass der Nager im Wasser lebte, Schwimmhäute – also im Grunde nichts anderes als Flossen – hätte und einen „schuppigen“ Schwanz besäße. Natürlich müsse es sich demnach um Fische handeln.

Etwas näher lag wohl, dass Delfine, Tümmler und Wale als Fische gezählt wurden. Diese verbrachten zumindest ihr ganzes Leben im Wasser. Auch Enten, Schwäne und andere Wasservögel galten als Fische, ebenso wie Robben und Walrösser. Eine Legende besagt auch, dass Schweine ertränkt wurden, damit sie als Fische durchgehen könnten – auch wenn man Fische eben gewöhnlich nicht ertränkt, aber wer legt schon auf derlei Details wert.

Zwei Weißwangen- oder auch Nonnengänse beim Grasen. Bekanntlich auch ein Fisch, zumindest im Mittelalter. Foto: dpa/Wolfgang Runge

Kurios ist auch die Begründung mittelalterlicher irischer Mönche, warum die Weißwangengans als Fisch zu zählen sei. Bevor Menschen Vögelmigrationen verstanden, war nicht klar, wo die Gänse herkamen. Die Tiere brüteten damals im Sommer in der Nordpolarregion und wurden hierzulande, und eben in Irland, nur im Winter gesehen. Daher hielt sich der Mythos, dass die Gänse aus Muscheln schlüpfen würden, die an den Treibhölzern wuchsen, auf denen die Tiere oft rasteten. Und ein Tier, das aus Muscheln schlüpft, das muss ja ein Fisch sein. Völlig logisch.

2. Der Trick mit dem Starkbier

Auch Alkohol war während der Fastenzeit Tabu. Findige Mönche aber sollen sich Abhilfe geschafft haben. Um in der Fastenzeit nicht ganz zu verzichten, sollen sie ein Starkbier gebraut haben, welches mehr Kalorien besaß und satt machte. Das schickten sie zum Papst nach Rom. Das Bier kippte aber auf dem Weg, wurde sauer, schlecht und ungenießbar. Der heilige Vater, angewidert von dem widerlichen Getränk, sagte dem Bier „Büßerqualitäten“ zu, erlaubte es also auch in der Fastenzeit.

Prost, auf eine entbehrungsreiche Fastenzeit. Foto: dpa/Matthias Balk

So will es die Überlieferung. Die Details, wie so oft, wechseln je nachdem, wer die Geschichte erzählt. Fakt ist aber, dass Bier in der Fastenzeit erlaubt ist, wo andere alkoholische Getränke es nicht sind. Starkbier ist in Bayern sogar ein traditionelles Fastengetränk.

Bier war jedoch im Mittelalter ein anderes Getränk, als wir es heute kennen: ein Grundnahrungsmittel, mit sehr geringem Alkoholgehalt, und ein Weg, das oft verseuchte Wasser der Zeit trinkbar zu machen.

3. Gott sieht alles, außer du verpackst es in Teig

Maultaschen, das sind in der Region nicht nur Grundnahrungsmittel und kulturelles Erbe, sondern auch Dreh und Angelpunkt einer Fasten-Legende. Demnach sollen Mönche des Klosters Maulbronn (im heutigen Enzkreis) die Fleischtaschen als „Herrgottsbscheißerle“ erfunden haben, um Fleisch, ungesehen vom lieben Gott, auch in der Fastenzeit konsumieren zu können.

Die Geschichte von der Maultasche als „Herrgottsbscheißerle“ klingt schön, ist aber vermutlich nicht wahr. Foto: dpa/Norbert Försterling

Der Mythos ist aber aller Wahrscheinlichkeit nach nichts anderes als das: eine Geschichte, die die Entstehung der Maultasche interessanter macht als sie vermutlich ist. Beweise gibt es jedenfalls keine für die Legende. Erwähnt wird sie auch erst seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, nicht in älteren Schriften. Wahrscheinlicher ist, dass die Maultasche eine Variation von in Italien bekannten, gefüllten Teigtaschen ist, die im Laufe der Jahrhunderte nach Süddeutschland wanderte. Doch manchmal ist die Überlieferung eben schöner als die Realität.

4. Das Ei ist bunt, das kann man essen

Eier waren, wie die meisten tierischen Produkte – wenn sie nicht gerade zu Fischen erklärt wurden – in der Fastenzeit nicht erlaubt. Das Problem: nur weil man keine Eier isst, hört das Huhn nicht auf Eier zu legen. „Eier waren verboten“, erklärt der Villinger Volkskundler Jochen Schicht, Leiter des Freilichtmuseums in Neuenhaus ob Eck. „Diese Regel ist schon seit dem siebten Jahrhundert nachweisbar.“ Natürlich sammelte sich aber ab Aschermittwoch und bis Karfreitag ein ordentlicher Eierberg an.

Bunte Eier zu Ostern: ursprünglich auch nur ein Weg, Fastenregeln zu umgehen. Foto: dpa/Bernd Thissen

Um diesem wieder Herr zu werden wurden die Eier in der Fastenzeit kurzerhand im Rahmen einer „Eiermesse“ gesegnet und somit „essbar“ gemacht. Damit man die gesegneten Eier aber erkennen konnte und nicht versehentlich ein gewöhnliches Hühnerei verspeiste, wurden sie bemalt – zunächst nur in rot, für das Blut Christi, später auch in anderen Farben. So kam es dann auch zum Brauch der bemalten Ostereier.

5. Schokolade bricht das Fasten nicht

Belegt ist die Anekdote, wonach im Jahre 1569 Bischöfe aus Mexiko „Schokoladenwasser“ nach Rom schickten, mit der Frage an Papst Pius V., ob das Getränk im speziellen und Schokolade im allgemeinen in der Fastenzeit in Ordnung wäre. Schokolade war in Europa noch weitgehend unbekannt, war sie doch erst wenig zuvor in der neuen Welt entdeckt worden.

Schokolade kam erst im 16. Jahrhundert aus der neuen Welt nach Europa – und direkt musste geklärt werden, ob sie in der Fastenzeit in Ordnung ist. Foto: dpa/Uli Deck

Bei Azteken und Maya war Kakao ein zentrales Genussmittel und auch bei den Europäern, die zunehmend auf dem Amerikanischen Kontinent sesshaft wurden, immer beliebter. Papst Pius V. schien dem Getränk namens „Xocoatl“ jedoch nichts abfinden zu können. Nachdem er das Getränk widerwillig gekostet hatte soll er „Potus iste non frangit jejunium“ entschieden haben – übersetzt heißt das wohl soviel wie: „Schokolade bricht das Fasten nicht“. Dass man dem bitteren Schokoladengetränk auch Süßungsmittel zusetzen konnte, dass schien ihm niemand gesagt zu haben.