Solaranlagen auf den Dächern der historischen Altstadt? Nicht alle sind von dieser Vorstellung begeistert. Foto: Rousek

Um das Stadtbild der historischen Innenstadt zu schützen, hat Calw eine neue Satzung erarbeitet. Darin steht auch geregelt, wo Photovoltaik-Anlagen auf die Dächer dürfen und wo nicht. Jetzt sind Bürger und Behörden nach ihrer Meinung gefragt.

Knapp ein Jahr ist es her, dass von fachkundiger Seite bestätigt wurde: Calw ist hinsichtlich seines Stadtbildes „ein Hochkaräter in der baden-württembergischen Städtelandlandschaft“. Das hatte Expertin Annegret Kaiser, die unter anderem für das Landesamt für Denkmalpflege arbeitet, nach eingehender Beschäftigung mit der Hesse-Stadt unterstrichen. Deren Arbeit soll nun helfen, ebenjenes Stadtbild besser zu bewahren. Doch der Reihe nach.

Vorgeschichte

Kaiser war beauftragt worden, eine Historische Ortsanalyse samt denkmalpflegerischem Werteplan für Calw zu erstellen. Diese zeigen die Geschichte eines Ortes sowie die dort schützenswerten Räume, Bauten und Strukturen auf. Das Ergebnis: In der Innenstadt im Tal finden sich insgesamt 207 Kulturdenkmäler und 88 erhaltenswerte Gebäude.

Dass all das überhaupt erfasst wurde, war insbesondere der Gruppe „Stadtentwicklung/Stadtgestaltung“ des Arbeitskreises Innenstadt zu verdanken gewesen. Diese hatte sich daran gestört, dass es bei baulichen Veränderungen bislang zu viel Freiheit und kein übergeordnetes Wertesystem gebe, um eine historische Kernstadt wie Calw zu erhalten. Die Anregung: einen solchen Werteplan erstellen lassen, der dann zusammen mit einer überarbeiteten Gestaltungssatzung als Grundlage für weiteres Handeln dienen könnte.

Nachdem Ersteres mit der Arbeit von Expertin Kaiser bereits umgesetzt worden war, stand nun in den jüngsten Sitzungen der städtischen Gremien Teil zwei auf der Tagesordnung: die überarbeitete Gestaltungssatzung. Eine solche kann Veränderungen von Gebäuden, zumindest hinsichtlich der äußeren Gestaltung, als genehmigungspflichtig definieren.

Neue Regeln

Die derzeit noch gültige Gestaltungssatzung der Stadt ist mittlerweile fast 20 Jahre alt. Nicht zuletzt durch die Historische Ortsanalyse, die als ergänzende Beurteilungsgrundlage gilt, scheint diese jedoch überholt. In der neuen Version der Satzung wird gleich mehrfach auf die Analyse Bezug genommen.

Ganz neu ist im aktuellen Entwurf zudem ein Passus zu Photovoltaik-Anlagen. Was 2003 noch kaum ein Thema war, muss in Zeiten der Energiewende dringend geregelt werden. In Absprache mit dem Landesamt für Denkmalpflege wurde daher ein sogenanntes Solarkataster entwickelt, in dem geschrieben steht, wo solche Anlagen montiert werden dürfen.

Einige Gebäude, die eine besondere Bedeutung für das historische Bild haben – wie die Stadtkirche, das Rathaus oder das Palais Fischer –, sind von Solarnutzung ganz ausgeschlossen. In „Kernzonen“, die besonders hervorstechen (wie der Marktplatz), gilt die Sichtbarkeit der Anlagen als Kriterium. Anders herum gesagt: Sind die Solarmodule nicht erkennbar, sind sie zulässig (mit einem Mindestabstand zu den „vorderen“ Dachkanten von fünf Metern). In anderen Bereichen gelten die Bauvorschriften der Gestaltungssatzung.

Gottfried Müller vom Arbeitskreis Altstadtfibel zeigte sich in der Sitzung des Bauausschusses mit diesen Vorschlägen indes nicht völlig zufrieden – denn beispielsweise stehe nirgends geschrieben, welche Farbe die Solarmodule haben dürften. Werde das nicht geregelt, so fürchtete er, sei dereinst vom geplanten Calwer Balkon, einer Aussichtsplattform am erhöhten Turm des ZOBs, oder vom Stadtgarten aus nur noch eins zu sehen: eine „Dachlandschaft, die keine historische Dachlandschaft mehr ist“. Und „das kann man eigentlich niemandem zumuten“. Was dem Stadtbild schade, schade zudem auch dem Tourismus.

Neu im aktuellen Entwurf der Gestaltungssatzung ist übrigens auch der Bereich, in dem diese gilt. Gelten bislang noch alle Regeln für den historischen Ortskern sowie Teile der Bahnhofstraße, Bischofstraße und Badstraße, soll es künftig zwei Zonen, A und B, geben – und somit einen „strengeren“ (Zone A) und einen „weniger strengen“ Bereich (Zone B). Der Grund: In den Bereichen außerhalb des Ortskerns (also etwa in Teilen von Bahnhof-, Bischof- und Badstraße) sei die Zusammensetzung der Gebäude deutlich weniger homogen, das Verständnis für die Maßnahmen deutlich geringer und die Durchsetzung somit entsprechend schwieriger.

Weiteres Vorgehen Nachdem die städtischen Gremien der neuen Gestaltungssatzung nun zugestimmt haben, ist vorgesehen, Behörden und Öffentlichkeit am Prozess zu beteiligen. Diese dürfen nun Vorschläge dazu machen, die danach wiederum dem Gemeinderat zur Entscheidung vorgelegt werden. Bei Änderungen gibt es eine zweite Runde der Beteiligung.

Ergänzend soll zudem eine Gestaltungsfibel erstellt werden, in der Werte, Charakteristika und Besonderheiten der historischen Innenstadt zu finden sind. Positive Bildbeispiele sollen zeigen, wie eine „richtige“ Gestaltung aussieht – als Hilfestellung für Bürger und Verwaltung gleichermaßen.