Der Großbrand bei Reifen Göggel - hier ein Bild der Nachlöscharbeiten - sorgt noch immer für viel Gesprächsstoff in Gammertingen. Foto: Eyrich

Gut zwei Monate ist es her, dass ein Großbrand bei der Firma Reifen Göggel für Aufsehen sorgte. Für einige Ein- und Anwohner ist das Thema aber noch nicht beendet: Sie sparen nicht mit Kritik und äußern Ängste. Auf unsere Nachfrage äußert sich nun auch Bürgermeister Holger Jerg.

Gammertingen - Es rumort in Gammertingen. Das sagen zumindest Hans-Steffen Daehn und Monika Scull, die beide im Ort wohnen. Thema ist die Firma Reifen Göggel und die Geschehnisse nach dem Großbrand am 23. Juli. Bei der Hochzeitsfeier von Inhaber Bruno Göggel gab es neben gutem Essen und prominenten Gästen auch ein großes Feuerwerk - welches den Brand wohl ausgelöst hat.

"Die Menschen sind teilweise verzweifelt und haben Angst", so Hans-Steffen Daehn. Angst, dass sich die Brandnacht womöglich wiederholen könnte. Denn diese ging nicht spurlos an den Bewohnern des Wohngebietes Kohlhalde I-III vorbei, wie eine anonyme Anwohnerin im Gespräch schildert: "Man hatte dieses Szenario schon immer mal im Kopf. Aber dass es nun wirklich passiert ist, das hat schon etwas mit einem ausgelöst. Wir hatten massive Angst, die Lage war sehr unübersichtlich."

Kritik an Göggel und Jerg

Der große Vorwurf einiger Gammertinger ist aber nicht der Brand an sich, sondern die aus ihrer Sicht nicht vorhandene Kommunikation im Anschluss. "Das Verhalten von Bürgermeister Holger Jerg und den Stadträten ist uns und vielen weiteren Einwohnern sehr sauer aufgestoßen", erklärt Daehn. Er konkretisiert: "Im Nachgang war immer wieder von Bedauern und einem wunderschönen Fest die Rede. Aber wie sich die Anwohner fühlen oder gefühlt haben, da wurde nicht einmal nachgefragt."

In die gleiche Kerbe schlägt die genannte Anwohnerin: "Der Bürgermeister ist der gewählte Volksvertreter. Da kann man so was schon erwarten." Aber auch an der Firma Reifen Göggel lässt sie kein gutes Haar: "In den offiziellen Statements wurden immer nur die wirtschaftlichen Aspekte thematisiert. Bruno Göggel wohnt ja auch hier und ist so gesehen auch Nachbar von vielen Menschen." Auf unsere Nachfrage an die Firma, inwieweit sie Verständnis für die Bürger aufbringen können, haben wir bisher keine Antwort erhalten.

Dafür äußert sich Gammertingens Bürgermeister Holger Jerg auf unsere Nachfrage: "Ich habe durchaus Verständnis, dass ein Brandereignis, wie wir es Ende Juli in unserer Stadt erlebt haben, Angst und Besorgnis hervorruft."

Er erklärt aber auch, dass Angst kein guter Ratgeber und Begleiter sei und zieht einen Vergleich:  "Wenige Wochen später haben wir in der Gammertinger Innenstadt ein weitaus schrecklicheres Brandereignis in Folge von Brandstiftung erleben müssen, bei dem in einem Wohnhaus ein Mitbürger brandursächlich gestorben ist und weitere Personen teilweise schwer verletzt wurden. Hier habe ich noch nicht vernommen, dass man daher das 'Wohnen' im Städtle verbieten sollte."

Jerg sieht keine mangelnde Kommunikation

Jerg nimmt auch Stellung zu den Vorwürfen, man habe zu wenig mit den Anwohnern kommuniziert. Er teilt mit: "Wir haben als Stadt zusammen mit den Fachbehörden im Landratsamt seit Beginn sehr intensiv und offen die Bürgerschaft informiert." Er erklärt, dass man in einer öffentlichen Gemeinderatssitzung alle Ergebnisse und Einschätzungen der Umweltbehörde offengelegt habe. Zudem habe man im Amtsblatt und auf der Homepage über alles berichtet.

Jerg stellt klar: "Wir haben offensiv angeboten, dass sich besorgte Bürger mit Ihren Anliegen bei den zuständigen Fachleuten der Baurechtsbehörde und des Umweltschutzamtes melden können. Wenn man diese Informationsangebote allerdings nur sehr begrenzt nutzt oder auch den Aussagen der Fachleute keinen Glauben schenkt, dann ist das für mich sehr bedenklich."

Mit dem Stichwort "bedenklich" beschreibt der Gammertinger Hans-Steffen Daehn auch das Thema Brandschutz bei Reifen Göggel. So meint er: "Es fehlt an jeglicher Transparenz bezüglich der derzeit verfügbaren Löschwassermengen und Vorkehrungen." Er habe mehrere schriftliche Anfragen dazu an das Sigmaringer Landratsamt geschickt.

Einige Anfragen an das Landratsamt

Auf Nachfrage und mit diesem Vorwurf konfrontiert erklärt der zuständige Mitarbeiter, Adrian Schiefer - Leiter des Dezernats für Bau und Umwelt: "In diesem Zusammenhang hatten wir als Umweltbehörde aufgrund der Rußablagerungen extra eine Mailadresse eingerichtet, an welche sich Bürgerinnen und Bürger mit Ihren Fragen wenden können. Diese Möglichkeit wurde von einzelnen Bürgerinnen und Bürgern auch angenommen und uns erreichten verschiedene Anfragen und Nachfragen, die wir in gewohnter Weise unter der Beachtung rechtlicher Aspekte wie den Datenschutz beantworten. Einzelne Anfragen sind noch in der Bearbeitung."

Er beantwortet auch die Frage, inwieweit die Beachtung der gesetzlichen Vorgaben zum Brandschutz kontrolliert werden. "In den vergangenen Wochen waren unsere Mitarbeitenden mehrfach zur Kontrolle auf dem Firmengelände vor Ort. Für die Einhaltung der Brandschutzvorschriften ist grundsätzlich der Genehmigungsinhaber, in der Regel der Eigentümer oder Betreiber, verantwortlich."

Mehr Infos zum Großbrand in Gammertingen auf unserer Themenseite.