Die Nachlöscharbeiten dauerten lange an. Foto: Eyrich

Ein Feuerwerk könnte die Ursache für den Brand bei Reifen Göggel, Deutschlands größtem Reifenhändler, in Gammertingen gewesen sein. Der Anblick vor Ort ist bedrückend.

Gammertingen - In der Luft liegt der Geruch nach verbranntem Gummi. Penetrant. Stinkend. Rauch steigt noch vereinzelt auf. Auf dem Boden liegen verbrannte Feuerwerkskörper. Wo man auch hinschaut, sieht man Feuerwehrleute. Auch gut zwölf Stunden nach dem Brandausbruch bei Reifen Göggel herrscht noch Hochbetrieb.

 

Feuer bei Reifen Göggel: 380 Kräfte im Einsatz

Rund 380 Rettungskräfte waren in der Nacht im Einsatz, nachdem gegen 23.30 Uhr die ersten Meldungen bei Polizei und Feuerwehr eingegangen waren. Hunderte sind auch am Sonntagmittag noch mit den Nachlöscharbeiten beschäftigt. Vier Menschen mussten mit Verdacht auf Rauchvergiftung in Krankenhäuser gebracht werden, eine Person zog sich eine Platzwunde zu nach einem Sturz. Dutzende verbrannte Gestelle verraten, wie viele Reifenstapel dem Feuer zum Opfer gefallen sind. Der Anblick ist bedrückend.

Dabei sollte das vergangene Wochenende eines der schönsten für Inhaber Bruno Göggel und seine Frau Corinna werden. Im Münster von Zwiefalten hatten sie sich kirchlich trauen lassen, danach sollte die große Sause in Göggels Garten unweit und oberhalb des Firmensitzes folgen. Im Hof wurde dazu extra ein großes Zelt mit Spitzendächern aufgebaut, ein roter Teppich ausgerollt. Auf einem Banner steht: "Bruno und Corinna – Just married".

DJ Ötzi zu Gast bei Hochzeitsfeier

Der Nachmittag begann prunkvoll, ausschweifend und ausgelassen. Rund 300 Gäste, für die die Gastgeber ein komplettes Hotel in Sigmaringen gemietet hatten, verfolgten, wie Kunstflieger in geringem Abstand über Gammertingen hinwegflogen und – wie Augenzeugen berichteten – ein Herz in die Luft zeichneten. Später sorgten der Kabarettist Dave Davis (alias Motombo Umbokko) und Schlagersänger DJ Ötzi ("Hey, Baby") für gute Stimmung. Den Abschluss eines unvergesslichen Abends sollte ein Feuerwerk bilden – doch die Feierlichkeiten fanden wenig später ein tragisches Ende.

Das Unglück nahm am Samstag gegen 22.30 Uhr seinen Lauf. Ein Flugkörper des Feuerwerks entzündete möglicherweise einen Stapel von in Folien verpackten Reifen. Offiziell bestätigt wurde diese Theorie noch nicht. Fragt man die Einsatzkräfte vor Ort, so scheint die Sache klar. "Das Feuerwerk war der Auslöser", sagen mehrere Feuerwehrmänner, die nicht mit Namen genannt werden wollen. Ein Sprecher des Polizeipräsidiums Ravensburg erklärt dazu wiederum: "Es gab ein Feuerwerk und es gab einen Brand. Ein Zusammenhang könnte bestehen, ist naheliegend, aber bisher nicht erwiesen." Die Ermittlungen der Brandursache dauern an.

Feuerwerk wohl genehmigt: Sicherheitswachdienst vor Ort

Was feststeht: Das Feuerwerk wurde angesichts der Hitze und Trockenheit im Südwesten von einem sechsköpfigen Sicherheitswachdienst der Freiwilligen Feuerwehr Gammertingen überwacht. Und wurde – so Holger Jerg, Bürgermeister von Gammertingen – auch ordnungsgemäß angemeldet. Als die ersten in Folie verpackten Reifen Feuer gefangen hatten, war die Lage jedoch aussichtslos. "Wir waren ab 0.15 Uhr vor Ort. Die Kollegen hatten keine Chance", sagt Feuerwehrmann Rainer Pfersich aus Winterlingen. Blitzschnell war das Wasser im eigenen Löschtank verbraucht.

Das Einsatzfahrzeug wurde aufgrund der großen Hitze stark beschädigt. Im Laufe der Nacht kamen Waldbrandfahrzeuge und ein Flugfeldlöschfahrzeug zum Einsatz – die Bundeswehr Stetten am kalten Markt hatte die Unterstützung geleistet. Das Übergreifen der Flammen auf das Zentrallager konnten die Einsatzkräfte der Feuerwehr durch massiven Löscheinsatz verhindern. Rainer Pfersich: "Durch die immense Summe an Feuerwehrkräften war es zu Beginn etwas chaotisch, die Zusammenarbeit hat aber super geklappt."

Schaden im Millionen-Bereich

Nach dem Brand der neu errichteten Lagerhalle mit Verwaltungstrakt beziffern Experten den Schaden auf mehrere Millionen Euro. Eine konkrete Summe nannte die Polizei nicht. Ende Mai hatte Reifen Göggel mitgeteilt, 50 Millionen Euro in ein neues Lager investieren zu wollen. Damit sollte es ermöglicht werden, statt 1,5 künftig zwei Millionen Reifen zu lagern. Ein Teil des neuen Lagers wurde jetzt Raub der Flammen.

Wie es nach dem Brand bei Reifen Göggel weitergeht, blieb am Sonntag unklar. Anfragen unserer Redaktion per E-Mail bei Marketingleiter Mike Hummel und bei Inhaber Bruno Göggel blieben unbeantwortet. Der Schock sitzt bei allen Beteiligten tief.

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