Für den Neubau des Krankenhauses sollten eigentlich Fördermittel vom Land fließen. Doch nach wie vor kommt von dem Geld zu wenig an. (Archivbild) Foto: Kupferschmidt

Bund und Land kommen bei der Finanzierung der Krankenhäuser Landkreis Freudenstadt gGmbH (KLF) ihren Verpflichtungen nicht nach. Im Kreisrat wurden nun radikale Schritte diskutiert.

Kreis Freudenstadt - Die hohen Verluste der Krankenhäuser Landkreis Freudenstadt gGmbH (KLF) treiben nach wie vor den Kreistag um. Schon die Nachricht, dass die KLF für kommendes Jahr mit einem zusätzlichen Verlust von 1,3 Millionen Euro rechnete hatte die Haushaltspläne des Kreises ordentlich durcheinandergewirbelt und dem Landkreis ein Defizit von einer Million Euro eingebrockt. Und das sind nur die vorläufigen Zahlen der Planung.

Dass die realen Verluste dann noch mal höher ausfallen können als es der Plan vorsieht, zeigt das noch laufende Jahr. So hatte der Landkreis ursprünglich für 2022 mit einem Defizit von rund 7,6 Millionen Euro gerechnet. Doch Ende des Jahres stellte sich raus: Das Geld reicht nicht. Der reale Verlust beträgt rund 9,6 Millionen Euro. Der Kreis muss daher weitere zwei Millionen Euro zuschießen.

"Da werden wir im Regen stehengelassen"

Der entsprechende Beschluss sorgte in der jüngsten Kreistagssitzung noch einmal für eine lebhafte Debatte. Landrat Klaus Michael Rückert (CDU) warf der Landes- und der Bundesregierung vor, ihren finanziellen Verpflichtungen nicht nachzukommen. "Da werden wir im Regen stehengelassen", schimpfte Rückert.

Auf Nachfrage unserer Redaktion bestätigt Sabine Eisele, Pressesprecherin des Landkreises, dass Jahr für Jahr Zahlungen von Bund und Land ausbleiben. So sei beispielsweise das Land für die sogenannte Investitionsförderung zuständig, durch die Neubauten und die Erneuerung medizinischer Geräte finanziert werden soll. Zwar fließe Geld vom Land. Aber: "Das Land zahlt zu wenig", sagt Eisele. Es habe seine Verpflichtungen "nur unzureichend erfüllt".

Vom Bund bisher kein einziger Euro angekommen

Der Bund hingegen sollte eigentlich auf Grundlage des Krankenhauszukunftsgesetzes Mittel für die Digitalisierung, die IT-Sicherheit und für moderne Notfallkapazitäten bereitstellen, erklärt Eisele. "Davon ist bisher kein Euro angekommen."

Dementsprechend aufgebracht war die Stimmung im Kreistag. "Wir sind die Gelackmeierten, wenn Bund und Land ihren Verpflichtungen nicht nachkommen", ärgerte sich Rückert. Und Ralph Zimmermann (FDP) brachte radikale Schritte ins Spiel: "Gibt es einen Klageweg?", wollte Zimmermann wissen.

Landrat liebäugelt mit Traktor-Protest

Wenn verschiedene staatliche Ebenen gegeneinander klagen, sei das eher schwierig, meinte Rückert. Er hatte eine andere Idee: "Ich bin der Meinung, wir müssen von den Landwirten lernen." Er werde sich einen Traktor leihen und sich "so lange vors Brandenburger Tor stellen", bis endlich die Gelder fließen. Ganz ernst gemeint war der Vorschlag wohl nicht, Rückert machte aber klar, dass es nötig sei, die Verantwortlichen unter Druck zu setzen.

Doch selbst wenn die Gelder endlich ankommen würden, gibt es strukturelle Probleme. Denn durch das System der Fallpauschalen werden die Krankenhäuser von den Krankenkassen pro Behandlung bezahlt. Kleinere Krankenhäuser mit weniger Patienten nehmen also auch weniger Geld ein.

AfD und Grüne ungewohnt einig

Zwar sind bei den kleinen Krankenhäuser auch die Kosten niedriger, gleichzeitig müssen aber auch die kleinen Kliniken die selben Strukturen vorhalten wie die großen. So brauche zum Beispiel das Freudenstädter Krankenhaus genauso ein MRT wie ein wesentlich größeres Krankenhaus, erklärte Rückert. Die Kosten für das MRT sind somit pro Patient wesentlich höher als in der Großstadt.

"Eigentlich müsste der ländliche Raum einen Bonus bekommen", forderte daher Uwe Hellstern (AfD). "Da müssen die Flächenkrankenhäuser Druck machen." Bei diesem Punkt bekam der AfD-Mann sogar Unterstützung von ungewohnter Seite – nämlich von den Grünen. "Da haben sie Recht, Herr Hellstern", meinte Wolf Hoffmann. "Der ländliche Raum ist benachteiligt."

Ein Minister – viele Spitznamen

Das scheint man auch in Berlin langsam mitbekommen zu haben. Laut Medienberichten arbeitet Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach an einer Krankenhausreform. Krankenhäuser sollen künftig eine sogenannte Vorhaltevergütung bekommen – also Geld für genau die Kosten, die für die kleinen Kliniken auf dem Land zum Problem werden.

Doch Rückert traut dem Braten noch nicht. Lauterbach, den Rückert gerne auch mal als "Corona-Karle" und "Twitter- und Lanz-Minister" bezeichnet, gehört nicht zu den Lieblingspolitikern des Landrats. "Wir wissen keine Details, der bespricht sich mit Experten, die keiner kennt", sagte Rückert über die Pläne des Ministers. Dennoch setzt Rückert große Erwartungen auf die Reform. Sollte die angekündigte Entlastung wirklich kommen, "gelobe ich großes Lob auf den Karle Lauterbach", versprach Rückert. "Aber erst wird’s geprüft und dann wird’s bewertet."