Rund 270 Meter hohe Windkraftanlagen sollen auf Starzacher Gemarkung gebaut werden. Foto: Steinmetz

Die Bürgerinitiative (BI) „Pro Natur Starzach“ hat ein klares Ziel: „Wir wollen den Windpark in Starzach verhindern“, sagte Simone Walker-Hertkorn, bei der Informationsveranstaltung mit Michael Thorwart aus Haigerloch-Gruol am Freitag im Bierlinger Sportheim.

Bis zu neun Windräder sind auf Starzacher Gemarkung geplant. „Wir wehren uns, dass der Gemeindewald zerstört wird“, machte eingangs Wolfgang Vees, zusammen mit Simone Walker-Hertkorn als Sprecher der BI deutlich. Die Gemeinde habe über das Projekt zu wenig informiert, kritisierte er.

Inzwischen gibt es einen Gestattungsvertrag mit den Stadtwerken Tübingen, die die Anlagen bauen wollen. Damit sei, so Vees, ein Bürgerbegehren nicht mehr möglich. Die Bürgerinitiative wolle dennoch mit den Gemeinderäten reden. Die BI fragt sich inzwischen, ob der Beschluss des Gemeinderats aufgrund falscher Informationen, die Bürgermeister Thomas Noé dem Gremium vorgelegt habe, überhaupt rechtskräftig sei. Die Bürger sollten wissen, was auf sie zukomme. „Geht es um die Menschen oder um das Geld der Investoren?“, stellte Vees in den Raum.

Sportheim ist voll

Das Sportheim war bis auf den letzten Platz gefüllt. Die BI hätte den Vortrag mit Michael Thorwart gerne in der Wachendorfer Mehrzweckhalle veranstaltet. Bürgermeister Noé hat dies allerdings, trotz des großen öffentlichen Interesses, nicht zugelassen. Auf das Verständnis der zahlreichen Besucher stieß das nicht.

Referent ist Physikprofessor

Der Referent, Professor für Theoretische Physik an der Universität Hamburg, ist unter anderem Mitglied im CDU-Landesfachausschuss Energie, Klima und Umwelt Baden-Württemberg. Thorwart betonte jedoch, dass er seine private Meinung vortrage und nicht die als CDU-Mitglied. Er sagte auch, dass es richtig sei, Klimaschutz zu betreiben, nur sollte darüber ehrlich diskutiert werden. Seine Überzeugung: „Die Energiewende ist gescheitert.“ Mit erneuerbaren Energien könne sie nicht funktionieren. Sie hätten zum einen eine viel zu geringe Energiedichte und würden zum anderen keine Versorgungssicherheit bieten. Der Strom könne nicht stabil produziert werden, wenn er benötigt werde. „Es ist ein Flatterstrom“, erklärte er. Um Engpässe durch Kohlekraftwerke zu kompensieren, müsse zudem Geld in Milliardenhöhe bereitgestellt werden.

Kernenergie als Lösung

Die Lösung ist für ihn die Rückkehr zur Kernenergie, allerdings durch Anlagen der vierten Generation. Darüber referierte Thorwart bereits am Donnerstag in der Sulzer Stadthalle. Neben der hohen Effizienz hätten Salzschmelze- und Dual-Fluid-Reaktoren den Vorteil, dass der vorhandene Atommüll wiederverwertet werde. Damit könne 24 Jahre lang der Strombedarf in Deutschland gedeckt werden.

Für die Produktion erneuerbarer Energien wird, so Thorwart, viel Platz und Material benötigt. Er ist überzeugt: „Die Energiewende bekommt ein Rohstoffproblem. Sie ist eine Materialschlacht.“ Hinzu kämen Probleme bei der Entsorgung vor allem der Rotorblätter aus Kunststoff.

Es geht um den Wald

In Starzach geht es um den Wald, der nicht zerstört werden solle. So schnell könne er nicht wieder aufgeforstet werden, sagte Simone Walker-Hertkorn. Wegen der schwachen Windgeschwindigkeiten sei der Nutzen der Windräder nur gering. Wenn sie gebaut würden, dann um Geld zu verdienen. Sie betonte: „Wenn wir hier etwas machen, hat es auf unser Klima keinen Einfluss.“ Man müsse die Lösungen global sehen. Sie sprach sich für Technologie-Offenheit aus. Atomenergie sei zwar negativ belastet, habe aber eine hohe Energiedichte, und man brauche wenige Standorte.

Zu Beginn der Veranstaltung hatte sie eine Umfrage pro und contra Windpark Starzach gestartet. Das am Ende bekanntgegebene Ergebnis war eindeutig: Fast alle, die sich an der Umfrage beteiligten, waren gegen die Windräder, nur sieben dafür.

Ein Naturprodukt für den Referenten: Simone Walker-Hertkorn überreicht Michael Thorwart Honig aus Bierlingen. Foto: Steinmetz

Viele Fragen nach dem Vortrag

Es gab nach dem Vortrag zahlreiche, schriftlich gestellte Fragen. „Welche Erträge sind in unserer Region zu erwarten?“, war eine davon. Thorwart: „Ein schwieriges Thema“. Die Prognosen im Windatlas seien zu hoch angesetzt. Die Erträge in Baden-Württemberg lägen 20 bis 30 Prozent unter dem, was erwartet worden sei.

„Warum lohnt es sich für den Investor?“ Thorwart: „Weil sie garantierte Einspeisevergütungen bekommen, somit Planungssicherheit haben, die wir über Stromkosten und Steuern zahlen. Die Investoren verdienen massiv Geld. Klima und Rotmilan interessieren niemanden.“

„Welche Vorteile haben die Bürger von dem Windpark?“ Thorwart: Das seien Einnahmen durch die Pacht. Aber nach 20 Jahren müsse man ein Windrad entsorgen. Dann seien die Projektierer möglicherweise „über alle Berge“.

„Wäre es jetzt an der Zeit, vor das Rathaus in Bierlingen und das Schloss in Wachendorf zu ziehen, damit der Protest gegen den Windpark wahrgenommen wird?“

Ein Besucher rastet aus

Thorwart: „Reden Sie mit den Landtags- und Bundestagsabgeordneten. Diese sind zuständig. Wenn sie merken, dass der Protest massiv ist, dann hört die Politik zu. Die Demokratie funktioniert.“ Mit dieser letzten Anmerkung war ein Besucher ganz und gar nicht einverstanden und meldete sich mit einem erregten, nicht zitierbaren Zwischenruf, dass das Gegenteil der Fall sei. Das war aber der einzige Ausraster an diesem Abend.

„Gibt es eine Unterschriftensammlung?“ Simone Walker-Hertkorn: „Sie bringt im Moment nichts. Sie wäre nur ein Meinungsbild, wie viele Leute gegen den Windpark sind.“

„Kann es zu Lernschwächen bei Schülern kommen?“ Thorwart: „Die Frage muss man ernst nehmen.“

„Würden Sie ein Haus in Bierlingen oder Felldorf kaufen?“ Thorwart: „Warum nicht? Es ist absehbar, dass man mit diesem Energiesystem unsere Gesellschaft so nicht weiterbetreiben kann.“