Proppenvoll war es am Freitagabend im Bierlinger Sportheim, in das die Bürgerinitiative „Pro Natur Starzach“ eingeladen hatte. Foto: Klaus Ranft

Der freitägliche Infoabend der Bürgerinitiative „Pro Natur Starzach“ im Bierlinger Sportheim zog nicht nur Einheimische, sondern auch viele Besucher aus den Nachbarorten an.

Dort berichtete Hansjörg Jung aus Herrenberg, der seit zehn Jahren Verfahrensbeteiligter und Gutachter in Sachen Windkraftprojekten tätig ist, über Grundlagen und aktuelle Entwicklungen bei der Windenergie.

In Starzach soll ein Windpark entstehen, der bei vielen Menschen nicht auf Gegenliebe stößt. In Folge des regelrechten Massenandranges waren das nicht gerade kleine Domizil der Sportfreunde und auch der Nebenraum sowie der Eingangsbereich proppenvoll. Von der großen Resonanz regelrecht überrascht wurden auch die beiden Vorstandsmitglieder der (BI) Simone Walker-Hertkorn und der Allgemeinmediziner Wolfgang Vees. Walker-Hertkorn moderierte den Abend und sorgte dafür, dass die Emotionen nicht überkochten. Vees übernahm die Begrüßung der Gäste, darunter auch einige Gemeinderäte sowie Bürgermeister Thomas Noé.

Freude über die Präsenz von Bürgermeister Noe

Letzterer sah sich auch gleich mit der lautstarken Forderung konfrontiert, für weitere geplante Veranstaltungen der (BI) die Wachendorfer Mehrzweckhalle zur Verfügung zu stellen. Ergebnis: Offen.

Ansonsten freuten sich die Veranstalter darüber, dass Noe Präsenz zeigte. Zwar musste der sich von Wolfgang Vees anhören, dass man das geplante Windkraftprojekt in Starzach nahezu „geräuschlos“ und im Gemeinderat auf der Tagesordnung zu vorgerückter Stunde abgehandelt habe, damit dürfte Noe aber wohl gerechnet haben.

Ein schwieriges Thema

Windkraft sei ein schwieriges Thema meinte dann Referent Hansjörg Jung, der manche Ungereimtheiten in Sachen Windatlas und Genehmigungsverfahren in Baden Württemberg mit einem Anflug von Humor betrachtete. Baden-Württemberg sei im europäischen Vergleich sehr windarm leitete er ein. Die mittlere Windgeschwindigkeit in 50 Metern Höhe betrage 4,5 Meter/Sekunde. Mittlerweile gäbe es im „Musterländle“ 781 Windkraftanlagen und 230 Bürgerinitiativen dagegen. Im Mai 2012 habe die Landesregierung dann beabsichtigt, Baden-Württemberg unter Nutzung des vorhandenen Windenergiepotenziales zum „Windenergieland“ zu machen.

Was man über ein Windrad wissen müsse sei, dass eine doppelte Windgeschwindigkeit achtfache Leistung liefere und ein zehn Prozent größeres Rotorblatt rund 20 Prozent mehr Ertrag bringe.

Nur 59 Prozent der Windenergie abrufbar

Allerdings seien nur 59 Prozent der Windenergie bei einem Windrad abrufbar, da 41 Prozent physikalisch gar nicht entnommen werden könnten. Dazu gesellten sich weitere 14 Prozent Verluste in Sachen Aerodynamik, Mechanik und Generatoren, Kabeln und Transformatoren.

Lediglich 45 Prozent der von einem Windrad erzeugten Energie würden letztlich im Netz landen. Laut heutigem Stand der Technik seien Windräder bis zu 285 Metern Höhe möglich, so Jung.

War der erste Teil des Programms bedingt durch Zahlen, Tabellen, Formeln und Vergleichen, die Jung auch per Multimedia an die Wand warf doch etwas schwer verdauliche Kost, wurde der zweite Teil dann salopper und auch interessanter, da es um Themen ging, mit denen die Bürger im Falle einer gebauten Windkraftanlage konfrontiert würden.

Teil 2 der Veranstaltung

„Monsteranlage“
 Eingeleitet wurde Teil II durch Peter Duffner, der an Bürgermeister Thomas Noé die mit viel Beifall quittierte Bitte richtete, eine „Monsteranlage“ im Gemeindewald zu verhindern.

Artenschutz
 Es ging dann um die Belange des Artenschutzes, bei dem die Landesregierung das „Helgoländer Papier“, in dem die Abstandsregelungen für Windenergieanlagen zu den bedeutenden Vogellebensräumen sowie Brutplätzen ausgewählter Vogelarten geregelt sei, ein Jahr lang unter der Decke gehalten habe. Ergebnis: „Baden-Württemberg weiche zum Nachteil des Artenschutzes von der vorgeschriebenen Regel ab und verstoße damit gegen das europäische Artenschutzrecht“, so Jung.

Lärm
Sicher sei auch, dass Windkraftanlagen Lärm erzeugen. Bei einem Abstand von 700 Metern zur Wohnbebauung könnten die Rotoren spürbar sein. Bei Nacht lägen die Grenzwerte bei 40 Dezibel, was einer normalen Zimmerlautstärke entspräche.

Infraschall
Den für die Gesundheit schädlichen Infraschall betreffend gebe es bis bis heute keine rechtlich verbindlichen Grenzwerte.

Broschüre
Ansonsten waren viele von Jungs Informationen deckungsgleich mit denen in der von der Bürgerinitiative „Pro Natur Starzach“ ausliegenden Broschüre. Nachzulesen auch unter www.pro-natur-starzach.de im Internet. Außerdem soll Jung noch einmal zu einem Infoabend eingeladen werden.

Die nächste Aktion
der Bürgerinitiative findet am Freitag, 8. September, um 19 Uhr, vermutlich wieder im Bierlinger Sportheim statt. Professor Dr. Michael Thorwart, Physiker an der Universität Hamburg wird über „Sinn und Unsinn von Windkraftanlagen in Baden – Württemberg“ reden.