Dennis B. – angeklagt wegen Mutter-Mordes, spricht vor Gericht über Video mit seinem Zwillingsbruder. (Archivfoto) Foto: Lück

Dennis B. hat seinen Zwillingsbruder Thomas (*Name geändert) mit Benzin überschüttet. Jetzt sagt das Opfer schwer verletzt im Krankenhaus: Wenn er wieder rauskommt, habe ich Angst, dass er mich dann ermorden wird. Dramatische Worte im Prozess um den Brandstifter von Talheim.

Horb-Talheim/Rottweil - Die Gegensätze zwischen den Zwillingsbrüdern – sie könnten optisch nicht deutlicher als im Saal 201 des Schwurgerichts Rottweil. Dennis B. wohlgenährt, blaues Hemd. Sein Zwillingsbruder Thomas – im Krankenbett. Elend, heisere Stimme, hebt nur ab und an die Arme. Spricht eher in kurzen Sätzen. Sagt immer wieder: "Äh". Per Video zugeschaltet, schwer zu verstehen.

Die Nacht vom 29. März in Talheim. Dennis B. hatte seinen Zwillingsbruder auf der Treppe mit Benzin angezündet. Die dabei stehende Mutter (72) – sie starb zwei Wochen später an ihren Brandverletzungen im Krankenhaus. Thomas überlebt.

Wiedersehen per Video

Jetzt treffen beide wieder per Video aufeinander. Dennis B. – angeklagt wegen Mutter-Mordes, hebt die Stimme. Läuft etwas rot an. Sagt zu seinem Zwillingsbruder: "Hm. Ich habe jetzt sehr einseitige Schilderungen von dir gehört. Ähm. Ich wollte sollte. Es tut mir leid, was dir jetzt passiert ist. Das wollte ich so nicht. Ich hoffe, du kannst mir irgendwann mal verzeihen!"

Thomas bleibt regungslos und stumm in seinem Bett liegen. Die Sekunden ticken. Dann hebt er doch noch seine heisere Stimme, sagt: "Manche Dinge kann man nicht verzeihen. Das Thema ist für mich erledigt. Meine Mutter ist tot. Ich habe kein Haus mehr. Ich habe keinen Bruder mehr!" Die Worte fallen gegen 11.03 Uhr im Gerichtssaal.

Dann lässt der Vorsitzende Richter Karlheinz Münzer die Videos der richterlichen Vernehmung vom 6. Juli 2022 abspielen. Das ist jetzt knapp vier Monate her.

Wie es ihm heute geht

Thomas S. liegt komplett eingepackt unter der Decke. Die verbrannten Arme, Rücken, Beine eingepackt. Nur der Kopf ist zu sehen, die Haare raspelkurz. Mittlerweile hat er zwölf Hauttransplantationen hinter sich. Man merkt, dass ihn die Fragen anstrengen. In einer kurzen Pause greift er tastend zum Trinkbecher mit Strohhalm, nimmt einen Schluck. Sagt: "Heute geht es mir schrecklich. Mein Wunsch: Ich will wieder laufen können." Das geht bis heute nicht. Thomas wartet auf seine Reha.

Sagt dann auch: "Ich habe Angst, dass er wieder rauskommt. Wenn ich ihn nur nie wieder in meinem Leben sehen müsste. Ich habe Angst vor ihm. Dass er das in ein paar Jahren wieder tun will." Frage: "Glauben Sie, dass sich die Angst legen wird?" Thomas: "Das glaube ich nicht. Der deutsche Staat ist oft auf Täterschutz ausgerichtet. Was soll ich machen. Er wird zehn bis 15 Jahren weggeschlossen sein – und dann?" Schock-Aussagen.

Eine konfliktreiche Beziehung

Das Zerwürfnis zwischen Dennis und seinem Zwillingsbruder Thomas. Wie konnte es soweit kommen?

Thomas: "Wir haben uns nicht so gut verstanden. Waren unterschiedlich. Aber: Da war nichts, was so was im Ansatz rechtfertigt! Wenn ich solche Probleme wie er hätte, würde ich meine Organe spenden!"

Beide haben im Obergeschoss gewohnt. Thomas – beruflich erfolgreich. Dennis – seit Juli 2019 arbeitslos. Streit ums saubermachen im Bad. Dennis fühlte sich genervt. Thomas: "Aufgrund meiner Gehbehinderung strengt mich das Putzen sehr an." Und so leise könne er halt nicht gehen.

Vor der Tat habe Dennis ihn mit nächtlichem Duschen provoziert, dazu habe er an seine Wand geklopft.

Statt sich wirklich einen Job zu suchen, habe sich Dennis morgens "verkrümelt", um Arbeit vorzutäuschen. Dazu noch die Geldprobleme. Dennis hatte sich nach seiner Entlassung nicht arbeitslos gemeldet. Zuletzt liefen Krankenkassen-Beiträge auf, der Gerichtsvollzieher kam. Thomas: "Mutter hat ihm das Geld bezahlt. Es kommt nicht auf ein paar Tausend Euro an. Ich habe ihr gesagt: Dann ändert sich bei ihm ja gar nichts. Irgendwann hörst du dann mal auf."