Dennis B. vor dem Schwurgericht. Er sagt im Herzlos-Geständnis: "Nach der Tat ging es mir besser." Foto: Lück

Dennis B. aus Talheim ist angeklagt wegen Feuer-Mord. Schon im Herzlos-Geständnis wird klar: Er lebt in seiner eigenen Gedanken-Welt. Erschreckend: Seine Gewichtszunahme ist ihm offenbar wichtiger als sein schwerst verletzter Bruder, den er mit Benzin überschüttet hatte.

Horb-Talheim/Rottweil - Der psychiatrische Gutachter Ralph Michael Schulte wird in Schwurgerichtssaal 201 fachlich klären, in welcher Vorstellungswelt der angeklagte Muttermörder Dennis B. lebt. Der Todes-Brandstifter hatte zunächst seinen Zwillingsbruder am 29. März in Talheim mit Benzin überschüttet. Seine Mutter (73) geriet in Flammen, starb kurze Zeit später an den schweren Feuer-Verletzungen.

Klar ist schon jetzt: Dennis lebt in seiner ganz eigenen Welt. Nach dem Herzlos-Geständnis im Schwurgericht gibt es eine Verhandlungspause. Dann sagt Dennis B. drei Sachen. Sie werfen ein Schlaglicht auf seine Ich-Bezogenheit. Erstens: "Mir ist noch eingefallen, dass ich die ganze Zeit im Haus und danach im Auto nur T-Shirt und Socken anhatte." Zweitens: "Die letzten zehn Jahre habe ich so um die 80, 85 Kilo gewogen. Die letzten sechs Monate bin ich auf 110 Kilogramm rauf."

"Nach der Tat ging es mir besser"

Drittens: "Als ich auf der Flucht war und festgenommen wurde, ging es mir besser als die ganze Zeit zu Hause. Die ganze Zeit mit meinem Bruder – Dennis legt eine Pause ein – zu viele Dinge, wo man sich aufgeregt hat. Gestört fühlte. Mir ging es psychisch besser ohne die täglichen Schikanen von meinem Bruder. Außer der Tod meiner Mutter."

Hat er Mitleid?

Dennis B: "Das meine Mutter gestorben ist, tut mir extrem leid. Das wolle ich von Anfang an nicht." Deshalb habe er das Benzin hauptsächlich oben ausgeschüttet. Gibt später aber zu, dass er auch im Erdgeschoss Benzin ausgeleert hatte.

Bereut Dennis die schreckliche Tat gegenüber Zwillingsbruder?

Dennis B.: "Es tut mir leid, was passiert ist. Ich muss aber dazu sagen: Davor habe ich es in Kauf genommen, wenn im Haus was passiert wäre. Wenn ich jetzt drüber nachdenke, würde ich kein Benzin mehr über ihn schütten."

Hat er nach der Tat nachgedacht?

Dennis B.: "Ich war mit meinen Wunden und Schmerzen beschäftigt."

Was passierte auf der Flucht mit seinem Auto? Dennis B. wurde vier Tage nach der Tat in Marxzell verhaftet (bei Karlsruhe).

Nach der Tat las Dennis B. Fantasy-Novelle

Dennis B.: "Ich hatte den Gedanken: Wenn ich mit dem Lesen der Fantasy-Novelle auf meinem iPad fertig bin, bringe ich mich um. Das war eine relativ sinnlose Novelle."

Hat er einen Suizidversuch auf der Flucht gemacht? An was gedacht?

Dennis B. schüttelt den Kopf, zuckt mit den Schultern."Von einer Brücke springen. Messer ins Herz rammen. Oder das Benzin ausschütten und anzünden."

Familie vermutet: Dennis hat Depressionen

Die seltsame Gedankenwelt von Dennis B. Offenbar – so berichten Familienangehörige – war kurz vor der Tat klar: Dennis B. hat "Depressionen", so seine Halbschwester. Von der Bombe, die in ihm tickte, hat offenbar niemand was geahnt.

Die Halbschwester – auch Nebenklägerin: "Die Mutter hatte irgendwann vor der Tat die gefüllten Benzinkanister in seinem Zimmer bemerkt. Ich habe gesagt: Lass es mal gut sein. Vielleicht ist es für den Rasenmäher. Ich wollte nicht, dass das Vertrauensverhältnis der beiden kaputt gemacht wird."

Dennis B.: Aus Angst vor Job-Lüge im Wald versteckt

Dennis hatte sich zuletzt sehr zurückgezogen. Ende Februar, Anfang März flog wohl seine Lüge auf, dass der gelernte und Ende Juni 2019 entlassene Programmierer angeblich einen neuen Job in Berlin hat. Die Folge: Dennis fuhr mit seinem Auto weg, übernachtete im Wald. Die Zeugin: "Er war halb verschlafen, als wir ihn fanden. Hatte was auf dem iPad gelesen. Wir vermuteten, er wollte dort seine Ruhe haben, weil wir wussten, dass er wegen dem Job gelogen hatte."

Die Familie versuchte dann, Dennis zum Therapeuten zu bringen. Seine Halbschwester: "Ich dachte, er hat Depressionen, weil er nur noch in seinem Zimmer am Laptop gesessen hat. Wir haben uns alle Sorgen gemacht. Vor allem die Mama. Sie sagte: Der Dennis wieder. Sie kommt nicht mehr an ihn ran."

Muss sein Zwillingsbruder als Zeuge ins Gericht?

Die seltsam-einsame Gedankenwelt des Dennis B führte in die Katastrophe. Sein Zwillingsbruder ist immer noch in der Klinik in Tübingen. Unter großen Schmerzen kann er wenigstens inzwischen auf der Bettkante sitzen. Der Vorsitzende Richter Karlheinz Münzer: "Wir müssen abklären, ob seine früheren Aussagen verwertbar sind." Alle Prozessbeteiligten sollen erwägen, ob der Zwillingsbruder als Zeuge aussagen soll – und wie das gehen könnte.