Starzachs Bürgermeister Thomas Noé möchte in seiner Gemeinde keinen Urwald. Foto: Christoph Reichwein/dpa

34 000 Euro Förderung jährlich gebe es vom Bund dafür, wenn ein kleiner Teil des Gemeindewalds den natürlichen Prozessen überlassen und nicht forstwirtschaftlich genutzt wird. Der Gemeinderat beschloss dennoch, nicht am Programm teilzunehmen.

100 Euro pro Hektar Förderung jährlich über einen Zeitraum von 20 Jahren gibt es vom Bund für private Waldbesitzer und Gemeinden, wenn sie einen kleinen Teil ihres Waldes einer natürlichen Entwicklung überlassen. Für den Gemeindewald in Starzach wären das jährlich 34 000 Euro.

Waldbesitzer müssen zwölf Kriterien erfüllen, wenn sie vom Bundesförderprogramm Klimaangepasstes Waldmanagement unterstützt werden wollen, sagt Alexander Köberle, Leiter der Abteilung Forst im Landratsamt Tübingen. So müsse der Wald beispielsweise zertifiziert sein. Zehn der zwölf Kriterien halte der Gemeindewald Starzach bereits langjährig ein.

Die meisten Kriterien sind schon erfüllt

Im Gemeindewald Rangendingen sei es ähnlich – die meisten Kriterien des Förderprogramms seien dort bereits erfüllt, wie Rangendingens Bürgermeister Manfred Haug in einer Gemeinderatssitzung sagte. Haug warb in seinem Gemeinderat für eine Teilnahme am Programm, da nicht viel zu tun sei, um die Kriterien zu erfüllen.

Eines der beiden Kriterien, die der Gemeindewald Starzach nicht bereits erfülle, sei das Ausweisen und Erhalten von fünf Habitatbäumen pro Hektar Wald, sagt Köberle. Es benötige voraussichtlich 340 Arbeitsstunden, um die nötigen 1700 Bäume dafür auszuweisen. Dies ergebe zwar keine ungeplanten Kosten für die Gemeinde, jedoch habe ein Forstleiter weniger Zeit, um Bäume zu schlagen, wenn das Ausweisen der Habitatbäume viele Arbeitsstunden brauche.

Fünf Prozent Wald der Natur überlassen

Die über den Wald verteilten stillgelegten Bäume erschwerten zudem die Waldbewirtschaftung. Von abgestorbenen Habitatbäumen gehe zudem eine Gefährdung aus, da Äste herunterfallen könnten.

Das zweite Kriterium beinhalte, fünf Prozent Waldfläche für 20 Jahre einer natürlichen Waldentwicklung zu überlassen – für Starzach wären das 17 Hektar, so Köberle. In Börstingen gebe es eine Waldfläche, die steil und sowieso schwer zu bewirtschaften sei, sagt Bürgermeister Thomas Noé. Insgesamt müsse die Gemeinde allerdings in der Waldbewirtschaftung flexibel bleiben, meint Köberle. Hinzu komme, dass nach Hochrechnungen die Gemeinde die Hälfte des Fördersatzes für den Aufwand ausgeben müsste, die fehlenden Kriterien umzusetzen.

Angst vor Rückzahlungen

Die Auslegung der Kriterien im Förderprogramm sei zum jetzigen Zeitpunkt nicht einfach einzuschätzen – wenn ein Zertifizierer dann nach drei Jahren käme und aufgrund von Mängeln Rückzahlungen der Fördergelder einfordere, sei dies ein Risiko. Auch aus naturschutzfachlicher Sicht ergebe eine Teilnahme am Förderprogramm keinen „entsprechenden Mehrwert“, da die Gemeinde einen Großteil der Kriterien bereits erfülle. Insgesamt könne Köberle allerdings „keine abschließende Empfehlung“ aussprechen.

Wenn man als Habitatbäume Fichten einsetze, sei die Gefahr da, dass sich dort Borkenkäfer verbreiten, die auch auf andere Bäume übersiedeln könnten, sagt Gemeinderatsmitglied Michael Volk.

Alt- und Totholzkonzept läuft bereits erfolgreich

Gemeinderätin Annerose Hartmann spricht sich dagegen für Habitate aus und merkt an, dass im Rahmen des Alt- und Totholzkonzepts bereits Habitatbaumgruppen im Gemeindewald existieren. Köberle entgegnet, dass es leichter sei und mehr Flexibilität ermögliche, im Rahmen des bestehenden Konzepts nur alle drei Hektar eine Habitatbaumgruppe zu bestimmen als in jedem Hektar fünf Bäume.

Noé betont, dass er überhaupt nicht wisse, wozu das Förderprogramm gut sei „außer, dass vielleicht der Urwald wieder zurückkommen soll“ und unterstellte jenen, die es in Berlin auf den Weg gebracht haben, „die ein oder andere Droge“ genommen zu haben.

Der Gemeinderat beschloss schließlich mehrheitlich, nicht am Förderprogramm teilzunehmen.