Aktuell steht hauptsächlich Moderna-Impfstoff zur Verfügung. Für Kalenderwoche 51 wurde dem Landkreis etwas mehr Biontech in Aussicht gestellt. Foto: © asiraj – stock.adobe.com

Die Corona-Lage im Kreis Rottweil bezeichnet Landrat Wolf-Rüdiger Michel weiter als dramatisch. Innerhalb einer Woche gab es weitere 1000 Infektionen und vier Todesfälle. Derweil hat die neue Verordnung zu den Kindergartentests Wellen geschlagen. Manche Bürger reagieren mit Dank – andere mit Beschimpfungen.

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Kreis Rottweil - "Die hohen Zahlen nehmen einfach kein Ende", bedauert Michel in der Telefonkonferenz am Donnerstag die aktuelle Entwicklung. Er bezweifle, dass die Lage in den Griff zu bekommen ist, wenn die Bürger nicht ihre Kontakte deutlich reduzieren. Reisen, feiern – man müsse sich fragen, ob das derzeit sein muss. Wichtig seien außerdem weitere Impfungen. "Jeder der sich impfen lässt zeigt damit auch Respekt vor den Menschen, die im Pflegewesen am Rande ihrer Kräfte sind." Man müsse den Druck von den Intensivstationen nehmen.

In vierter Welle 42 Todesfälle

In der vierten Welle seien bislang 42 Todesfälle im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion zu vermelden. Hierbei seien viele Menschen über 70 Jahre alt gewesen, es gebe aber auch Fälle zwischen 40 und 60 Jahren, so Michel.

Als Reaktion auf die aktuelle Lage hatte das Landratsamt am Donnerstag eine Allgemeinverfügung zur Testpflicht an Kindergärten erlassen. Die Reaktion einiger Bürger darauf sei zum Teil "unterste Schublade", berichtet Michel. Es würden offenbar bei einigen wenigen Teilen der Bevölkerung "niedrigste Instinkte" geweckt. Der Landrat betont, dass Kritik in einer Demokratie richtig und wichtig sei, und man sich diese auch zu Herzen nehme. Dennoch müsse man sich nicht alles gefallen lassen.

Testpflicht in Kindergärten unter Beschuss

Stephan Vilgis vom Gesundheitsamt berichtet auf Nachfrage, dass es schriftlich und mündlich am Telefon Beschimpfungen gegeben habe. Zu Drohungen sei es nicht gekommen, dennoch, so Michel., prüfe man jeweils etwaige strafrechtliche Tatbestände, die dann zur Anzeige gebracht würden. Kindergarten- und Tagespflegekinder müssen ab Montag zweimal wöchentlich getestet werden.

Es gebe auch Bürger, so Vilgis, die sich ausdrücklich für die neue Verordnung bedankt hätten, weil diese für weiteren Schutz, sowohl der Kinder und der Familien als auch der Erzieherinnen, sorge. Man habe sich die Entscheidung zur Verordnung nicht leicht gemacht. Doch wie Gesundheitsamtsleiter Heinz-Joachim Adam betont, gebe es durchaus den Wunsch nach mehr Sicherheit in den Betreuungseinrichtungen, in denen eben Abstände und andere AHA-Regeln nicht eingehalten werden könnten. Wenn auch die Infektionen bei Kindern meist milde verlaufen würden, so tragen diese das Virus auch in die Familien. Und man habe seltene Folgeerkrankungen auch bei Kindern im Blick. Durch die Möglichkeit der Lollitests sei die Testung auch bei Kleinkindern möglich.

Aus Klinik Patienten ausgeflogen

In Heimen gebe es inzwischen rund 200 Infektionen. In drei Einrichtungen mussten Bereiche geschlossen werden. Die Intensivstationen im Kreis seien weiter belegt, von elf Betten sieben durch Covid-Patienten. Es seien teilweise Patienten ausgeflogen worden. In der Umgebung gebe es kaum freie Plätze, so Adam.

Derweil gehe das Impfen im neuen Kreisimpfstützpunkt in der Marienstraße gut voran, wie der Erste Landesbeamte Hermann Kopp berichtet. Die Impfteams seien sowohl stationär als auch in den Einrichtungen aktiv. "Ja es gab Warteschlangen in der Marienstraße", so Kopp zu den ersten Tagen. Aber er betont: "Jeder, der kam, wurde auch geimpft." Das Ticketsystem vor Ort funktioniere.

In Sulz und Schramberg sollen für die dortigen Kreisbereiche bekanntlich weitere Stützpunkte eröffnen. Doch es hänge nach wie vor an der IT, die vom Land kommen soll. Noch habe man nichts gehört. "Es wäre toll, wenn die EDV so schnell geliefert würde, wie sie Ende September vom Land eingesammelt wurde", ärgert sich Kopp. Ein "verheerendes Signal" des Landes sei außerdem, dass es dem Kreis nur gestattet werde, Personal für die Impfstützpunkte befristet bis 31. Januar einzustellen. Das erschwere die Suche. "Es gibt doch erhebliche Zweifel, dass die kreisweiten Impfstützpunkte Ende Januar schon wieder aufgelöst werden können", so Landrat Michel. Schließlich habe man eine zu frühe Schließung nun schon einmal erlebt. Und es gebe ja noch viele Menschen, die geboostert werden müssten. Aktuell stehe hauptsächlich Moderna zur Verfügung. In Kalenderwoche 51, so Hermann Kopp, sei ausnahmsweise mehr Biontech in Aussicht gestellt worden.

Vereine, Industrie – und niedrige Impfquote

Doch warum ist der Landkreis Rottweil nun seit vielen Wochen wieder im Landesranking auf den vorderen Plätzen? Der Landrat versucht, Antworten zu finden. In der gesamten Raumschaft sei die Inzidenz sehr hoch. Hier könnten verschiedene Faktoren zusammenspielen: "Wir haben eine gute Vereinsstruktur, das heißt man trifft sich", so Michel. Zudem habe man eine gute industrielle Struktur, was eben auch bedeute, dass vielen Bürger im produzierenden Gewerbe nicht im Homeoffice arbeiten können. Auch die Nähe zu Bayern und Österreich sei zu bedenken. Außerdem sei die Impfquote in der Region leider weiter unter dem Landesdurchschnitt. Wo die Impfquote höher sei, seien die Inzidenzen niedriger. Das zeige sich auch beim Blick auf die früheren Sorgenkindern Italien und Portugal. Dort habe man mittlerweile weitaus weniger Probleme als bei uns, betont Michel.

Weitere Verordnung

Folge der Entwicklung sind weitere Einschränkungen und rechtliche Änderungen, über die Ordnungsamtsleiter Thomas Seeger und Oliver Brodmann, Dezernent für öffentliche Sicherheit, Verkehr und Recht, informieren. Unter anderem gilt nun in den Ferien für Schüler der Schülerausweis nicht mehr für die Wahrnehmung von Angeboten mit Testpflicht. Sie müssen extra Tests vorweisen. Und per Notverkündung werden außerdem noch die genauen Gebiete im Kreis Rottweil für das Alkoholkonsumverbot definiert. Auch Silvesterfeuerwerk ist untersagt.