An einigen Orten in der Region ist an Silvester Böller-Sperrzone. (Symbolfoto) Foto: dpa/Felix Kästle

Müll, Feinstaub, Verletzungen, ängstliche Tiere, Unruhen: Einiges würde für ein Böllerverbot an Silvester sprechen. Und tatsächlich richten Villingen-Schwenningen, Rottweil und weitere Städte zum Jahreswechsel Sperrzonen ein – unter Androhung hoher Bußgelder. Die Gründe sind jedoch andere.

Was nicht jeder weiß: Es gibt ein Silvester-Böllerverbot in Deutschland – das regelt das Sprengstoffgesetz. Das Verbot gilt aber nur im direkten Umfeld von Kirchen, Krankenhäusern, Kinder- und Altersheimen sowie von besonders brandgefährdeten Gebäuden - beispielsweise historischen Häusern. Dort darf das ganze Jahr, also auch an Silvester, nirgends Pyrotechnik gezündet werden.

Davon unabhängig gibt es zum Jahreswechsel extra festgelegte Sperrzonen in Teilen von Villingen-Schwenningen, Rottweil, Calw, Nagold, Sulz, Königsfeld und noch vielen anderen Orten.

Rakete sorgt für Flammenmeer in Villingen

Viele Kommunen begründen ihre Sperrzonen mit Vorfällen in der Vergangenheit. Etwa dem Jahreswechsel 2008 in Villingen-Schwenningen: Dort sorgte eine Silvesterrakete für ein Flammenmeer in Villingen. Niemand wurde verletzt, jedoch entstand Schaden in Millionenhöhe.

Das Ereignis war der Stadt eine Lehre: Seit der Brandnacht gilt an Silvester in der Villinger Innenstadt sowie dem Bereich „Ob dem Brückle“ in Schwenningen ein Böllerverbot - dort stehen die besonders brandgefährdeten Gebäude.

Verstöße werden in Villingen-Schwenningen vom Ordnungsdienst überwacht und mit Bußgeldern bis zu einer Höhe von 50.000 Euro geahndet.

Feuer in Rottweil würde sich rasend schnell verbreiten

Eine Sperrzone ist an Silvester auch die historische Innenstadt von Rottweil. Stadtbrandmeister Frank Müller begründet dies folgendermaßen: „Wenn Raketen beim Aufsteigen an Dachbalken oder Aufzugsgaupen hängen bleiben, wirken sie wie Brandbeschleuniger. In der historischen Innenstadt von Rottweil fehlen zudem Bandwände zwischen den mittelalterlichen Gebäuden. Wenn es einmal brennt, kann sich das Feuer rasend schnell verbreiten.“

Verboten sind ausnahmslos alle Formen von Feuerwerk – egal ob Raketen, Böller oder Knallfrösche. Ordnungsamtsleiterin Renate Glatthaar betont: „Ein Verstoß gegen das Feuerwerksverbot ist kein ‚Kavaliersdelikt‘.“ Auch hier droht ein Bußgeld.

Ein Feuerwerksverbot gilt an Silvester auch im Königsfelder Ortskern. Auch hier drohen bei Verstößen hohe Geldbußen. Die Sperrzone erstreckt sich rund um den Zinzendorfplatz auf die umliegenden Gebäude. In diesem Bereich lässt die Gemeinde schon seit vielen Jahren kein Feuerwerk mehr zu, der Grund: Der Ortskern mit seinen alten Gebäuden ist denkmalgeschützt. Und da die Gebäude dicht an dicht stehen und viele Verschalungen, Balkone und Verzierungen haben, können Raketen dort leicht eintreten und großen Schaden anrichten.

Ebenso verboten ist das Silvesterböllern in der Sulzer Kernstadt. Dazu zählen: Bergstraße, Obere Hauptstraße, Brucktorstraße, Kölreuterstraße, Am Mühlkanal, Hirschstraße, Mühlstraße, Am Brühlstraße, Sonnenstraße, Zwinger, Untere Hauptstraße, Vöhringer Steige, Torstraße, Balinger Straße, Dekanatstraße, Alte Schulstraße, Kirchplatz, Becherberg sowie der Marktplatz. Bei Zuwiderhandlung drohen bis zu 50.000 Euro Bußgeld.

Stadt Nagold will Kulturdenkmäler schützen

Schäden an den Kulturdenkmälern will die Stadt Nagold verhindern. Auch sie erlässt deswegen an Silvester im Bereich der historischen Kernstadt ein Abbrennverbot von Feuerwerkskörpern. Bei Zuwiderhandlungen muss mit hohen Geldbußen gerechnet werden.

Ein Abbrennverbot für den Bereich der historischen Altstadt plant auch die Stadt Calw. Das betrifft die Straßen Unteres Ledereck, Im Biegel, Mühlweg, Burgsteige, Altburger Straße, Im Zwinger, Am Schießberg, Im Entenschnabel, Badstraße, Marktstraße, Bischofstraße und die Bereiche Nagolduferweg, Stadtgarten, Nikolausbrücke, Hermann-Hesse-Platz und Sparkassenplatz. Bei Verstoß droht ein Bußgeld bis zu 50.000 Euro.

Begründet wird das Verbot in Calw mit einem „erheblichen Gefahrenrisiko“ für Menschen sowie für die alte Bausubstanz der Altstadt und der alten Ortskerne der Stadtteile. „Aufgrund der engen Bebauung und der Beschaffenheit der Gebäude ergeben sich sowohl ein deutlich erhöhtes Risiko zur Entstehung eines Brandes als auch ein mögliches sehr großes potenzielles Schadensausmaß im Brandfall“, heißt es in der Allgemeinverfügung von 2022. Eine solche Verfügung ist auch dieses Jahr geplant.

Verstärkte Kontrollen auch in anderen Städten

In Hechingen im Zollernalbkreis gibt es zwar kein Böllerverbot via Allgemeinverfügung. Da in der historischen Altstadt jedoch besonders brandempfindliche Gebäude stehen, ist es dort durch das Sprengstoffgesetz ebenfalls verboten, Feuerwerke abzubrennen - zum Beispiel auf dem Marktplatz oder dem Schlossplatz. Wer sich nicht daran hält, dem drohen in der Zollernstadt Bußgelder bis zu 10.000 Euro.

Keine Verbotszonen planen Städte wie Albstadt, Bad Dürrheim, Bad Wildbad, Balingen, Calw, Donaueschingen, Freudenstadt, Horb, Kehl, Lahr, Oberndorf, Offenburg, Schramberg und St. Georgen. Allerdings kündigt etwa die Stadt Schramberg an, dass der Vollzugsdienst in Absprache mit der Polizei die stärker besuchten öffentliche Plätze kontrollieren wird. Gleiches ist in Kehl geplant. Dort war es vergangenes Silvester zu Angriffen auf Einsatzkräfte, Tumulten und Brandstiftungen gekommen. Dieses Jahr will die Stadt mit verstärkten Kontrollen durchgreifen: Wer in unmittelbarer Nähe von Kirchen, Krankenhäusern, Kinder- und Altersheimen, brandempfindlichen Gebäuden (beispielsweise Fachwerkshäusern) beim Zünden von Silvesterraketen erwischt wird, muss in Kehl mit einem Bußgeld in Höhe von bis zu 10.000 Euro rechnen.

Unfälle und Brandschäden waren in den vergangenen Jahren in Horb an Silvester an der Tagesordnung. Für ein Böllerverbot fehlt laut Stadt aber trotzdem der gesetzliche Rahmen. Deswegen appelliert die Verwaltung lediglich an die Einwohner, beim Umgang mit Feuerwerkskörpern besonders vorsichtig zu sein.

In Albstadt wünscht man sich auch ohne Böllerverbot „einfach ein wenig Rücksichtnahme, vor allem aber ein verantwortungsbewusster Umgang mit Feuerwerk z.B. im Zusammenhang mit Alkoholkonsum, da dies oft ursächlich für schwere Verletzungen ist“. In Oberndorf setzt man darauf, „dass die Oberndorfer auch bei diesem Silvester, wie in den vergangenen Jahren, wieder verantwortungsvoll mit Feuerwerk umgehen“. St. Georgen appelliert unter anderem an die Einhaltung der Gebrauchsanweisungen und Altersvorschriften der Böller und Raketen. Außerdem wird empfohlen, Fenster und Türen geschlossen zu halten.

Müll ist für viele Kommunen ein Thema

„Gegenseitige Rücksichtnahme ist auch in der Silvesternacht von zentraler Bedeutung“, so die Ansage vom Pressesprecher der Stadt Balingen. Hierzu gehöre auch die Beseitigung des Mülls. „All diese Punkte sind auch in Feierlaune und unter Alkoholeinfluss möglich“, erklärt Dennis Schmidt.

Silvestermüll ist für viele Kommunen ein Thema. Marion Haid von der Stadt Lahr hierzu: „Natürlich erwarten wir von unseren Einwohnern an Silvester einen verantwortungsvollen Umgang mit Feuerwerkskörpern und appellieren, den Silvestermüll selbst zu beseitigen.“

Debatte um Feinstaub- und Umweltbelastungen

Einen friedvollen, respektvollen Umgang sowohl mit den Mitmenschen als auch mit den Ressourcen der Umwelt, wünscht man sich in Bad Wildbad zum Jahreswechsel. Und auch in Donaueschingen blickt man auch auf die Debatte um Feinstaub- und Umweltbelastungen, sieht jedoch keine rechtlichen Möglichkeiten eines generellen Verbotes. Ein kommunales Handeln, z.B. in Form von Allgemeinverfügungen, sei „weder geboten noch rechtlich möglich“, erklärt Pressesprecherin Jennifer Schwörer. Die Stadt könne lediglich die Einhaltung des Sprengstoffgesetzes überwachen.

Bad Dürrheim erlaubt zwar an Silvester Feuerwerke. Die Stadt hat sich gleichwohl dazu entschieden, unter dem Jahr keine Ausnahmegenehmigungen für private Feuerwerke mehr zu erteilen. „Diese Entscheidung wurde unter anderem unter Gesichtspunkten der Umwelt sowie dem Lärmschutz von Anwohnern getroffen“, so Pressesprecherin Nicole Schneckenburger.