Hatten keinen leichten Stand, schafften es aber, die Diskussion sachlich zu halten: Landrat Günther-Martin Pauli (rechts) und der Albstädter Oberbürgermeister Roland Tralmer Foto: Karina Eyrich

Anfangs aufgeladen, dann schnell sachlicher war die Diskussion am Informationsabend des Landratsamtes Zollernalbkreis über die geplante Unterbringung von Geflüchteten in der Ebinger Kreissporthalle. Das war vor allem das Verdienst des Landrats, der sich nicht provozieren ließ und Sorgen ernst nahm.

Gut anderthalb Stunden lang hat Landrat Günther-Martin Pauli, flankiert vom Albstädter Oberbürgermeister Roland Tralmer, am Dienstagabend im Foyer der Walther-Groz-Schule (WGS) über die Notwendigkeit und deren Folgen informiert, in der Kreissporthalle Flüchtlinge unterzubringen – und immer wieder betont, dass Landratsamt und Stadtverwaltung alles versuchten, noch Alternativen zu finden. Und dass Aussicht bestehe.

Pauli: „Trillerpfeifen helfen nicht – nur Zusammenarbeit“

Paulis Kernaussagen: Seit zehn Jahren gelinge es – Beispiel: Meßstetten! – Asylbewerber „wachsam und kreativ“ unterzubringen und mit Unterstützung von Ehrenamtlichen, Vereinen und Firmen auch zu integrieren. Der Kreis sei gesetzlich verpflichtet, Geflüchtete aufzunehmen, doch die kommunalen Spitzenverbände machten in Land und Bund deutlich, das Deutschland überproportional viele aufnehme – und das nicht so bleiben könne. Sollte die Halle – für einen begrenzten Zeitraum – genutzt werden müssen, werde ein Sicherheitskonzept für Schule und Anwohner aufgestellt, Security eingesetzt, Kameras montiert und Ansprechpartner benannt; danach hatten vor allem Anwohner und Eltern von WGS-Schülern gefragt. Diese – so eine Lehrerin – hätten zwei Mal pro Woche bis 22 Uhr Unterricht.

Groß war das Interesse von Anwohnern, Schülern und Lehrern der Walther-Groz-Schule, Albstädter Stadträten und Kreisräten des Zollernalbkreises an den Informationen, die Landrat Günther-Martin Pauli weitergab. /Eyrich

Pfiffe und Buh-Rufe, die anfangs von einem Teil der Zuhörer kamen, kommentierte Pauli unaufgeregt: Der Einsatz von Trillerpfeifen helfe niemandem. Zielführender sei es, bei der Lösungs des Problems zusammenzuarbeiten – als positive Beispiele nannte er die Bereitstellung von dezentralen Unterkunftsmöglichkeiten und das Engagement von Vereinen bei der Integration.

Die Frage eines Tailfingers, was passiere, wenn der Kreis die Aufnahme verweigere, und ähnliche kommentierte Pauli mit der Aufforderung zur sachlichen Diskussion. Zudem diene der Abend der Information der Anwohner – „und Tailfingen liegt nicht um die Ecke“.

Schulleiter Hans-Jörg Fink (erste Reihe, links) ist zuversichtlich, dass es dem Landratsamt gelingt, seine Schüler zu schützen und mitzunehmen.

Den Zwischenruf eines Mannes, man werde die Flüchtlinge zu Pauli schicken, sein Haus „mit ihnen vollstopfen“, quittierte er mit der Aufforderung, den Raum zu verlassen – im Foyer und vor dem Eingang waren neben Anwohnern, Schülern, Lehrern, Stadt- und Kreisräten sowie Vertretern der Vereine, die in der Halle Sport treiben, auch Aktivisten der AfD und Teilnehmer der „Sonntagsspaziergänge“.

Flüchlingsunterbringung: Suche nach Alternativen läuft auf Hochtouren

Woher die Geflüchteten kämen, konnte der Integrationsbeauftragte des Landkreises, Thomas Zizmann, nur mutmaßen: Syrien, Afghanistan, Türkei, Georgien, Algerien – das variiere.

Ein WGS-Sportlehrer fragte nach alternativen Trainingsmöglichkeiten für die mindestens 16 Schüler, die Sport-Abitur ablegen wollten. Pauli sagte zu, Ausweichmöglichkeiten zu finden, und verwies auf Angebote, die es bereits gebe. Eine Teilnehmerin der Gegendemonstration am Sonntag betonte, sie sei in 44 Jahren in Albstadt noch von keinem Nichtdeutschen „auch nur schräg angeschaut“ worden: „Wenn, dann waren es solche, die hier gebürtig sind.“ Die Gegendemonstranten am Sonntag hätten hingegen „viele Beleidigungen und Respektlosigkeiten erfahren“.

Schulleiter Fink ist zuversichtlich

Eine Frau befürchtete „Demos und Parolen“, die dazu führen könnten, dass WGS-Schüler mit Migrationshintergrund sich nicht mehr sicher fühlten. Darauf Pauli: „Wir werden dafür Sorge tragen, dass sie sich sicher fühlen können.“ Auch Schulleiter Hans-Jörg Fink unterstrich: „Wir werden das mit Augenmaß und Verständnis hinkriegen.“

Für den Vorschlag eines Mannes, für die Zeit der Notunterkunft einen zusätzlichen Schulsozialarbeiter an die WGS zu schicken, nahm Pauli beim Blick auf die Kreisräte im Raum bereits Zustimmung wahr und begrüßte die Idee. Die Bitte eines Anwohners, nachts länger die Straße zu beleuchten, griff OB Tralmer auf: Das sei der Energiekrise geschuldet gewesen – und ihm die Sicherheit der Albstädter ein großes Anliegen, was der Einsatz des kommunalen Ordnungsdienstes zeige: „Ich nehme dem Landrat ab, dass 24/7 Sicherheitsdienste in und rund um die Halle präsent sein werden.“

Unter den Schülern kursieren „wilde Vermutungen“

Die Mutter einer Schülerin sprach von „wilden Vermutungen“, die unter den Schülern kursierten, und bat um klare Informationen, was Schulleiter Fink und Schulträger Pauli zusagten: „Ich nehme mir auch gerne die Zeit, mir den Schülern zu diskutieren.“

Dass die Kosten der Unterbringung nicht an Albstadt, wo eine Haushaltssperre gilt, hängen bleiben werden, stellte Pauli auf Nachfrage klar: „Sie werden vom Land erstattet.“

Ein Zuhörer wies darauf hin, dass die 110 Millionen Flüchtlinge weltweit Not und Verfolgung in ihrer Heimat entkommen wollten. Natürliche gebe es unter ihnen „solche und solche – genauso wie unter Einheimischen“. Den Hinweis einer Anwohnerin am Bürgerturm auf Baseballschläge eines Syrers gegen ihren Sohn quittierte Pauli deutlich: „Wer bei uns straffällig wird, hat sein Gastrecht verwirkt.“

„Wir haben es bisher immer gut hinbekommen“

Der Landrat gab aber auch zu bedenken, dass auch Familien mit Kindern kämen und schutzbedürftig seien. Notunterkünfte wie Sporthallen seien daher nur eine Notlösung, und ihnen mehr als ein Dach über dem Kopf zu bieten, sie zu begleiten und zu integrieren, „haben wir bisher immer gut hinbekommen.“

Ein Zuhörer zollte Pauli und seinem Team „Respekt und Dank“ für die „unglaublich große Aufgabe“, die sie bewältigten, und fragte, wer die Flüchtlinge begleite. Das übernehme die Caritas, so Sozialdezernent Georg Link. Wer sich einbringen wolle, melde sich unter E-Mail zuwanderung@zollernalbkreis.de.