Bürgermeister Davide Licht vor einem Jahr mit einem Burladinger Stadtplan in seinem Büro. Beim Neujahrsempfang vor wenigen Tagen lüftete er das Planungsgeheimnis um die Industriebrachen und erinnerte die Bürger daran, dass, wo viele Behörden involviert sind, die Dinge ihre Zeit brauchen. Foto: Rapthel Kieser

Während Berlin in Sachen Wohnungsbaupolitik in diesen Tagen eine desaströse Bilanz präsentieren musste, wird in der Fehlastadt in die Hände gespuckt, geplant und gebaut. Dabei geht es vor allem, um barrierefreie Wohnungen und Mehrfamilienhäuser.

Burladingen - Denn die sind es, die in Burladingen jetzt schon fehlen. Beim Neujahrsempfang der Stadt Burladingen warf Bürgermeister Davide Licht zum ersten Mal kurz die Blaupausen jener Projekte an die Wand, über die der Gemeinderat teilweise schon längere Zeit hinter verschlossenen Türen grübelt.

In der Kernstadt sind die größten Brocken in Burladingens derzeitiger Baupolitik vor allem das "Wilhelm-Areal" in der Josengasse, mitten im Herzen der Kernstadt, und die alten Fabrik- und Nebengebäude "Beim Schlössle", der einstigen Inter-Jersey Fabrik, direkt zwischen Fehla und St. Georgskirche.

Der Abriss wurde gestoppt

Das Wilhelm Areal ist 1.950 Quadratmeter groß, liegt zwischen der Josen- und der Schäfergasse und damit im zuschußwürdigen Geltungsbereich des Sanierungsgebiets "Südliche Kernstadt". Per Vorkaufsrecht hat die Stadt diese Grundstücke einst erworben. Die Mieter, die islamische Gemeinde und ein Trödelmarkt sind längst ausgezogen. Dann machte sich Licht dafür stark, den einst geplanten Abriss, für den bereits Geld im Haushalt vorgesehen war, zu stoppen.

Auch der Gemeinderat meinte, dass das Sahnestückchen-Quartier aus einem Guss entworfen werden muss und lässt jetzt das externe Büro IFSR die Vorbereitung und A usarbeitung eines Konzeptvergabeverfahrens machen. Denkbar sind außer Mehrgenerationenwohnungen, auch kleine Geschäfte, Parkflächen und vieles mehr.

Doppelt so groß und viel schwieriger

Rund ums deutlich größere 3.580 Quadratmeter große "Schlössle" dürfte es schwieriger werden. Die Gebäude sind deutlich baufälliger und lange Zeit war gar nicht klar, wem sie überhaupt gehören. Hinzu kommen Altlasten durch jahrzehntelange industrielle Nutzung. Bereits im Jahr 2011 musste der Landkreis "im Wege der Ersatzvornahme", so heißt es im amtsdeutsch, wenn der Besitzer nicht ran will, ein Sanierungsverfahren durchdrücken.

Grund zur Freude ist aber, dass an exponierter Lage im Stadtkern, an der Hauptstraßenkreuzung Fehlabrücke/Stettener Straße sich ein privater Bauherr engagiert. Dort plante einst die Hechinger Immobilienfirma Roud. Jetzt übernahm das Büro Engel und Völkers den Bau. Es entstehen elf barrierefreie Wohnungen zwischen zweieinhalb und viereinhalb Zimmern und mit Quadratmetergrößen von 52 bis 115. Täglich wächst dieser Komplex etwas mehr in die Höhe. Hier wird schon kräftig in die Hände gespuckt.

Riva plant über der Ritter-Brache

Ebenfalls privat beplant wird in Gauselfingen das ehemalige Areal der Firma Ritter. Anstelle dieser Industriebrache will die namhafte Schweizer Firma Riva vier komplett neue Gebäude hochziehen. Zwei davon als sogenannte Town-Houses, zweigeschossige Wohnungen mit Dachterrasse für junge Familien. In zwei gegenüberliegenden Gebäuden sollen barrierefreie Zwei- bis Vier-Zimmerwohnungen für ältere Menschen entstehen. Riva-Chef Wilfried Hefel stellte dem Gauselfinger Ortschaftsrat diese Pläne schon vor geraumer Zeit vor. In Ringingen arbeiten die Rupp Brüder an ihrem neuen Privat und Firmenkomplex. Ebenfalls mit Wohnungen und Büros. Wenn die Rupps erst eingezogen sind, können sie ihre bisherigen Wohnungen und Büros dem Burladinger Wohnungsmarkt zuschlagen.

Info: Berlin versagt

Lukas Siebenkotten, Präsident des deutschen Mieterbundes sagt: "Es wird seit Jahren nicht genug nachgebaut". Jetzt fehlen in Deutschland mindestens 700.000 Wohnungen. Ziel der Regierung war es deshalb, 400.000 neue Wohnungen pro Jahr zu schaffen, davon mindestens 100.000 Sozialwohnungen jährlich. Ein eigenes Bauministerium unter der SPD-Ministerin Klara Geywitz wurde geschaffen. Trotzdem: Im Jahr 2022 entstanden nur 20.000 Sozialwohnungen. Geywitz redet nun vom "Ausnahmejahr 2022" und hofft auf normalere Energie- und Materialpreise in 2023. Gewerkschaften, Sozialverbände, Länder und Kommunen sind aber längst auf den Barrikaden. Das "Bündnis für soziales Wohnen" fordert nun vom Staat, ein Sondervermögen von 50 Milliarden Euro aufzulegen und die Mehrwertsteuer dafür von 19 auf sieben Prozent zu senken. Der deutsche Mieterbund fürchtet, sonst drohe ein "Rekord-Wohnungsmangel" und dessen Präsident Siebenkotten erinnert an die hohen Zahlen der Zuwanderung. Tatsächlich leben in Deutschland 1,5 Millionen Menschen mehr, als noch vor einem Jahr. (Quelle: ZDF heute, 12. Januar 2023)