Michael Theurer (FDP) ist Bundesbeauftragter für den Schienenverkehr. Bei den Horber Schienentagen diskutiert er mit den Experten aus dem Auto. Damit er pünktlich in Immenstaad am Bodensee ist. Und online mit diskutieren kann.. Foto: Horber Schienentage

Es ist das 40. Jubiläum der Horber Schienentage. Doch die Teilnehmer haben sich das alle anders vorgestellt. Keine echten Loks und Züge wie den ICE V, den Doppelstockwagen, den Talent-Prototyp am Horber Bahnhof. Nur Videokonferenz.

Horb - Die ehrenamtlichen Organisatoren um Rudolf Barth und sein Sohn Andreas sind dieses Jahr wegen Corona noch mal auf Nummer Sicher gegangen. Online-Format. Wie die letzten beiden Jahre auch.

Die Konferenz der "Pufferknutscher" (Branchen-Spitzname für Eisenbahn-Technik-Fans), Verkehrsexperten, Politiker und Bahnunternehmer gibt es deshalb nur online im Netz.

Bundes-Schienenbeauftragter sitzt im Auto

Kurios: Michael Theurer (FDP), Horbs Ex-OB, ist jetzt Schienenbeauftragter der Bundesregierung. Als sein Vortrag gegen 9.30 Uhr startet, sitzt er im Auto. Ein Teilnehmer textet: "Vorbildlich für den Schienenbeauftragten!" Theurer liest das, reagiert sofort und scherzt: "Leider bin ich heute auf den Schienenersatzverkehr angewiesen."

Seine Sprecherin: "Staatssekretär Theurer ist auf der Fahrt nach Immenstaad am Bodensee, wo er mit Vertretern von Kommunen, Regierungspräsidium Tübingen und der Landesregierung über die zukünftige B31 (neu) spricht. Dieser Termin wurde kurzfristig auf nachdrücklichen Wunsch der Betroffenen vor Ort ermöglicht, weshalb logistisch nur eine Anfahrt mit dem Auto möglich und die Überschneidung mit seinem Vortrag bei den Horber Schienentagen zwingend war."

Michael Theurer darf nicht unpünktlich sein

Indirekte Anspielung auf die größten Probleme der Bahn, die Theurer jetzt lösen soll.

Unpünktlichkeit. Theurer: "Die Pünktlichkeit im Fernverkehr erreichte im August den Tiefstwert von 62,4 Prozent. Das ist die schlechteste Pünktlichkeit ever. Im langfristigen Mittel werden traurige Negativrekorde eingefahren!"

Ein Teilnehmer: "Warum werden die ausfallenden Züge nicht in die Pünktlickkeit mit einbezogen? Warum startet die Unpünktlichkeit erst bei drei Minuten?

Theurer: "Man kann schon sagen, dass diese Statistik noch geschönt ist. Das ist aber keine Kritik am Personal. Den Ärger mit den ausfallenden Zügen kenne ich aus eigener, leidvoller Erfahrung. Und der Zug wird im Navigator noch angezeigt, während man schon in den Bahnhof geht. Ich bin sehr skeptisch, ob man das Problem mit anderen Messungen in den Griff bekommt."

Horber: "Meine Frau steckt wegen Bahnpanne in Fulda fest!"

Der Horber Michael Grüber erzählt mir in der Mittagspause: "Meine Frau Christa ist gerade in Kassel, um ihr Elternhaus zu sanieren. Hat ihre Lehrtätigkeit in Stuttgart am Mittwoch aufrechterhalten. Gestern Abend ruft sie mich um 23 Uhr an: Ich steh in Fulda und komme nicht mehr weiter. Sie wollte schon ein Hotel buchen. Dann kam doch noch ein Zug daher Richtung Kassel – Ansage oder Anzeige auf der Tafel gab es aber nicht! Von dem, was Christa und ich mit der Bahn erleben, können wir ein ganzes Buch schreiben!"

Klar, solche Verzögerungen kann sich ein Staatssekretär nicht erlauben, wenn in Immenstaad Horbs Ex-Bürgermeister Jan Zeitler (SPD, jetzt OB von Überlingen) und Kollegen darauf warten, dass der Ewig-Stau am Bodensee endlich aufhört.

Theurers Aufstieg – auch dank der Schienentage

Das Wissen und die Expertise, die Theurer als Ex-OB von Horb und Vorsitzender der IG Gäubahn sich durch die Diskussion mit den Experten der Horber Schienentag erarbeitet hat – ein Baustein, dass Theurer jetzt Schienenbeauftragter der Bundesregierung ist.

Theurer: "Deutschlandtakt. Den integralen Taktfahrplan haben Rainer Brüderle und ich auf den Schienentagen in Horb vorgestellt. Die Devise: Erst schauen, dann bauen! Das habe ich auch von den Schienentagen mitgenommen!"

Was packt Michael Theurer bei der Bahn jetzt an?

Theurer: "Wir als Ministerium und Bundesregierung drängen die Deutsche Bahn, dass erst die Umleitungsstrecken elektrifiziert oder eine gute Ersatzstrecke mit Dieselfahrzeugen dargestellt werden können, ehe große Schienen-Baumaßnahmen gemacht werden. Bei allen Fernverkehrsstrecken halte ich 740 Meter lange Überholgleise für wichtig! Wir sind mit Bahn und Bauindustrie im Gespräch, um das Baustellenmanagement zu verbessern."

Mehr Etat für die Sanierung der Infrastruktur. Theurer: "Ich halte es für überlegenswert, dafür ein Sondervermögen aufzusetzen." Ein Teilnehmer schreibt: "Bei der Bundeswehr ging das nach dem Beginn des Ukraine-Kriegs blitzschnell!" Theurer: "Ich habe viele Dinge vorgefunden, die man anpacken muss. Zurückschauen bringt nichts."

Barth: "Die Schienentage haben die Pünktlichkeit geschafft"

Um 10.45 Uhr ist die virtuelle Diskussion zu Ende. Schienentags-Organisator Rudolf Barth: "Wir haben die Pünktlichkeit geschafft!" Der Schienenbeauftragte der Bundesregierung wahrscheinlich auch – dank Auto.

Und? Wann kommen die Schienentage aus Auto und Rechner wieder zurück nach Horb? Andreas Barth: "Viele Teilnehmer haben uns zurückgemeldet, dass sie die Diskussion und den Austausch zwischen und nach den Vorträgen in Horb echt vermissen. Persönlich würde ich mich freuen, mit den Schienentagen wieder nach Horb zu kommen."

Schienen-Beauftragter Theurer: "Der goldene Adler ist traurig, dass sie alle abends die letzten beiden Jahre nicht mehr da waren. Ich freue mich darauf, wenn die Horber Schienentage zukünftig wieder in Präsenz stattfinden und ich mich persönlich in meiner Heimatstadt mit den Experten austauschen kann!"