Sie eröffneten die Horber Schienen-Tage: in der Mitte Rudolf Barth, links neben ihm Göran Glauer und Rechts Ralph Zimmermann. Sie wurden flankiert von den Referenten des Abends. Fotos: Morlok Foto: Schwarzwälder-Bote

Verkehr: In kommenden Tagen wird auf den Horber Schienen-Tagen über die Zukunft von Bahn und Co. diskutiert

"Eine Insel mit zwei Bergen, mit viel Tunnels und Geleisen und dem Eisenbahnverkehr", heißt es bei der Augsburger Puppenkiste – aber so einfach, wie in Lummerland ist der Schienenverkehr hierzulande leider nicht.

 

Horb. Stuttgart 21, ständige Verspätung und Zugausfälle, das dadurch tägliche Wettrennen in Richtung Anschlusszüge, Streiks, fehlende Züge, hohe Preise, die ständig nach oben korrigiert werden, Bahnhöfe kurz vor dem Verfall und Fahrkartenautomaten, die so kompliziert sind, dass man sie kaum noch bedienen kann; aber auch die heftig geführte Diskussion um den Gütertransport sowie viele weitere Mängel bringen das Unternehmen Bahn fast täglich in die Schlagzeilen.

Da nützt es auch nichts, wenn die Bahn einige ihrer maroden Haltepunkte auf Vordermann bringt.

Schon allein aus diesem Grund sind die Horber Schienentage eine der wichtigen Veranstaltungen, die sich mit der politischen Situation, den Trendentwicklungen, dem Ist-Zustand und dem Wünschenswerten auf der Schiene kritisch auseinandersetzt.

Die Horber Schienen-Tage sind die größte umfassende, deutschsprachige Tagung zum Schienenverkehr, die allen offen steht, gleich ob sie sich beruflich, in Bürgerinitiativen oder aus persönlichem Interesse mit dem Thema Eisenbahn befassen. Sie wurden vor 35 Jahren von Kurt Bielecki ins Leben gerufen und mit vielen Preisen ausgezeichnet – unter anderem mit dem Euro päischen Umweltpreis.

"Die Zeiten ändern sich, und der Schienenverkehr?" Unter diesem Motto stehen die 35. Horber Schienen-Tage (HAST), die am Mittwochabend im großen Sitzungssaal des Feuerwehrhauses eröffnet wurden.

"Alles ändert sich, das Klima, die weltpolitische Lage, die Situation in Europa und nicht zuletzt die Rolle Deutschlands in der Welt. Wir fragen über den Tag hinaus, insbesondere nach den Zielen für den Schienenverkehr. Was muss sich ändern, was hat sich bewährt und sollte bewahrt werden"? Zum Thema Veränderung wird man viele Ansätze finden, doch ob Verspätungen, Ausfälle et cetera bewahrt werden sollen, das müssen sich die Experten noch gut überlegen.

Eröffnet wurden die HST mit der bahnüblichen Verspätung von knapp zehn Minuten. Rudolf Barth, der langjährige Organisator der Horber Schienen-Tage und Bürgermeister Ralph Zimmermann begrüßte die Tagungsteilnehmer. Viele von ihnen kommen schon seit Jahren nach Horb und waren in diesem Jahr bei ihrer Anreise voll in die normale Personenbeförderungsrealität eingebunden. Sie wurden per Schienenersatzverkehr nach Horb gekarrt.

Noch krasser erwischte es Göran Glauer, den Programmchef der HST, der aus Berlin anreiste. Er konnte von einem kapitalen Lokschaden berichten. Bahnalltag eben. Irgendwann wird man schon irgendwie ankommen. Glauer, Angestellter der Bundesnetzagentur, sagte später: "Sie glauben gar nicht, wie schwer es ist, Eisenbahn durchzuführen."

"Jede Krise ist eine Chance" zitierte Barth dazu ein bekanntes Sprichwort. "Doch weniger Chancen in der Vorbereitung der 35. HST hätten auch gereicht." Doch trotz kurzfristiger Absagen von geplanten Diskussionsbeiträgen gelang es den Veranstaltern auch in diesem Jahr wieder ein facettenreiches, vielfältiges Programm zusammenzustellen, das durch Impulse der Referenten angereichert wurde, freute sich Barth.

Bürgermeister Zimmermann, gerade mal 100 Tage im Amt, erlebt seine ersten HST. "Seit 1983 wird hier auf verdammt hohem Niveau gearbeitet – lass dich bloß nicht auf technische Diskussionen ein" gab man ihm mit auf den Weg zu dieser Auftaktveranstaltung.

Zimmermann, der von sich sagt: "Ich bin kein Eisenbahner – ich bin Nutzer" ging deshalb nicht ins Detail, sondern packte den Schienenverkehr in eine Gesamtbetrachtung über die Mobilität der Zukunft. Seine Idealvorstellungen sind intermodulare Verkehrssysteme, die aufeinander abgestimmt sind. "Die Zeiten werden schneller – wir müssen ständig just in time irgendwo aufschlagen", war eine seiner Feststellungen. Nur wie man von A nach B kommt, das ist halt noch die ungeklärte Frage. Ob da solche Erkenntnisse wie: "Besser dreimal Verspätung mit der Bahn, als jeden Tag Stau auf der Autobahn" den Berufspendlern helfen, das sei einfach mal dahingestellt.

Für den Bürgermeister sind die Horber Schienentage natürlich auch ein Ereignis, das Horb bundesweite Medienaufmerksamkeit beschert. "Bei allen Veranstaltungen wurde und werden mit viel Sachkenntnis Diskussionen angeschoben, die auch auf unsere Region Auswirkungen haben". Er sprach hier als Beispiel die Gäubahn an und hofft, dass der zweigleisige Ausbau, der so dringend nötig ist, bald kommt. Das Großprojekt vor der eigenen Haustür, der Busbahnhof als Schnittstelle zwischen Schiene und Straße, fand er ebenso erwähnenswert.

Barth gab dann das Mikrofon an Göran Glauer ab, der in groben Zügen das Programm der HST vorstellte. Unter anderem kann man die korrespondierende Ausstellung "Poesie des Verfalls", die derzeit im Rathaus zu bewundern ist, ganz auf sich wirken lassen. Ein Programmpunkt, der nicht ganz ohne versteckte Ironie daherkommt. Doch er passt irgendwie.

Weitere Informationen: Alle Infos im Internet unter: www.horber.schienen-tage.de.