Philipp Dominik Neßling ist Geschäftsführer und Inhaber der Firma Orgelbau Rensch und als solcher mächtig stolz auf sein Team, das die Orgel der Martinskirche Ebingen 21 Jahre nach ihrem Bau erweitert, ausgereinigt und in Bestform gebracht hat. Foto: Eyrich

Mehr als ein Jahrzehnt hatte die evangelische Kirchengemeinde auf die Ausreinigung der Rensch-Orgel hingespart. Nun ist das Mammut-Projekt vollbracht und der Chef der Orgelbaufirma höchst zufrieden. Warum, das verrät er im Gespräch an der Orgelbank.

Albstadt-Ebingen - Frisch ist’s in der Martinskirche. Die Energiekrise ist schuld. Wenngleich die für die Kirche eine Chance wäre, den Menschen auch temperaturtechnisch Wärme anzubieten, wie Kantor Steffen Mark Schwarz sagt: Für die Orgel sei das kein so großes Problem mehr wie früher, da unter Null Grad der Zinnfraß einsetzte und die Pfeifen angriff. Heute ließen die Legierungszusammensetzungen das nicht mehr zu, sagt Philipp Dominik Neßling.

Der Mann muss es wissen, denn er hat mit seinem Team der Firma Orgelbau Rensch aus Lauffen am Neckar das Instrument gebaut. 21 Jahre ist das jetzt her. Tragisch: Walther Groz, der mit seiner Spende den Bau der Orgel erst ermöglicht hatte, starb kurz vor ihrer Installation. "Heute würde ich ihm gratulieren", sagt Neßling. Das Beispiel des vormaligen Ebinger Oberbürgermeisters und Unternehmers zeige, wie wichtig es sei, "dass Menschen Geld geben, um andere Menschen glücklich zu machen".

Die größte Rensch-Orgel ist es nicht – aber einmalig

Die größte Orgel, die Rensch gebaut hat, ist es nicht – die steht in Kirchheim/Teck, auch in einer Martinskirche. Aber vielleicht eine der schönsten? Neßling lächelt: "Jede Orgel ist einmalig, ist mindestens ein Jahr lang bei uns in der Werkstatt. Da liebt man, was man entstehen sieht, worin so viele Überlegungen und Anstrengungen stecken."

Während der Arbeiten zur Ausreinigung, für welche die Kirchengemeinde viele Jahre gespart hat, und zur Erweiterung um drei Register, die alleine 78 000 Euro gekostet hat, "haben wir uns noch mal ganz neu in diese Orgel verliebt", betont Neßling mit dem guten Gefühl im Bauch, dass er heute alles wieder so machen würde.

Die Zuhörer hatten Tränen in den Augen

Die Erweiterung um Cimbelstern, Celesta und das Röhrenglockenspiel hätten "ein unglaubliches Kreativitätspotenzial ausgelöst", sagt Steffen Mark Schwarz. "In der Christnacht haben Kirchenbesucher mit feuchten Augen gelauscht."

Philipp Neßling passiert das auch nicht selten. "Beim Bau unserer ersten Orgel in Norwegen war ich ganz hin und weg, was Tobias Baecke als Intonateur dort geleistet hat", sagt der Geschäftsführer und Inhaber. "Das war viel besser als das, was ich vorgegeben hatte – das kann man nicht lernen."

Er selbst hat als Kind in Norddeutschland erst Trompete spielen gelernt und sich als zweites Instrument – seine Eltern wollten, dass er auch Tasten spielen lernt, wofür er ihnen heute noch dankbar ist – für die Orgel entschieden, was sein Gehör erst richtig entwickelt habe.

"Da steckte die Technik drin, die mich faszinierte"

"Eine Woche später hatte ich Unterricht, war total fasziniert", sagt Neßling, "denn in der Kirchenorgel steckte all die Technik drin, die mich immer interessiert hat." Wann Neßling an der Orgel geübt hatte, habe der Kantor damals leicht erkannt, verrät er schmunzelnd: "Dann waren alle Register gezogen."

Auch in seinem 14-köpfigen Team aus Orgelbauern, darunter drei Meister, Konstrukteuren, Elektrofachleuten und Intonateuren gibt es mehrere Organisten. "Jeder hat seine eigene Persönlichkeit mit speziellem Aufgabengebiet, aber alles ist Teamarbeit", sagt Neßling, dessen Firma eine "besonders große Fertigungstiefe" hat, fast alles selbst macht.

"Die wollen es ganz genau wissen"

Er selbst hatte sich für Rensch entschieden, weil das 1956 gegründete Unternehmen unweit der Berufsschule lag – und ist "geblieben, weil da Leute arbeiten, die es ganz genau wissen wollen. Dieses Wissen und Können muss man pflegen, und wir sind eine große Familie, versuchen das jeden Tag zu leben."

Selbst die harten Anforderungen norwegischer Stabkirchen, wo kaum Raumklang entstehe, meistert das Rensch-Team, und zwar mit Freude: "Die Vielseitigkeit ist das Reizvolle an unserem Beruf", sagt Tobias Baecke. "Den Klang zu formen und die Herausforderungen zu meistern, dann die Orgel zu spielen und dafür belohnt zu werden – das ist einfach toll." Inzwischen unterschieden sich die Orgeln in evangelischen Kirchen auch nicht mehr so sehr von jenen in katholischen Gotteshäusern, deren Besucher viel Wert darauf legten, "die Engel singen zu hören", etwa beim Ziehen des Registers "Vox Coelestis".

"Dranschneiden geht nicht"

250 Orgeln hat Rensch bisher gebaut, sagt Neßling – eine bis zwei pro Jahr, und manche unter Einsatz von viel Mut, etwa beim Bearbeiten der Pfeifen: "Was man weg schneidet, ist weg – dranschneiden geht nicht."

Vom Intonieren bei Nacht rät der Orgelbaumeister und Intonateur ab: "Nachts hört man alles, aber der Ton wird dann zu flach, hat keinen Charakter mehr." Lachend fügt er hinzu: "Außerdem kann ich nur intonieren, wenn der Spieltisch beleuchtet ist". Tobias Baecke nur ohne Mütze. Jeder hat seine Eigenheiten.

Ein Pluspunkt für Albstadt

An Eigenheit mangelt es der Rensch-Orgel in der Martinskirche ebenfalls nicht: Sie ist das größte und schönste Instrument der Region, betont Steffen Mark Schwarz, für den die Orgel einer der ausschlaggebenden Punkte war, sich in Ebingen um die Stelle des Kantors zu bewerben.

Nun, nach der Ausreinigung und Erweiterung, ist sie in Bestform, wenngleich Neßling betont, dass eine Orgel nach 20 Jahren noch ebenso viel wert sei wie eine neue. 1,337 Millionen D-Mark – 683 600 Euro – waren es 2002. 1,65 Millionen Euro würde sie heute kosten, rechnet Neßling über den Daumen. Eine echte Majestät gibt’s eben nicht für billiges Geld. Philipp Neßling betont: "Es ist schon richtig, dass die Orgel die Königin der Instrumente ist."