Mit einer Herzdruckmassage kann man Leben retten. Zwei Schülerinnen des OHGs üben den Notfall an einer Puppe. Foto: Thomas Fritsch

Am Otto-Hahn-Gymnasium (OHG) nehmen viele Jugendliche an einem Aktionstag zur Wiederbelebung bei plötzlichem Herzstillstand teil. Zusammen mit einer Nagolder Praxis sollen so Jahr für Jahr Lebensretter der Zukunft geschult werden.

“Scheiße! In meinem Keller liegt ne Leiche“, klingt das Lied der Berliner Band SDP aus den Boxen. Passend zum Rhythmus der Hip-Hop-Gruppe drücken Schülerinnen und Schüler des OHGs auf am Boden liegende Oberkörper.

Die Klasse ist Teil des Projekts „Löwen retten Leben“, das seit 2016 an der Schule stattfindet. Ziel ist, möglichst viele Jugendliche und Lehrkräfte fit zu machen, um im Falle eines Herz-Kreislauf-Stillstandes Leben zu retten.

Es kommt auf jeden Einzelnen an

„64 Prozent der Herzstillstände passieren im eigenen Haus, oftmals im Beisein von Familienangehören“, erklärt Cornelia Dörrenbächer. „Jetzt kommt ihr ins Spiel“, wendet sich die Hausärztin, die viele Jahre auch in der Notfallmedizin tätig gewesen ist, an die jungen Menschen.

Sie ist mit sechs Mitarbeiterinnen ihrer Praxis ans Gymnasium gekommen, um für „skandinavische Verhältnisse“ zu sorgen. Gemeint ist damit eine Wiederbelebungsquote von 70 Prozent, wie sie etwa in Dänemark erreicht wird.

In Deutschland liegt man momentan bei 40 Prozent. Doch was macht der nordische Nachbar anders als die Bundesrepublik? In Dänemark werden die Grundlagen der Reanimierung schon in der Grundschule gelehrt.

Jugendliche sollen Multiplikatoren sein

„Das ist der richtige Ansatz“, ist sich die Ärztin sicher. Denn die Schule muss ja schließlich jeder durchlaufen und im Anschluss können die Kinder ihr Wissen an die eigene Familie weitergeben und es im Freundeskreis verbreiten.

In Sachen Lebensrettung ist das Nagolder Gymnasium fast schon nordisch. So wurden alle Biologie-Lehrkräfte zu der lebensrettenden Maßnahme geschult und geben ihre Erfahrung in der 8. Klasse beim Themenfeld „Herz-Kreislaufsystem“ weiter.

Die 9. Jahrgangsstufe erhält durch Experten von außen – wie etwa die Praxis Dörrenbächer – einen zusätzlichen Kurs. „Das ist auch in Bezug auf spätere Berufsmöglichkeiten von Interesse“, erklärt Schulleiter Ulrich Hamann.

Drei wichtige Schlagworte

Man denke darüber nach, die „Löwen retten Leben“-Aktion künftig nun immer am Tag vor Christi Himmelfahrt zu organisieren, da der darauffolgende Feiertag auch dem Team der Arztpraxis entgegenkomme.

Conny Dörrenbächer und ihr Team zeigen den Jugendlichen, wie es geht. Foto: Thomas Fritsch

Im Klassenraum hat Dörrenbächer den Schülerinnen und Schülern mittlerweile die drei wichtigsten Schlagworte der Lebensrettung erklärt. Mit „prüfen“, „rufen“ und „drücken“ hätten sie so einen eingängigen Leitfaden.

In diesem Sinne machen sich die Jugendlichen nun auf, die Plastikfiguren mit Kopf und Brustbereich anzusprechen, die Atmung zu überprüfen sowie die Notrufnummer zu wählen.

Lange 120 Sekunden

„Der Rettungsdienst braucht bis zum Einsatzort acht Minuten“, verdeutlicht die Ärztin den Faktor Zeit. So lange müsste die Druckmassage erfolgen, da schon nach drei Minuten ohne Sauerstoff die ersten Gehirnzellen absterben.

Als Test müssen die Jugendlichen nun je zwei Minuten mit gut 120 Schüben pro Minute am Stück drücken. Als eine Mitarbeiterin sagt, die ersten 60 Sekunden seien vorbei, ertönt ein ungläubiger Schrei aus den konzentriert wirkenden Gesichtern. Nach Ablauf der Zeit reiben sich einige die schmerzenden Hände.