Das Gruppenfoto zeigt alle Künstlerinnen und Künstler. Foto: Ursula Schnidrig

Ein Kunstprojekt wurde im Wasserwerk Kleine Kinzig zum Leben erweckt. Auch Einheimische erzählten ihre Geschichten.

Wasserknappheit, Überschwemmungen, Starkregen: Wasser beschäftigt die Menschheit aktuell mehr denn je, und was die Menschheit bewegt, spiegelt sich früher oder später auch in der Kunst wider.

Eine Gruppe von Künstlern hat sich zusammengefunden, um ein Kunstprojekt zum Thema „Wasser“ zu erschaffen: Ilka Seifert, freischaffende Dramaturgin und Kuratorin, ehemals an der Staatsoper Unter den Linden Berlin tätig, Vanessa Parker, international bekannte Schlagzeugerin, an großen Häusern wie der Elbphilharmonie spielend, Florian Benfer, Chordirigent mit Gastdirigaten in ganz Europa und Vincent Stange, transmedialer Komponist und Kurator, aktiv in Nordrhein-Westfalen mit unterschiedlichsten Projekten.

Zusammenspiel von Ort und Idee

Mit dem Wasserwerk Kleine Kinzig in Reinerzau fand die Gruppe den idealen Ort für die Umsetzung ihres Projekts. Maik Zinser, der Leiter des Werks, und sein Team reagierten schnell und unkompliziert auf die Anfrage der Künstler. Dank der ebenso entgegenkommenden Zusage von Bernd Georg Milla von der Kunststiftung Baden-Württemberg kam das Künstlerteam vor rund sechs Wochen ins Wasserwerk und vollendete das Projekt an Ort und Stelle.

So entstand im Zusammenspiel von Ort und Idee ein zweiteiliges Kunstwerk: eine Führung mit Sound- und Lichtinstallation und ein Konzert in der Maschinenhalle.

Mit vier Videoprojektionen begann die Führung im Vorraum zum Entnahmestollen. Die Geschwister Frau Finkbeiner und Herr Koch, sowie Herr Funkler erzählten darin von ihrer Kindheit in diesem ruhigen Tal, das von den zwei Familien bevölkert wurde; die eine im Försterhaus, die andere im Bauernhaus. Die Besucher lauschten, nicht ganz alles verstehend wegen der halligen Akustik, aber fasziniert von einer Welt, in der es noch keinen Strom gab.

Gang in blaues und violettes Licht gehüllt

Die Wasserknappheit in den 60er- und 70er-Jahren in der Region führte von 1978 bis 1982 zum Bau des Wasserwerks in dem Tal, wo einst die zwei Familien wohnten. Die Notwendigkeit und der große Erfolg dieses Bauwerks heilten den Schmerz über das verlorene Elternhaus.

Nach diesen Eindrücken ging die Führung weiter, hinein in den langen, kalten Entnahmestollen, in den Berg, unter dem Wasser durch. Die Sound- und Lichtinstallation von Vincent Stange und Karel de Witt hüllten den Gang in blaues und violettes Licht, so dass er in mehrere Abschnitte unterteilt wurde.

Hoch in den Panoramaraum der Überlauftulpe

Ein stetig anhaltender, sich drehender, zwölfstimmiger Gesang erfüllte den Stollen und begleitete die Besucher. Mit weit geöffneten Ohren, auf jedes Geräusch achtend, war es nicht immer klar, ob Alltagsgeräusche des Stollens zu vernehmen waren oder ob es ein Teil der Soundinstallation war. Plötzlich ertönte helles Wassergeplätscher.

Und schon war der dunkle und doch farbige Weg vorbei, die Teilnehmer waren mitten unter dem See angekommen. Jetzt hieß es Treppensteigen, 13 Stockwerke hoch in den Panoramaraum der Überlauftulpe. Dort gaben Maik Zinsers Erläuterungen einen Eindruck über die Qualität und die Größe der Anlage. Hier werden auch Führungen auf Anfrage angeboten.

Videos, Licht und Klang – sie bereicherten das Bauwerk und machten es menschlicher.