Vor dem Zelt, in dem die Abstriche genommen werden, bilden sich durch die Reiserückkehrer lange Schlangen. Foto: Günzel

Maximal 300 Patienten können pro Tag nach Anmeldung kommen. Helfer und Ärzte kommen in Freizeit. 

Kreis Calw - Motor aus, Fenster runterkurbeln, Name sagen, Versicherungskärtchen abgeben und schon muss man nur noch den Mund aufmachen und "Ahhh" sagen. Ähnlich wie bei einem Fastfood-Schnellrestaurant geht es auch beim Drive-in-Testzentrum im Calwer Teilort Wimberg ganz fix. Wie dort gearbeitet wird, hat sich www.schwarzwaelder-bote.de vor Ort angesehen.

Aktuelle Informationen zur Corona-Lage in unserem Newsblog

Ordentlich, in Reih und Glied, stehen dutzende Autos auf dem Parkplatz der Berufsschulen auf dem Wimberg. In manchen Autos sitzt nur eine Person, in anderen ganze Familien oder Freundesgruppen - "jetzt gerade kommen viele Reiserückkehrer", erklärt Thomas Seeger, Kreisgeschäftsführer des Deutschen Roten Kreuzes (DRK). Am Ende der Schlange steht ein großes Zelt: eine von zwei Drive-in-Abstrichstellen im Landkreis Calw. "Die zweite Abstrichstelle ist in Nagold", erklärt Seeger. Sie funktioniere genau gleich. Aber wie?

Bei dem Verdacht auf eine Infizierung mit dem Coronavirus solle man zunächst Kontakt zum eigenen Hausarzt aufnehmen und abklären, ob dieser einen Corona-Test empfehlen würde. "Oder man wählt die Rufnummer 116/117, dann kommt man beim ärztlichen Bereitschaftsdienst raus, die können auch weiterhelfen", weiß Seeger. Wird ein Corona-Test empfohlen, solle man anschließend beim Gesundheitsamt anrufen. Deren Mitarbeiter weisen den Patienten dann einen Termin für den Besuch bei einer der Abstrichstellen zu, erklärt der DRK-Kreisgeschäftsführer. 

85 Patienten pro Drive-in-Spur

Und zu welcher Abstrichstelle im Landkreis soll man fahren? "Zu der, die näher am Wohnort ist", sagt Seeger. Es sei denn, vor Ort gebe es keine Kapazität, weil beispielsweise an diesem Tag bereits sehr viele Menschen zum Corona-Test angemeldet seien. Dann könne es auch sein, dass man zur jeweils anderen Abstrichstelle fahren müsse. 

Das könne vor allem deswegen vorkommen, weil pro Tag und Spur maximal 85 Patienten abgestrichen werden. Eine Corona-Abstrichstelle habe zwei Spuren, in der sich die Autos einreihen können. Dies sei sowohl auf dem Wimberg als auch in Nagold der Fall. Die Abstrichstellen haben jeweils von Sonntag bis Donnerstag, 19 Uhr bis spätestens 21 Uhr, geöffnet - je nachdem, wie viele Patienten zum Corona-Test kommen und wie schnell das Abstrich-Team vor Ort voran komme. "Es werden aber insgesamt nicht über 300 Abstriche pro Tag genommen", erklärt Manuela Rühle, stellvertretende DRK-Bereitschaftsleiterin, die auch vor Ort ist. Das sei deshalb so, weil das Labor in Sindelfingen, wo die Abstriche analysiert werden, nicht mehr Kapazität habe. 

Gesundheitsamt teilt Ergebnisse mit

Beim Abstrich selbst geht alles ganz schnell: Ein Auto nach dem anderen rollt langsam in das Zelt, der Motor wird ausgemacht. Die Fahrer lassen ihr Fenster herunter, sagen einem Bereitschaftsmitglied vom DRK, wer sie sind, und geben ihr Versicherungskärtchen ab. Auf einer Liste werden die Namen abgeglichen. "Falls angemeldete Personen nicht zum Test erscheinen, müssen wir das dem Gesundheitsamt rückmelden", erklärt Rühle. Dieses vereinbare mit den Patienten dann einen neuen Termin. Die Versicherungskärtchen werden von einem Gerät eingelesen. Eine weiteres DRK-Bereitschaftsmitglied sitzt an einem Tisch und bereitet die Laborscheine vor, beklebt die Test-Röhrchen mit den richtigen Aufklebern und gibt diese dem Arzt, der anschließend den Abstrich macht.

"Ahhhhh", heißt es dann für die Insassen der Autos. Ein Nasen-Abstrich wird nicht gemacht, weil der Rachenabstrich ausreiche, erklärt Thomas Seeger. Anschließend bekommen die Patienten ihr Versicherungskärtchen zurück und den Hinweis, dass sich das Gesundheitsamt wegen des Ergebnisses bei ihnen melden werde. Dann rollt das nächste Auto heran. Es läuft wie am Fließband. 

"Die Patienten sollten bis zum Erhalt des Ergebnisses in Quarantäne", sagt Seeger außerdem. Es dauere in der Regel einen Tag, bis dieses vorliege. Das Gesundheitsamt im Kreis Calw verfolge außerdem Infektionsketten. Personen, die sich durch einen Infizierten mit dem Corona-Virus angesteckt haben, sollen sich ebenfalls im Kreis Calw testen lassen, sagt Seeger. Ausnahmen gebe es natürlich - beispielsweise, wenn die Betroffenen sehr weit entfernt wohnen. 

Helfer kommen in ihrer Freizeit

Federführend bei der Abstrichstelle sei von Anfang an das DRK gewesen, berichtet Seeger außerdem. Die Mitarbeiter kümmern sich vor allem um das Organisatorische rund um den Abstrich: die Vorbereitung der Laborscheine, das Bekleben der Test-Röhrchen, der Abgleich der Patientendaten, der Kontakt zum Gesundheitsamt und vieles mehr. Für die Abstriche selbst seien jedoch Ärzte aus dem Landkreis verantwortlich. Die Infrastruktur vor Ort stelle der Landkreis, Feuerwehr und THW helfen bei der Technik, wie bei der Beleuchtung oder der Heizung. Security-Mitarbeiter achten vor dem Zelt darauf, dass sich alle an die Regeln halten.

Der Klinikverbund Südwest stelle außerdem Schutzausrüstungen und weitere hygienerelevanten Mittel zur Verfügung. Die Drive-in-Abstrichstelle gebe es seit dem 19. März, die in Nagold sei vier Tage später eröffnet worden. Das Drive-in-Model habe man bereits bei anderen Landkreisen gesehen und für gut empfunden. Weil die damalige Teststelle in Neubulach außerdem schnell an ihre Grenzen stieß, habe man sich für diese Art der Testung entschieden, erinnert sich Seeger. 

Alle Helfer vor Ort seien im Übrigen während ihrer Freizeit bei der Teststelle. "Das sind insgesamt 25 ehrenamtliche DRK-Mitarbeiter, von denen pro Spur jeden Abend drei bis vier anwesend sind", sagt Manuela Rühle. "Bei insgesamt fast 3000 geleisteten Arbeitsstunden sind das im Durchschnitt pro Helfer 114 Stunden, die bisher ehrenamtlich geleistet wurden", rechnet Thomas Seeger: "Wir sind wirklich dankbar dafür."

"Je länger die Pandemie dauert, desto mehr fordert es alle"

Auch die Ärzte kommen immer nach Praxisschluss, um die Abstriche zu nehmen. "Das ist schon eine gewisse Beanspruchung. Und je länger die Pandemie dauert, desto mehr fordert es alle", sagt Seeger. 

Das sieht auch Alexander Winter so. Er ist nicht nur Hausarzt, sondern unter anderem auch Kreisverbandsarzt und Pandemiebeauftragter für den Landkreis Calw. In dieser Rolle sei er vor allem als Koordinator und Ansprechpartner zuständig. "Ich bin gewissermaßen das Bindeglied zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung und dem Lankreis", erklärt er seine Aufgabe. 

Siehe auch: Kreis Freudenstadt: So arbeitet Corona-Schwerpunktpraxis

Er selbst mache nur noch selten Abstriche, weil er sich hauptsächlich um organisatorische Fragen kümmere. Schon das allein habe anfangs etwa zwei bis vier Stunden pro Tag beansprucht, inzwischen habe sich aber alles besser eingespielt - auch zwischen den verschiedenen Parteien aus DRK-lern, Ärzten, Landkreis, Security und mehr. Winter sei begeistert davon, dass das Zusammenspiel einer so heterogenen Gruppe so gut funktioniere. Alles laufe soweit gut, aber die kommenden Wochen, wenn sich die Grippezeit nähert, meint der Arzt, werden noch einmal spannend.