In der Tiefgarage wird der Abstrich beim Patienten genommen, während dieser im Auto sitzt. Foto: Günzel

Wolfgang von Meißner erklärt Testverfahren. Erste Drive-in-Testung in Baden-Württemberg. 

Kreis Freudenstadt - Als erstes Drive-in für Corona-Tests in ganz Baden-Württemberg starteten die Hausärzte am Spritzenhaus in Baiersbronn bereits am 4. März dieses Jahr. Inzwischen ist der Vorreiter die zentrale Corona-Schwerpunktpraxis für den Landkreis Freudenstadt. Wie dort gearbeitet wird und wie das Team auf die Drive-in-Idee kam, hat uns Wolfgang von Meißner verraten. 

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"Das da war mal ein Wartezimmer", beginnt Wolfgang von Meißner die Führung durch die große Praxis. Er ist einer von neun Ärzten, die dort arbeiten. In dem Raum, auf den er zeigt, sitzen zwei medizinische Fachangestellte an einem großen Tisch und arbeiten zwischen diversen Kartons und Papierstapeln an Laptops. Sie kümmern sich um die Online-Anmeldungen der Patienten, die einen Corona-Test machen müssen. "Diejenigen, die sich bis 12 Uhr mittags anmelden, können noch am gleichen Tag zum Corona-Test kommen", sagt von Meißner. 

Zwischen 70 und 100 Personen täglich getestet

Die Anmeldung erfolgt über die Homepage der Praxis. Dort fragen die Ärzte bereits die Gründe ab, weshalb sich die Patienten überhaupt testen lassen müssen - denn nicht alle haben die typischen Symptome, die auf das Virus schließen lassen, erklärt der Arzt. Auch Reiserückkehrer aus Risikogebieten, Lehrer, Erzieher und andere Gruppen müssen oder sollten sich testen lassen. In manchen fällen bekommen diese Gruppen einen sogenannten Berechtigungscode vom Gesundheitsamt, den sie bei der Ausfüllung des Fragebogens angeben müssen, sagt von Meißner. 

Bevor die Patienten jedoch die Homepage der Praxis besuchen, sollten sie sich zunächst mit ihrem Hausarzt kurzschließen und besprechen, ob ein Corona-Test aus dessen Sicht überhaupt notwendig ist, sagt der Allgemeinmediziner. "Aktuell sind es täglich zwischen 70 und 100 Personen, die sich zum Test anmelden", lässt eine der medizinischen Fachangestellten wissen. Während der ersten Hochphase haben bis zu acht Mitarbeiterinnen die Online-Anmeldungen sowie telefonische Fragen und andere organisatorische Aufgaben gemanaged. Durch die vielen Reiserückkehrer sei momentan zwar auch einiges zu tun. Zu zweit oder zu dritt sei das jedoch stemmbar. 

In dem umgebauten Wartezimmer pflegen die medizinischen Fachangestellten nicht nur die Patientendaten im System ein, die ihnen bereits durch den Online-Fragebogen bekannt sind. "Sie bereiten auch direkt die Scheine für das Labor vor, das die Tests auswertet", erklärt von Meißner. Das sei das LADR-Labor in Baden-Baden. Auf den Scheinen stehen dann neben einigen Patientendaten auch QR-Codes, über die das Labor die Testbefunde direkt der App "Mein Laborergebnis" übermitteln könne. Mit einem zweiten QR-Code für die Getesteten können diese ihr Ergebnis dann von zu Hause aus abfragen. Zeitgleich werde der Befund außerdem natürlich direkt dem entsprechenden Hausarzt übermittel, erklärt von Meißner. In der Regel liege das Ergebnis bereits einen Tag nach der Testung vor, so der Arzt.

Labor muss Tests bei Auswertung priorisieren

Bei der Auswertung der Tests müsse das Labor die Patienten jedoch priorisieren: Die Tests von denjenigen, die symptomatisch seien, werden zuerst ausgewertet. Tests von Reiserückkehrern, Lehrern oder anderen, die keine Symptome aufweisen, seien erst danach an der Reihe, erklärt der Mediziner. 

Das sollte die entsprechende Gruppe jedoch nicht davon abhalten, sich dennoch testen zu lassen. Vor allem Lehrer und Erzieher sollten sich vor dem Schulstart dringend testen lassen, findet von Meißner. Dafür gebe es aktuell die sogenannte "Teststrategie Baden-Württemberg". "Zum einen sollten die sich deshalb testen lassen, damit der Schulstart klappt und die Schule wegen einem Infizierten nicht direkt wieder schließen muss", erklärt der Arzt. Zum anderen finde er es aber auch für diese Berufsgruppen wichtig, sich testen zu lassen, damit sie im Falle einer Infizierung durch einen Kollegen oder ein Kind vorzeigen können, dass sie vorab nicht infiziert waren, erklärt von Meißner.

Das sei auch deshalb wichtig, weil man ja noch nicht wisse, was mögliche Folgeschäden nach einer Covid-19-Erkrankung sein könnten. "Wir haben jetzt noch Patienten, die sich im März infiziert haben und immer noch nicht ganz gesund sind", erzählt der Arzt. Das seien Lungenprobleme, Ergüsse um das Herz und weitere Beschwerden. Die Praxis nehme auch an einer Antikörper-Studie der Universität Lübeck teil. Ende September teste man bei den Teilnehmern, ob sich Antikörper gebildet haben, beziehungsweise ob diese nicht mehr festzustellen seien. Von Meißner befürchtet Letzteres. 

Wie funktioniert Drive-in in Tiefgarage?

Doch wie funktioniert nun die Drive-in-Testung? In der Tiefgarage im selben Haus stehen der Praxis Parkplätze zur Verfügung. Mit den Patienten werde vorab ein Termin vereinbart und dabei mitgeteilt, dass sie in der Nähe des Bahnhofes warten sollen, bis ein Mitarbeiter sie anrufe, erklärt von Meißner. Dieser frage dann einige Dinge, wie den Namen der Person, das Kennzeichen sowie die Farbe des Autos ab und teile mit, auf welchen Parkplatz der Patient in der Tiefgarage fahren soll. Dort angekommen, sollen die Patienten im Auto sitzen bleiben und nur das Fenster runterlassen. Die angegebenen Daten werden nochmal überprüft und das Versicherungskärtchen eingelesen, erklärt der Mediziner. Anschließend erfolgt der Abstrich im Rachen und in der Nase. Dann können die Patienten wieder nach Hause fahren. "Pro fünf Minuten sollen zwei Patienten behandelt werden", fügt von Meißner hinzu. 

Und wie kam die Praxis auf die Idee, das erste Corona-Drive-in in Baden-Württemberg einzurichten? "Ich habe im Fernsehen gesehen, dass die das in Südkorea so machen", erzählt von Meißner und schmunzelt. Er habe seinen Kollegen dann am 3. März davon erzählt und diese hielten das für eine gute Idee, berichtet der Arzt. Quasi über Nacht sei das Drive-in in der Tiefgarage eingerichtet worden. Der örtliche Bauhof habe die Praxis mit Beleuchtung und Heizstrahlern versorgt. Auch auf der Homepage habe man sofort entsprechende Informationen veröffentlicht. 

Als Schwerpunktpraxis behandeln die Ärzte außerdem die Patienten weiter - zumindest seit es die Fieberambulanz in Dornstetten nicht mehr gibt, sagt von Meißner. Je nach Schwere der Erkrankung werde entschieden, ob die Patienten heim können oder ins Krankenhaus müssen. Auch Blutabnahmen erfolgen dort sowie weitere Nachuntersuchungen, falls der eigene Hausarzt des Patienten keine Kapazität dafür hat, erklärt der Allgemeinmediziner. 

Alles in allem habe sich das Team nach sechs Monaten Pandemie bereits sehr gut eingespielt, meint von Meißner. Allerdings hoffen alle, dass die Welle der Reiserückkehrer bald vorbei sei. Anstrengend werde seiner Meinung nach sicherlich auch die Zeit der Grippewelle, wenn man nicht unterscheiden könne, ob es sich um Corona- oder gewöhnliche Erkältungssymptome handle. "Wir hoffen einfach sehr auf einen baldigen, in Deutschland zugelassenen Impfstoff."