Rund 120 Teilnehmer – darunter Stadträte – waren bei der Gegendemonstration gegen die „Sonntagsspaziergänger“. Foto: Karina Eyrich

Die Botschaft des Tages hat SPD-Bundestagsabgeordneter Robin Mesarosch formuliert: „Gut, dass dieser Teil größer ist als vergangenen Sonntag“, sagte er mit Blick auf die Gegendemonstration zum „Sonntagsspaziergang“ – „und jener Teil kleiner.“ Zu Zusammenstößen zwischen beiden kam es nicht.

Tatsächlich war die Zahl derer, die gegen die Unterbringung von Geflüchteten in der Ebinger Kreissporthalle demonstrierten, nach Schätzung der Polizei mit rund 300 um 550 kleiner als am 22. Oktober.

Die Polizei bildete mit knapp zwei Dutzend Beamten am Sonntagnachmittag einen Riegel zur Gegendemonstration, die Z.U.G.-Stadträtin Elke Rapthel angemeldet und an der diesmal nicht nur Mitglieder mehrerer Anti-Rechts-Bündnisse teilgenommen haben, sondern auch Vertreter der SPD: Kreisvorsitzende Katja Weiger-Schick und Bundestagsabgeordneter Robin Mesarosch waren die bekanntesten.

Die Gegengemo in der Ebinger Innenstadt „war überparteilich“

Von Bündnis ’90/Die Grünen waren mehr Stadträte dabei als vor Wochenfrist: Vier von fünf. Aus anderen Fraktionen hatten sich keine Mandatsträger angeschlossen. „Vielleicht bilden sie ja eine Menschenkette um die Kreissporthalle“, kommentierte ein Beobachter.

Gleichwohl: Die Gegendemonstration war überparteilich, wie mehrere Redner betonten. Die wichtigsten Botschaften: Christiane Kasprik (Z.U.G.) betonte, es dürfe kein Unterschied gemacht werden zwischen Verfolgten und jenen Flüchtlingen, „die kommen, weil sie Hunger haben“.

Robin Mesarosch rief dazu auf, der „Angstmacherei“ durch Rechtsextremisten engegenzutreten. „Wir müssen Lösungen finden“, und es sei keine Lösung, „die zu beschimpfen, die nichts dafür können“, sagte er mit Blick auf die Geflüchteten und deren Fluchtgründe. Eine Vertreterin der Organisation „Offenes Treffen gegen Faschismus und Rassismus Tübingen und Region“ erklärte, dass rechte Hetze reale Konsequenzen habe: Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte.

Robin Mesarosch (mit Mikrofon), Bundestagsabgeordneter der SPD, war einer von mehreren Rednern bei der Gegendemo. Foto: Eyrich

Bernhard Schmidt von der Montagsaktion freute sich, dass es den „Rechtsgerichteten nicht gelungen ist, am Infoabend in der Walther-Groz-Schule“ – dort hatten Landratsamt und Stadt über die eventuelle Notunterkunft Kreissporthalle informiert – „die Stimmung zu kippen“. Schmidt betonte: „Wir müssen die Fluchtursachen bekämpfen – nicht die Flüchtlinge“, und von Zäunen würden diese sich nicht aufhalten lassen, sagte Schmidt mit Blick auf Ziele der AfD.

Schmid: Ziele der AfD „helfen sozial Schwachen nicht“

Dass diese sich „als Partei der kleinen Leute inszeniert“, machte eine Vertreterin der Gewerkschaft Ver.di plastisch: „Renteneintritt nach 45 Beitragsjahren, die Abschaffung der Grunderwerbssteuer“ – das alles helfe sozial Schwächeren nicht. In Deutschland zahlten Migranten mehr Sozialversicherungsbeiträge und Steuern als sie Sozialleistungen erhielten.

Die Polizei trennte durch einen Riegel die Sonntagsspaziergänger von der Gegendemo. Zu Zusammenstößen kam es nicht. Foto: Eyrich

Moritz Elser, Sprecher der Alboffensive, sprach über den Hintergrund derer, die am Donnerstag roten Rauch vom Dach der Kreissporthalle verbreitet und ein Banner auf dem Dach ausgerollt hätten. Ihre Bewegung sei bereits auf dem „absteigenden Ast“, aber ihre Ideen hätten Einzug gehalten in Parteiprogramme im rechtsextremen Spektrum.

Kasprik: Nicht blind folgen!

Christiane Kasprik appellierte an alle, die sich den „Sonntagsspaziergängern“ anschlössen, sich genau über die Ziele der AfD zu informieren und ihr nicht blind zu folgen. Tatsächlich waren abermals zahlreiche AfD-Vertreter, darunter zwei Landtagsabgeordnete, in der 300 Köpfe zählenden Schar unterwegs, aber auch mehrere Zivilfahnder der Polizei.

Es sollen mutmaßliche Straftäter in der Gruppe gewesen sein, die Aufkleber mit rechten Parolen an Laternenmasten angebracht haben sollen. Eine offizielle Bestätigung der Polizei Reutlingen dazu lag bei Redaktionsschluss nicht vor.

Ein überparteilicher Infoabend für alle, die sich gegen rechtsextreme Hetze gegen Flüchtlinge engagieren wollen, beginnt am Samstag, 4. November, um 19 Uhr im Kunst-Werk-Haus; der Eingang liegt am Ebinger Ziegelplatz.