Nachdenkliche Mienen am Tag des offenen Denkmals: Kirchenmusikdirektor i. R. und der Künstler Fritz Leibfritz diskutieren über die Friedhofskapelle Ebingen. Ins Kapellenbuch tragen sich die Besucher ein. Foto: Ulrike Zimmermann

Zu den historischen Kultur- und Baudenkmälern, die am Tag des offenen Denkmals geöffnet und der Allgemeinheit zugänglich gemacht wurden, zählte auch die sanierungsbedürftige Ebinger Friedhofskapelle. Die Stadt hatte grünes Licht dafür gegeben.

Wie es im Inneren in der Friedhofskapelle aussieht, welche Kunstwerke die Wände des Oktogons zieren und wie sich die Wirkung des Lichts, das durch die Fenster fällt, ausnimmt, wissen vermutlich nicht allzu viele Albstädter. In den vergangenen Jahren war es nicht möglich, die Kapelle zu betreten und sie zu besichtigen; sie führte inmitten des Ebinger Gottesackers ein Mauerblümchendasein. Schon seit acht Jahren liegt sie im Dornröschenschlaf.

Für eine dringend nötige Generalsanierung habe der Stadt Albstadt bislang das Geld gefehlt

Besteht an dem architektonischen Sorgenkind mit der pittoresken Kupferkuppel überhaupt noch Interesse? Schon einmal, nämlich 1990, im 91. Jahr nach ihrer Erbauung, war die Friedhofskapelle vom Abriss bedroht. Damals wurde sie von einer Bürgerinitiative gerettet und acht Jahre später auf die Liste der Albstädter Kulturdenkmäler gesetzt. Seit 2001 ist die Stadt Albstadt Eigentümerin des zu jener Zeit weitgehend intakten Gebäudes – doch die seither vergangenen 22 Jahre haben Spuren hinterlassen.

Das Dach wurde undicht; die Kuppel musste durch einer provisorische Stützkonstruktion aus Holz gesichert werden. Eine Generalsanierung wäre überfällig, doch die Stadt verweist auf leere Kassen und erklärt, sie müsse Prioritäten setzen.

Im Kapellenbuch lassen es sich die Besucher nicht nehmen, seitenweise Kritik an der Stadt zu üben

Die Mitglieder des Arbeitskreises zum Erhalt der Friedhofskapelle sehen das durchaus ein, wie sie versichern – aber sie setzen die Prioritäten anders – und sind damit offenbar nicht allein: Die große Publikumsresonanz während der zweistündigen Öffnung am Tag des offenen Denkmals übertraf die kühnsten Erwartungen der „alten Kämpfer“.

Lieselotte Probst wurde nicht müde, die Gäste aufzufordern, im ausgelegten Kapellenbuch der Forderung nach einer Sanierung Nachdruck zu verleihen – und bereits nach einer Stunde Öffnungszeit sprach ein Blick ins Buch Bände. Kaum einer, der nicht den Stift zur Hand nahm, um Kritik am Umgang der Stadt mit dem „Mittelpunkt des Friedhofs“ zu üben.

In früheren Zeiten fanden in der Ebinger Friedhofskapelle auch Gottesdienste und Veranstaltungen statt

Auch Erinnerungen wurden wach – an Zeiten, als in der Friedhofskapelle noch regelmäßig Gottesdienste abgehalten wurden, Konzerte und Trauerfeiern stattfanden und ausgestellte Fotos die Wände zierten. Noch 2007 hatte Elmar Frey seine Aufnahmen in der Kapelle gezeigt – danach, berichtete er, habe er sie 14 Tage lang in seinem Wohnzimmer trocknen müssen; so stark habe ihnen die Feuchtigkeit zugesetzt.

Ingrid Doster rief zwei Ausstellungen zum Thema Friedhofskultur in Erinnerung – und auch das bisher letzte Konzert im Gebäude ist unvergessen: Im November 2014 traten fünf Sänger unter der Leitung des Ebinger Martinskantors Steffen Mark Schwarz im voll besetzten Gotteshaus auf.

Am Ende waren sich alle Besucherinnen und Besucher sich einig: Die Friedhofskapelle muss saniert werden und zu neuem Leben erwachen – Haushaltssperre hin oder her. Mit 1,1 Millionen Euro werden die Kosten einer Generalsanierung veranschlagt; die Stadt hofft auf Förderung durch Bund oder Land. Zusagen gibt es bisher nicht.