Dieses Jahr wurde in Horb ein Containerdorf für Flüchtlinge errichtet. (Archivfoto) Foto: Jürgen Lück

Container: Das ist die einzige Unterkunft, die Flüchtlingen im Kreis Freudenstadt aktuell noch angeboten werden kann. Für Landrat Klaus Michael Rückert, die Oberbürgermeister und Bürgermeister des Landkreises ist das unbefriedigend. Sie fordern ein Umdenken von der Landes- und Bundespolitik.

Das drängendste und belastendste Problem für die Kommunen im Kreis Freudenstadt ist aktuell die Migrationspolitik. Konkret: die Unterbringung von Flüchtlingen. Da sind sich Landrat Klaus Michael Rückert, die Oberbürgermeister und Bürgermeister des Kreises laut einer Pressemitteilung des Landratsamts Freudenstadt einig.

Im Rahmen der regelmäßig stattfindenden Kreisverbandssitzungen des Gemeindetags Baden-Württemberg, die von Bürgermeisterin Annick Grassi aus Waldachtal geleitet werden, haben sie sich kürzlich zum wiederholten Mal darüber ausgetauscht und gemeinsam eine Erklärung verabschiedet.

Die Grenzen des Leistbaren erkennen als kommunalpolitische Aufgabe

Darin heißt es, dass die umfangreiche Aufnahme Geflüchteter während dieses Jahres und der vergangenen Jahre ein Beleg dafür sei, dass sich die Gemeinden, Städte und Landkreise in Baden-Württemberg zu ihrer humanitären Verantwortung bekennen wie kaum anderswo innerhalb der EU. „Nicht zuletzt auch durch die vielerorts weitreichende Unterstützung in Form von bürgerschaftlichem Engagement wurden die verfügbaren Kapazitäten bei der Unterbringung, Begleitung und Integration der Geflüchteten mobilisiert“, heißt es weiter.

Gleichwohl sei es auch kommunalpolitische Aufgabe vor Ort, die Grenzen des Leistbaren zu erkennen und im Sinne eines gesamtverantwortlichen Handelns auf ein gutes Miteinander innerhalb der Ortsgemeinschaft zu achten. Hierzu gehöre, dass nicht auf Dauer gegen eine abnehmende Akzeptanz weiter steigender Zugänge von Geflüchteten verfahren werden könne. „Zwischenzeitlich sind die regulären Aufnahmekapazitäten der Kommunen seit Monaten belegt und die Integrationsressourcen in Kitas, Schulen, ärztlicher Versorgung und Sprachkursen überlastet beziehungsweise bis aufs Letzte ausgereizt.“

Kapazitätsgrenzen bereits im letzten Winter erreicht

Das Personal in den Ausländerbehörden arbeite weit über dem Limit und könne den Anforderungen an schnellere Bearbeitungen nicht mehr nachkommen. Es gehe dabei vorrangig nicht um mehr Geld für die Flüchtlingsarbeit, auch wenn dieses nicht ausreiche. Sondern darum, dass nunmehr die Kapazitätsgrenzen tatsächlich erreicht seien und die Zuwanderung, beziehungsweise die Zuweisung, nicht einfach wie gehabt weitergehen könne.

Weiter steht in der Erklärung: „Eine gelingende Integration ist unter den gegebenen Bedingungen ohnehin schon lange nicht mehr möglich. Dabei besteht im Landkreis seit Jahren eine im Land wahrscheinlich einmalige Konsensregelung. So bringt der Landkreis Geflüchtete in eigens angemieteten oder gekauften Unterkünften unter und verteilt lediglich zum Bleiben berechtigte Personen auf die Kommunen. Hierbei wurden stets die Kapazitäten und Möglichkeiten der einzelnen Gemeinden und Städte ernst genommen.“

Kreiseigenen Turnhallen wurden umfunktioniert

Bereits im letzten Winter seien die Kapazitätsgrenzen erreicht gewesen, weshalb die kreiseigenen Turnhallen umfunktioniert wurden. „Man war sich damals wie heute einig, dass dies nicht nochmal der Fall sein darf. Im Laufe des Jahres wurden daher an zahlreichen Stellen Kapazitäten ausgebaut. Nichtsdestotrotz sieht die aktuell einzige Möglichkeit zur Unterbringung von weiteren Flüchtlingen das Aufstellen weiterer Containerdörfer im Landkreis vor. Selbst wenn über den Winter weitere Containerdörfer entstehen, so wird man für das Frühjahr 2024 weiter auf die Suche nach Unterkünften gehen müssen. Die Kapazitäten sind schlicht und ergreifend erreicht.“

Ein Handeln auf anderen Ebenen, um die Zuwanderung zu stoppen, sei daher dringend erforderlich. Diesen Appell richten die Bürgermeister aller 16 Kommunen und der Landrat an die Landes- und Bundespolitik.

Zahlen aus Baden-Württemberg

Das vergangene Jahr
 2022 hat Baden-Württemberg rund 178 000 Geflüchtete aufgenommen, darunter rund 27 800 Asylbegehrende, rund 146 300 Geflüchtete aus der Ukraine, wovon rund 46 700 vorübergehend in der Erstaufnahme untergebracht wurden, sowie rund 3400 weitere Einreisende im Rahmen der humanitären Aufnahme. Damit wurden im Jahr 2022 deutlich mehr Personen aufgenommen als im gesamten Jahr 2015, dem Höhepunkt der damaligen Fluchtbewegungen, und dem Jahr 2016 zusammen.

Aktueller Stand
Anfang November befanden sich laut dem Regierungspräsidium Karlsruhe 180 742 gemeldete ukrainische Flüchtlinge in Baden-Württemberg sowie laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 33 413 Asylerstantragsteller.