Ein Feuerwerkskörper mit Blitzknallsatz (BKS) detoniert. (Symbolfoto) Foto: Sebastian Kahnert/dpa

Zahlreiche rätselhafte Detonationen in Horb im Jahr 2022 sorgten für große Besorgnis und Unruhe in der Stadt. Die Polizei fasste den Verursacher. Nun musste sich der Angeklagte vor Gericht für die Taten verantworten. Es wird deutlich: Der Mann hortete kiloweise Sprengstoff und spielte mehrmals mit der Gefahr.

Es war Gesprächsstoff und jede Menge Zündstoff, wie sich nun herausstellt: Laute Detonationen erschütterten im vergangenen Jahr 2022 fast die ganze Stadt. In verschiedenen Ortsteilen fragten sich die Menschen, ob etwas passiert sei. In den sozialen Medien äußerten sich verängstigte Bürger. Umfangreiche Ermittlungen der Polizei brachten schließlich Licht ins Dunkel. Und ein DNA-Gutachten überführte letztendlich den Täter, der nun am Dienstagmorgen im Amtsgericht Horb auf der Anklagebank Platz nehmen musste.

Ein eher unscheinbarer Mann. Er wirkt gezeichnet vom Leben. Die Anklage lautet: Herbeiführen von Brand in zwei Fällen und Besitz von Betäubungsmitteln in zwei Fällen.

Die Spekulationen schossen in den Himmel

Vor allem im Januar und Februar 2022 kam es zu einer ganzen Serie von Detonationen. Sie waren an vielen Orten zu hören. Manchmal im Dießener Tal, dann in der Kernstadt, aber auch in Talheim oder Altheim. Die Spekulationen schossen in den Himmel: Jäger oder Sprengungen im Steinbruch? All das wurde von den Verantwortlichen in diesen Bereichen verneint. Auch Margarethe Rebholz von der Jägervereinigung Freudenstadt und langjährige FD/FW-Stadträtin, hatte im Dießener Tal »laute explosionsartige Schläge« gehört. „Ich kann mir die ›Explosionen‹ auch nicht erklären«, hatte sie erklärt.

37-jähriger Täter zündelte im Wald

Der Angeklagte machte weiter. Am 31. Juli 2023 habe der Angeklagte laut Anklageschrift abends in einem Horber Waldstück Böller gezündet, trotz der wochenlangen Trockenheit zuvor. „Es gab einen kleinen Flächenbrand von einigen Quadratmetern am Waldboden“, erzählt ein Polizeihauptkommissar im Zeugenstand. Bei den Brandstellen wurden auch Patronen einer Schreckschusswaffe sichergestellt. Zwei Wochen später, am 10. August, zündelte der Angeklagte erneut mit Pyrotechnik, dieses Mal frühmorgens im Wald in Dettingen. „Ich wollte niemanden stören, deshalb nachts“, erklärt er später vor Gericht sein Vorgehen. Als tagsüber größere Explosionen wahrgenommen wurden, trafen die Beamten den Angeklagten mit Hund im Wald an. Er habe die Explosionen auch gehört, erklärte er diesen. Kurz darauf entdecken die Polizisten einen Brandkörper unmittelbar neben ihm.

Hausdurchsuchung bringt überraschende Funde

Bei der darauffolgenden Hausdurchsuchung fanden die Beamten neben 2,7 Kilogramm Sprengstoff auch einige Cannabispflanzen, LSD-Trips, Amphetamine, Ecstasy-Tabletten und die besagte Schreckschusswaffe. „Da lupft es einem ja das Dach, wenn man das sieht“, so Richter Albrecht Trick.

Angeklagter erklärt, warum er das getan hat

Die Erklärung des Angeklagten für das Rumgeknalle im Wald: Böllern als Ventil, um Druck abzulassen. Die Pflege zweier Angehörigen, insbesondere der Tod der Mutter, habe ihn „fertiggemacht“, erzählt er. „Das Zeug habe ich aus dem Internet, alles per Vorkasse-Überweisung bezahlt.“

So gefährlich war der „Sprengstoff“

Nach Auskunft des LKA fällt die Menge an Sprengstoff in die Kategorie der „F4-Böller“, besser bekannt als „Großfeuerwerk“. Diese stellen eine große Gefahr dar und dürfen nur von Fachkundigen verwendet werden. „Zweieinhalb Kilo Sprengstoff, das ist ein Haufen Holz! Warum hatten Sie denn so viel von dem Zeug?“, will Trick wissen. Das meiste davon sei als Vorrat für Silvester gedacht gewesen, so der Angeklagte. „Es gab ja ein Verkaufsverbot für Böller, da wollte ich vorsorgen.“ Zu der Menge an Drogen meint er: „Das meiste davon war schon sehr alt. Ich wusste bei vielem gar nicht mehr, dass das da ist.“

Angeklagter zeigt sich einsichtig, will aber auf Waffen erst nicht verzichten

Vor Gericht unterschreibt der arbeitslose Industriearbeiter, auf alles zu verzichten und gibt sein Einverständnis zur Vernichtung sämtlicher Reservate. An den bei der Hausdurchsuchung sichergestellten Luftgewehren hänge er jedoch. „Die sollten zur Reparatur gebracht werden, waren schon dafür verpackt“, erklärt er sich. Er selbst sei lange Jahre Mitglied im Schützenverein gewesen. „Die waren teuer, deswegen hänge ich auch daran.“ Der Polizist rät ihm jedoch davon ab. „Sie haben eine Affinität für Waffen und Gewehre. Schmeißen Sie es weg, dann ist es endgültig vorbei und Sie bringen sich selbst nicht in Gefahr.“ Beim Angeklagten kochen die Emotionen hoch und er kämpft gegen die Tränen, lässt sich dann aber auf den Vorschlag ein.

Das Urteil und ein Appell von Richter Trick

Staatsanwalt Marc Hohenstein zählt die Tatbestände auf, die zur Anklage vorliegen: Verursachung einer erheblichen Brandgefahr, der Besitz diverser Pyrotechnik, das Herbeiführen einer glücklicherweise nicht ausgebrochenen Brandgefahr und der unerlaubte Besitz von Betäubungsmitteln. Das Urteil: zehn Monate Freiheitsstrafe, die zur dreijährigen Bewährung ausgesetzt werden. Zudem verpflichtet sich der Angeklagte – der unter anderem wegen unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln und Diebstahl vorbestraft ist – zu mindestens drei Gesprächen bei einer anerkannten Suchtberatung. Dieser zeigt sich einsichtig. Er habe mit mehr gerechnet, so der Angeklagte. „Dumm war’s, einfach dumm.“

Neben einem Bewährungshelfer rät Richter Trick zu einer Drogentherapie und einer allgemeinen Therapie: „Sie haben jetzt drei Baustellen: Ihre Depression und die Arbeitslosigkeit und Ihr Drogenproblem. Daran müssen Sie arbeiten. Das Potenzial bringen Sie mit, dass das klappt.“