Thomas Bareiß, Peter Altmaier, Julia Alt und Roland Tralmer (von links) warben für die CDU-Politik. Foto: Eyrich

"Jetzt geht die heiße Phase los" – Thomas Bareiß sagte es selbst. Für ihn könnte es der bisher spannendste und knappste Wahlkampf werden. Deshalb hat er sich Schützenhilfe mitgebracht von seinem Chef – einem politischen Schwergewicht in Berlin.

Albstadt-Ebingen - Am Donnerstag Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier in der Festhalle Ebingen, am Freitag Bundesgesundheitsminister Jens Spahn in Meßstetten: CDU-Bundestagsabgeordneter Thomas Bareiß holt zu Beginn der heißen Wahlkampfphase – noch 39 Tage sind es bis zur Bundestagswahl – die politischen Schwergewichte in seinen Wahlkreis Zollernalb/Sigmaringen. Die Zeit, in der er auf das Direktmandat abonniert war, scheint vorbei zu sein. Roland Tralmer, der Albstädter CDU-Chef, gibt allerdings nicht viel auf den "Wert von Auftragsumfragen" des politischen Gegners, wie er mit Blick auf das Ergebnis einer Forsa-Erhebung sagt, die Grünen-Direktkandidat Johannes Kretschmann Kopf an Kopf mit Bareiß sieht.

Dennoch: Bareiß kann eine gewisse Nervosität nicht verbergen, wirkt angespannt, als er am Donnerstagabend seinen Chef in der so voll wie erlaubt besetzten Festhalle empfängt – und Peter Altmaier versäumt nicht zu versichern, wie gut Bareiß seine Arbeit als parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium seit 2018 mache. Mit 43 Jahren sei er Staatssekretär geworden und habe ihm somit vier Jahre voraus, sagt Altmaier. Da könne Bareiß noch jung Minister und "zum Schluss seiner Karriere noch ein guter Bundeskanzler" werden.

Mit Ausnahme des Gesangs am Schluss – selbst beim "Lied der Deutschen" werden Aerosole freigesetzt; Vorsicht Corona! – gleicht die Wahlkampfveranstaltung so vielen bisherigen. Wenngleich Altmaier kein Schwadronierer ist, sich persönliche Seitenhiebe und verletzende Kritik am politischen Gegner nicht verkneifen muss – es ist einfach nicht seine Art, andere zu treten. Überhaupt zeichnen ihn leiser Humor, sachliche Argumentationen und eine erfrischende Portion Selbstironie aus. Szenenapplaus bekommt er, als er auf die Bühne kommt, sein Jackett auszieht und erst mal die Ärmel hochkrempelt.

Altmaier: Mit der CDU an der Spitze ging es dem Land bisher immer am besten

Dann spricht er davon, dass es dem Land stets am besten gegangen sei, wenn die CDU regiert habe, dass sie – Bundeskanzlerin Angela Merkel voran – Herausforderungen gemeistert habe, vor denen andere "verzweifelt" wären. Fünf Millionen Arbeitslose beim Amtsantritt 2005 – heute seien es 2,5 Millionen, bei 1,5 Millionen mehr Menschen. Und die Finanzen? "Wer wird die ganzen Milliarden" – Ausgaben in der Coronavirus-Pandemie – "zurückzahlen?" will ein Zuhörer wissen. In der Finanzkrise sei der Schuldenanteil von 59 auf 85 Prozent am Bruttoinlandsprodukt gestiegen und binnen sieben Jahren dennoch die schwarze Null erreicht, danach Schulden abgebaut worden. Aktuell liege er bei 75 Prozent – "und wir zahlen so gut wie keine Zinsen", sagt Altmaier. "Wir haben uns sehr genau überlegt, was wir Ihnen versprechen: dass wir wieder runter kommen auf unter 60 Prozent. Und dass wir auch künftig bei Katastrophen und Krisen dafür sorgen, dass ein starker Staat helfen kann." Kleiner Seitenhieb auf die FDP, ohne sie zu nennen: "Wir müssen ehrlich sein, haben seit 2013 keine Steuern erhöht, versprechen aber auch kein riesiges Steuersenkungspaket." Damit müsse man warten, "bis man es auch solide finanzieren kann".

Wieso man einen Kanzlerkandidaten Armin Laschet als "denkbar schlechteste Lösung" aufgestellt habe, will ein anderer wissen. "Demokratie!" stellt Altmaier klar und erinnert an Merkel und Helmut Kohl, über die anfangs auch Witze gerissen worden seien. Zudem gehe es um mehr als den Kanzler, vielmehr um die Koalition, die dahinter stehe. Seine Warnung vor "Rot-Rot-Grün" schickt er noch mit.

Altmaier scheut sich auch nicht, auf den Protestler mit der "Flüstertüte", dem Megafon, einzugehen, der vor der Halle die Klimapolitik der Union kritisiert hat – auch wenn’s nur einer war. Nach dem Atomunglück von Fukushima 2011 hätten alle raus gewollt aus der Kernenergie, und man könne nicht alle zwei Wochen "rin in die Kartoffeln, raus aus die Kartoffeln" – nun, da die Kohlekraftwerke Hauptkritikpunkt sind. Auch der eines Zuhörers. In einem "vernünftigen Zeitraum" müsse man sie abschaffen – sobald die Erneuerbaren Energien sie ersetzen könnten, deren Anteil übrigens auf das Doppelte angestiegen sei, seit die CDU wieder die Kanzlerin stelle. Und zudem bringe es nichts, auf etwas zu verzichten, was dann im Ausland – etwa in Südostasien – mit weniger Rücksicht auf Umwelt und Klima kompensiert werde: "Klima ist global." Nur wenn Deutschland zeige, dass ein Umstieg auf saubere Energien ohne den Verlust von Wohlstand und Lebensqualität möglich sei, machten andere das auch nach.

Nicht zuletzt gehört Altmaier nicht zu denen, die Bewegungen wie "Fridays for Future" beschimpfen: "Die demonstrieren friedlich, sammeln danach ihren Müll auf und halten sich an Gesetze." Diese jungen Leute dürfe man "nicht wegdrücken" – man müsse sie einbinden, um die "Transformation" zu schaffen, die sein Ministerium etwa durch die Förderung für E-Autos, Plug-in-Hybride und Batteriezellenentwicklung fördere. Heuer alleine mit 2,5 Milliarden Euro.

"Sich nicht impfen zu lassen ist eine Gefährdung der eigenen Gesundheit"

Corona ist – natürlich – auch ein Thema: "Wir versprechen Ihnen, dass es keinen Lockdown mehr geben wird", der alle erfasse, sagt Altmaier, denn für Geimpfte und Genesene könne man alles aufrecht erhalten. Sein Appell, sich impfen zu lassen, fällt deutlich aus: "Corona ist tödlich", sagt Altmaier entschieden. "Sich nicht impfen zu lassen, ist eine Gefährdung der eigenen Gesundheit."

Zur Übergabe eines Korbes, in dem Spezialitäten von Metzgermeisterin und CDU-Stadträtin Daniela Steinhart-Schwab liegen und der Altmaier "über die nächsten Tage bringen" wird, wie er verschmitzt sagt, holt Roland Tralmer dann auch die Albstädterin Julia Alt auf die Bühne, die auf der Landesliste der CDU auf Platz 31 zur Wahl steht. Thomas Bareiß hingegen setzt nur auf das Direktmandat. Diesmal könnte es schwerer werden als sonst – trotz der Hilfe politischer Schwergewichte.