Villingen hatte zwischenzeitlich zehn Brauereien – von ihnen bleiben heute nur noch Erinnerungen, wie hier bei der ehemaligen Gambrinus-Brauerei in der Oberen Straße. Foto: Eich

Mit dem Wohnprojekt Fortuna Bräu Ensemble gerät auch die längst zu Ende gegangene Villinger Braukunst wieder in den Fokus. Ein Blick in die Vergangenheit.

VS-Villingen - Im 18. Jahrhundert besaßen laut des Geschichts- und Heimatvereins neun Wirte das Braurecht. Im Jahr 1869 schrieb das Informationsblatt "Der Schwarzwälder" hierzu: "Von den 10 Brauereien werden dieses Jahr 529 000 Maß Bier fabriziert." Später bildeten sich in der Zähringerstadt mit der Industrialisierung mehrere größere Brauereien heraus, die die hiesigen Wirtshäuser belieferten. Von den ehemaligen Villinger Brauereien bleiben aber heute nur noch Erinnerungen – die wir nun wieder aufleben lassen wollen.

Bärenbrauerei

Keine Frage – wer an die Bärenbrauerei denkt, bringt sie direkt in Verbindung mit Schwenningen. Doch auch in Villingen gab bis 1911 eine Brauerei mit diesem Namen. Der Benennung rührt allerdings vom Gasthof Bären, der seit dem 17. Jahrhundert seinen Standort in der Bickenstraße hatte (heute Hotel Bären in der Bärengasse). Denn der Bären bezog sein Bier aus seiner eigenen Hausbrauerei, die man an die Schwenniger Straße 11 verlegte.

Im dortigen Brauereigebäude wurden ab 1897 auch Flaschenbiere verkauft, 1900 eröffnete man zudem eine eigene Schankwirtschaft. Josef Riegger betrieb die Brauerei von 1891 bis zu ihrer Schließung. Das Ende der Villinger Bärenbrauerei wurde 1911 besiegelt – in diesem Jahr verkaufte man das Braurecht an die Bärenbrauerei in Schwenningen.

1971 übernahm übrigens die Donaueschinger Fürstenbergbrauerei das Schwenninger Traditionshaus. Seit 1975 wird in der Neckarstadt kein Bärenbier mehr gebraut, 1990 riss man die Schwenninger Brauerei ab. Das heutige Bären Pilsner wird weiterhin in Donaueschingen produziert.

Bürgerliches Brauhaus

Auch in der Niederen Straße 46, dieses Gebäude existiert heute in dieser Form nicht mehr, wurde vor geraumer Zeit Bier gebraut. Dort war von 1812 bis 1924 das Bürgerliche Brauhaus beheimatet. In den ersten 71 Jahren ihres Bestehens war dies die Brauerei des ehemaligen Gasthauses Lilie (1603-1952), das auf dem Gelände des heutigen Drogeriemarktes Müller sein Bier ausschenkte. Später wurde die Gasthäuser Burg Hohenzollern (heute Club Panorama), Lindenhof (Mönchweiler Straße), Bertholdshöhe und Antoniuskeller (heute Concept Store Heimathafen in der Rietstraße).

Das Bürgerliche Brauhaus wurde 1899 um eine Brauereigaststätte ergänzt, die auch nach dem Ende der Brauerei hinaus mit dem 1927 eröffneten Meyerhof Bestand hatte. Dieser war im Besitz der Brauerei Meyer & Söhne aus Riegel, wurde allerdings im Jahr 1964 ebenfalls geschlossen.

Fortuna Brauerei

Wo einst die Schuster 312 Jahre lang bis 1825 ihre Zunftstube hatten, begann die Geschichte einer Brauerei, die bis zum Jahr 1985 Bestand haben würde: Die Fortuna-Brauerei. Gegründet 1872 hatte sie ihren Standort bis zuletzt in der Bickenstraße 18. Im November 1902 erhielt der Bierbrauermeister Franz Metzger außerdem die Erlaubnis zur Eröffnung einer Gaststätte. Seit diesem Zeitpunkt wurde jahrzehntelang von der Bickenstraße aus unter anderem das Gasthaus Schwert in der Färberstraße (heute Restaurant Saigon) mit dem Fortuna-Pils beliefert.

Ein schwerer Brand, der durch einen Kurzschluss ausgelöst wurde, zerstörte im November 1966 größere Teile der Gaststätte und verursachte einen Schaden in Höhe von 43 000 Mark. Der Betrieb konnte aber wieder aufgenommen werden. Jedoch endete nach 113 Jahren die Geschichte der Fortuna-Brauerei – die Stadt verlor ihre letzte Privatbrauerei. In den Räumlichkeiten eröffnete Metzgers Enkelkind, der ebenfalls Franz heißt, zuletzt das Texas House. Dort entsteht nun ein exklusives Wohnprojekt.

Gambrinus Bräu

Benannt nach einem König, der als Erfinder des Bierbrauens angesehen wurde, eröffnete im Jahr 1884 in der Oberen Straße 31 die Gambrinus-Brauerei mit eigener Wirtschaft. Von 1902 an hat man zudem das Gasthaus Kronprinz in der Niederen Straße 55 (heute Oishi Asia Restaurant) mit dem eigens hergestellten Gerstensaft beliefert. Vier Jahre später, im Jahr 1906, erbaute der damalige Betreiber Karl Faller das Sudhaus.

Auch nach dem Ende des Brauereibetriebs im Jahr 1974 wurde das Gasthaus Gambrinus weiter betrieben, lange Zeit unter der Regie von Familie Faller. Im Jahr 1984 eröffnete in den Räumlichkeiten die Schnellrestaurantkette Wienerwald, anschließend erfolgten weitere Gaststätten, zuletzt eine Shisha-Lounge. Den in der Josefsgasse gelegene Brauereitrakt hat man 1987 zwangsversteigert. Rund zehn Jahre später wurde dieser weiterverkauft und anschließend zu einem Wohn- und Geschäftshaus umgebaut. Die Gaststätte wurde jüngst umgebaut, der Betrieb wurde aber nicht wieder aufgenommen.

Kronen-Brauerei

Die Kronen-Brauerei war mehreren Angaben zufolge lange Zeit die Hausbrauerei des Gasthaus Lamm in der Niederen Straße. Um 1758 hat man dem Wirt Johann Baptist Schilling das Braurecht erteilt. Die Brauerei wurde 1820 in das ehemalige Kapuziner-Kloster verlegt. Der Staat verkaufte die Klostergebäude samt Garten damals an sechs Villinger Bürger, darunter dem Lammwirt, für 2500 Gulden.

Diese rissen den größten Teil der Gebäude nieder und richteten in der Kirche eine Bierbrauerei sowie eine Branntweinbrennerei ein und wandelten Teile des Areals in einen Biergarten um.

Die Brauerei zog 1857 an die Kronengasse – im dortigen "Hagenwinkel", hier steht heute das Gerätehaus der Freiwilligen Feuerwehr, entstand viele Jahre lang das "Kronenbräu". Um 1900 wurde außerdem die Germania-Brauerei übernommen, die sich inklusive des gleichnamigen Wirtshauses in der Gerberstraße 35 (heute: Restaurant Pulvertürmle) befunden hatte. Aus der Kronen-Brauerei wurde bis 1907 die mit 18 Beschäftigten größte Brauerei im Amtsbezirk Villingen. Die Fürstenberg-Brauerei kaufte sie schließlich 1921 auf und legte sie still.

Die Brauerei hatte einige Gaststätten wie den Löwen, den Hohenstein (auf dem heutigen Gelände des Friedhofs), das Paradies (heute Sparkassen-Hauptstelle in der Gerberstraße), sowie die Sonne in Erdmannsweiler, den Deutsche Kaiser in Niedereschach in Eigenbesitz und baute in Villingen das Waldschlössle (ehemaliges Wali-Kino in der Waldstraße), sowie den Zähringer Hof (heute Neckarverlag) auf.

Die dazugehörige Kronen-Gaststätte an der Ecke Kronengasse/Josefsgasse hatte länger Bestand als die Brauerei. Unter der Regie von Agathe Nosch endete 1959 die Geschichte der Krone. Im dortigen Gebäude, das von der Baugenossenschaft Familienheim gekauft wurde, kommen heute zahlreiche Wohnungen und die AWO unter.

Romäus-Brauerei

Die ehemalige Brauerei Ott hatte ihre Heimat seit 1840 im jetzige Gasthaus Ott in der Färberstraße 36. Bereits damals war an die Brauerei ein Gasthaus angegliedert – das Gebäude brannte jedoch im Jahr 1848 ab. 1865 übernahm Franz Ott das Gasthaus, er war dann gleichzeitig auch Betreiber der Romäus-Brauerei, dem Nachfolger der Brauerei Ott.

So wurde die Brauerei Ott wohl im Jahr 1907 zur Romäus-Brauerei umbenannt – dieser Name hatte offenbar aber nur bis 1918 Bestand. Daraus resultierte anschließend Jankes Brauhaus. Dieses wurde allerdings im Jahr 1992 ebenfalls aufgegeben. Neben dem Gasthaus Ott wurde zudem eine Zeit lang ebenfalls die Drehscheibe beliefert.

Torbrauerei

Das Torstüble war nicht nur Heimat einer der ältesten Gaststätten der Stadt, sondern beherbergte jahrelang auch die so genannte Torbrauerei. Gegründet wurde sie 1833 von Bierbrauer Josef Sorg. Die Brauerei, deren Sudhaus sich im heutigen Jazzkeller befindet, übernahm Willibald Riegger im Jahr 1887. Bereits im März 1911 ging sie jedoch – zusammen mit neun Eigenwirtschaften in der Stadt – an die Fürstlich Fürstenbergische Brauerei Donaueschingen über.

Damit wird ihr Ende gleichzeitig mit dem der Bärenbrauerei besiegelt, die ebenfalls 1911 verkauft wurde, allerdings an die Schwenninger Bärenbrauerei. Das Lokal an exponierter Lage am Riettor erlebte seither eine wechselvolle Geschichte mit zahlreichen Pächterwechseln. Mittlerweile ist das Gebäude aus dem 17. Jahrhundert umgebaut worden.

Info: Die Recherche

Dank des Geschichts- und Heimatvereins und den Rechercheaufgaben insbesondere von Eugen Bode und Bertram Jenisch kann die vielfältige Brauerei-Vergangenheit in der Geschichte von Villingen aufgezeigt werden. Auch die Unterlagen von Siegfried Preiser, der sich umfassend mit der Geschichte der Villinger Gastronomie beschäftigt, brachten hilfreiche Informationen. Dennoch gilt: Es kann nicht garantiert werden, dass alle Angaben vollständig und korrekt sind.

Dieser Beitrag wurde – in leicht veränderter Form – bereits 2016 in der Printausgabe des Schwarzwälder Boten veröffentlicht.