Nach mittlerweile acht Wintern seit dem Feuer bricht das "Mühlengeist"-Gebäude wohl bald von selbst zusammen. Siegfried Reiter will es originalgetreu wieder aufbauen. Foto: Maier

Eigentümer Siegfried Reiter will so viel Material des bisherigen Gebäudes nutzen wie möglich. 2019 soll es losgehen.

Balingen - Sie hat damals alles gesehen. Wie, nach Überzeugung des Gerichts, Benzin nahe der Bar ausgeschüttet und damit ihr Zuhause, der "Mühlengeist", im Jahr 2010 in Brand gesetzt wurde. Sie konnte über den Vorgang allerdings nicht reden, wurde durch die Flammen selbst schwer beschädigt. Noch heute steht die "Mühlengeist"-Hexe, eine rund einen Meter hohe Skulptur aus massivem Holz, an dem Platz inmitten der Ruine, wo sie von Besuchern der Gaststätte immer respektvoll angeschaut wurde. Dort soll sie, wenn es nach Eigentümer Siegfried Reiter geht, auch bleiben. Der 52-Jährige plant den Wiederaufbau der Gastronomie. Im Frühjahr 2019 soll es nahe der Stadtmühle losgehen.

Hinter Reiter liegen anstrengende, auch frustrierende Jahre, seitdem der frühere Pächter die Lokalität in Brand gesetzt hat und dafür rechtskräftig verurteilt wurde. Ärger gab es mit der Versicherung, mit der Stadtverwaltung und mit Einbrechern, die sich in der Ruine holten, was sie zu brauchen glaubten. Nun aber blickt der Eigentümer optimistisch in die Zukunft.

1998 hatte Reiter den "Mühlengeist" eröffnet. 2009 brannte es dort ein erstes Mal, Reiter baute wieder auf. Ein zweites Feuer im Jahr darauf zerstörte das Gebäude erneut. Nun macht sich Reiter ebenso erneut daran, die Gaststätte wieder aufleben zu lassen.

Das hatte Reiter bereits kurz nach dem verheerenden Feuer vor. Allerdings machte ihm, so stellt er es dar, die Stadtverwaltung viele Striche durch die Rechnung. Reiter wollte demnach die Gaststätte wieder so aufbauen, wie sie vor dem Brand dastand. Das aber wollten sie im Bauamt nicht, stattdessen wünschte man sich auf der Stadt einen modernen Betonbau mit Flachdach. "Nicht mit mir", so Reiter, der auf Originalität pochte.

Seine Vorschläge und Baugesuche seien allerdings abgebügelt worden. Das hatte auch zur Folge, dass der Wiederaufbau drei Jahre nach dem Schadensfall noch nicht beginnen konnte – mit deutlichen finanziellen Folgen: Mit der Versicherung musste Reiter einen Vergleich schließen. Hätte er bauen können, hätte er wohl mehr Geld erhalten. Hätte, hätte: Dieses Thema hat Reiter mittlerweile für sich abgehakt. Auch die vom Bauamt favorisierte Bauvariante ist inzwischen vom Tisch. Reiter darf nun den "Mühlengeist" so wie er war und nach seinen Vorstellungen wieder aufbauen. Ein Architekt ist bereits mit den Planungen beschäftigt.

Der Wiederaufbau soll anhand der Original-Baupläne erfolgen – mit einem wichtigen Unterschied: Der neue "Mühlengeist" wird um rund einen Meter höhergelegt, um der Hochwasserproblematik zu begegnen. Und in Richtung Eyach soll die Terrasse, so Reiter, mit einer großzügigen Glasfront versehen werden.

Das Umdenken bei der Stadt und das Vorhaben beschleunigt hat das große Projekt, das Balingen bevorsteht: die Gartenschau. Das Ensemble an der Stadtmühle, zu dem der "Mühlengeist" gehört, ist Endpunkt der Landschaftsachse und liegt nahe der geplanten Veranstaltungsfläche. Tausende Besucher werden sich dort wohl im Jahr 2023 tummeln, nachdem sie an der Eyach entlang spaziert sind. Deshalb wünscht sich die Stadt dort eine "attraktive, gut eingeführte Gastronomie", wie man Reiter erklärt hat. Genau das war einst der "Mühlengeist" bis zum Brand – und er soll es wieder werden.

Für den Wiederaufbau will Reiter so viel Material des bisherigen Gebäudes nutzen wie möglich. Holz, Natursteine – einiges hat den Brand fast unbeschadet überstanden. Nur der Mittelteil des früheren "Mühlengeist", das ursprüngliche Gesindehaus, wo der damalige Pächter das Feuer legte, und das Material dort sind durch den Brand sowie nach mittlerweile acht Wintern so schwer beschädigt, dass man es nicht wieder verwerten kann. Teile des Mittelhauses sind arg marode, erste Bauteile sind eingekracht. Beim Betreten besteht Lebensgefahr. Reiter wettet darauf, dass mit diesem Winter auch tragende Elemente zusammenstürzen werden. "Der Abrissbagger hat dort nicht mehr viel Arbeit", sagt er trocken.

Obwohl eine Ruine, ist das frühere "Mühlengeist"-Gebäude bestens gesichert. Rauch- und Bewegungsmelder, Kameras und eine Alarmanlage sind aktiv. Er habe "schöne Filme" von Einbrechern, die sich beispielsweise Kupferrohre unter den Nagel rissen, sagt Reiter. Nur ein Objekt hat all die Jahre – obwohl schwer angekokelt – überstanden: die Hexe. Sie soll laut Reiter auch im neuen "Mühlengeist" einen Blick auf die Gäste werfen.