Eine dicke Rauchschwade steigt in die Höhe. Gleich beginnt das ganze Dach zu brennen. Foto: Hauser

Update: Nach Brand saniertes Ausflugslokal geht abermals in Flammen auf. Schaden noch höher.

Balingen - Die Feuerwehr erlebt am frühen Montagmorgen ein grauenvolles Dèjà-vu: Schon wieder ist das Balinger Ausflugslokal Mühlengeist in Flammen aufgegangen. Trotz eines Großeinsatzes von rund 100 Wehrleuten frisst sich das Feuer mit Macht durch sämtliche Stockwerke und Gebäudeteile."Balingen, Mühlengeist" – die SMS-Alarmierung der Feuerwehr ist kurz, prägnant und kaum zu glauben. Bereits Ende Juni 2009 hatte in dem Lokal neben der Stadtmühle ein Brand verheerenden Schaden angerichtet. Erst zum 1. Juli dieses Jahres war es nach umfassender Sanierung wiedereröffnet worden. Nun toben dort erneut die Flammen. Und dieses Mal ist alles noch viel schlimmer.

Als die Wehr gegen 4.45 Uhr an der Unglücksstelle eintrifft –eine Autofahrerin hatte Alarm geschlagen –, steht bereits das gesamte Erdgeschoss mit dem Mobiliar in Flammen. Der Balinger Stadtbrandmeister Joachim Rebholz geht deshalb davon aus, dass dort der Brandherd zu finden ist. Die Flammen reichen über die Terrasse hinaus, sodass der Feuerwehr kurz der Weg hinter das Gebäude versperrt ist.

Von allen Seiten und über die Drehleiter bekämpfen Wehrleute aus Balingen, Endingen und Frommern das Feuer. Dennoch sind die Flammen nicht zu stoppen. Mehrere Stunden lang wüten sie in allen Teilen des Fachwerkhauses. Wie ein Schlot wirkt ein Fenster auf der Rückseite, durch das eine dicke Rauchsäule schießt. "Wir kommen einfach nicht hinein", erläutert Rebholz die schwierige Lage. So bleibt den Wehrleuten nur zu warten, bis sich das Feuer hinauf in den Dachstuhl gefressen hat.

Pächter erleidet Schock

Gegen 6.30 Uhr ist es so weit. Ziegel platzen weg und fallen zu Boden, Schläge sind zu hören, als die Flammen schließlich aus dem Giebel züngeln. Die Feuerwehr hat ein neues Angriffsziel.

Entgeistert und betroffen verfolgen Oberbürgermeister Helmut Reitemann, Bürgermeister Reinhold Schäfer und Ordnungsamtsleiterin Brigitte Witzemann die kaum zu bändigende Feuersbrunst. Besonders hart trifft der Anblick den Pächter Jürgen Horschke, der zur Unglücksstelle geeilt ist. Zusammengesunken sitzt er abseits des flammenden Infernos, schüttelt den Kopf und rauft sich die Haare. Helfer des Deutschen Roten Kreuzes betreuen den Mann, der offensichtlich einen Schock erlitten hat. Auf einer Trage wird er schließlich weggebracht. Erst einige Zeit später kehrt er sichtlich mitgenommen zum Ort des Geschehens zurück.

Es ist bereits der dritte Brand, den der Gastronom miterlebt. Als vor zwölf Jahren die "Pfeffermühle" in der Wilhelm-Kraut-Straße brannte, wurde auch sein damaliges Lokal Doppeldecker in Mitleidenschaft gezogen. Nun wird der "Mühlengeist", den Horschke seit elf Jahren betreibt, zum zweiten Mal binnen eines Jahres ein Raub der Flammen.

Ob das Ausflugslokal – errichtet wurde es 1824 und 1825 als Wohnhaus – wieder saniert werden kann, will Besitzer Siegfried Reiter von einer Besichtigung und Bestandsaufnahme nach der Freigabe abhängig machen. Er ist an seinem Wohnort in Frankreich gegen 6.30 Uhr telefonisch über den Brand informiert worden. "Ich kann es kaum glauben, dass der Mühlengeist weg sein soll", erklärte er. Er habe sich so über die Eröffnung gefreut, und nun dieses erneute Unglück.

Rauchwolken behindern Sicht auf B 27

Zum Brandort ist auch der Besitzer des benachbarten Ökonomiegebäudes gekommen. Er war aufgrund von mehreren lauten Schlägen aufgewacht und hatte von seiner Wohnung am Stettberg aus die Flammen gesehen. Den Brand von vor einem Jahr in Erinnerung, war er schnell zum Mühlengeist gefahren. Mit dem Eintreffen der Feuerwehr war dann die größte Gefahr gebannt, dass das Feuer auch auf sein Gebäude übergreift.

Das Feuer hat auch Auswirkungen auf den Straßenverkehr. Um an Löschwasser zu gelangen, wird die Straße Auf Jauchen gesperrt. Zu Behinderungen kommt es auf der B 27. Dort beeinträchtigen die dichten Rauchwolken die Sicht der Autofahrer.

Die Brandursache ist noch unklar. Laut Polizeisprecher Lambert Maute sind Ermittler der Kripo vor Ort. Angesichts des Ausmaßes der Schäden werde darüber hinaus ein Sachverständiger hinzugezogen.