Solarzellen auf Dach: Forschung könnte in diesem Bereich schwerer werden. Foto: dpa

Die Spannungen zwischen der EU und der Schweiz infolge des umstrittenen Volksentscheids zur Zuwanderung könnten die Spitzenforschung in Deutschland ausbremsen.

Stuttgart/Berlin - Die Spannungen zwischen der EU und der Schweiz infolge des umstrittenen Volksentscheids zur Zuwanderung könnten die Spitzenforschung in Deutschland ausbremsen.

Nach Informationen der Stuttgarter Nachrichten stehen mehrere Forschungsvorhaben in Schlüsselbereichen zwischen deutschen und Schweizer Partnern auf der Kippe. „Wenn die Schweiz in Zukunft nicht mehr teilnähme, würden einige wichtige Forschungsprojekte platzen“, sagte ein Sprecherin des in Stuttgart und Ulm angesiedelten Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoffforschung Baden-Württemberg (ZSW) den Stuttgarter Nachrichten.

Als Konsequenz aus der Schweizer Volksabstimmung gegen „Masseneinwanderung“ legte die Europäische Union mehrere Kooperationsprojekte mit den Eidgenossen auf Eis, etwa das Studentenaustauschprogramm Erasmus oder ein deutsch-schweizerisches Stromabkommen. Ebenfalls betroffen ist das rund 80 Milliarden Euro schwere EU-weite Forschungsrahmenprogramm Horizont 2020. Schweizer Forschungseinrichtungen, die bisher von den EU-Fördergeldern profitieren konnten, sind hier derzeit außen vor. Daher stehen nun auch gemeinsame Forschungsprojekte mit deutschen Partnern vor einer unsicheren Zukunft.

Beim Stuttgarter ZSW betreffe dies vor allem Vorhaben im Bereich der Photovoltaik, sagte die Sprecherin. Das ZSW zählt hier zu den weltweit führenden Instituten. Eine Anfrage beim renommierten Freiburger Institut für Solare Energiesysteme (ISE) blieb bis Redaktionsschluss unbeantwortet. Auch das ISE ist traditionell eng mit schweizer Wissenschaftlern verflochten. Der Leiter des Stuttgarter Fraunhofer-Instituts Produktionstechnik und Automatisierung (IPA), Thomas Bauernhansl, sagte, bisher sei sein Institut „nicht hart“ getroffen. Allerdings habe man derzeit keine schweizer „Kernpartner“ im Forschungsbereich.

Die betroffenen Landesministerien sind sich in der Einschätzung des Problems uneinig. Während man im Wissenschaftsministerium „keine Auswirkungen“ der Schweiz-Debatte auf die Forschung im Land erkennt , räumt man im Wirtschaftsministerium ein, dass es bei geplanten Forschungsvorhaben zu Problemen kommen könnte.

Als assoziiertes Mitglied der EU konnte die Schweiz bisher stark von der europäischen Forschungsförderung profitieren. Allein zwischen 2007 und 2013 erhielten die Eidgenossen 1,8 Milliarden Euro aus EU-Forschungstöpfen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) warnte indes generell vor Überreaktionen. Die Kontakte zwischen der EU und der Schweiz solle man nicht „vorschnell zerbrechen“ lassen, sagte sie am Dienstag in Berlin nach einem Treffen mit dem Schweizer Bundespräsidenten Didier Burkhalter. Die wirtschaftlichen und politischen Beziehungen sollten noch enger werden, gerade in der „jetzigen Phase, die wir durchleben werden“, sagte Burkhalter.