Freudenstädter Doppelspitze der Mordkommission: Jessica Schwarz und Max von Thun haben für „Schneekind“ auch im Wasserschloss Glatt gedreht. Foto: ZDF/Mike Kruse

Für den dritten Schwarzwaldkrimi des ZDF stehen die Sendetermine endlich fest, für den vierten laufen bereits die Vorbereitungen. Im Vorfeld der Dreharbeiten treibt die beiden Hauptdarsteller Jessica Schwarz und Max von Thun vor allem eine Frage um.

Für Fans des ZDF-Schwarzwaldkrimis ist es stets ein gutes Zeichen, wenn sich Regisseur Marcus O. Rosenmüller auf „Motivtour“ begibt – und seine Entdeckungen bei Instagram präsentiert. Wenige Monate später beginnen dann in der Regel die Dreharbeiten für einen neuen Zweiteiler für das Hauptabendprogramm des Senders.

Im Januar 2022 hatte er ein Foto der schneebedeckten Klosterruine Allerheiligen, unterhalb der Schwarzwaldhochstraße im Lierbachtal gelegen, veröffentlicht. Im April desselben Jahres fiel dort die erste Klappe für den dritten Zweiteiler der Reihe mit dem Titel „Schneekind“. Der Schnee war da längst geschmolzen und wurde, wie Rosenmüller später ebenfalls zeigte, für die Dreharbeiten künstlich erzeugt.

Die liefen bis zum Sommer – wie schon in den Jahren zuvor in Freudenstadt und der Region. Zwischendurch gab es Aufregung, als für eine Szene vor einem Eiscafé ein Teil des Freudenstädter Marktplatzes abgesperrt wurde: Mittendrin saß Uschi Glas. Gedreht wurde auch im Stadthaus, im Kurhaus, vor der Polizei und in der Thalia-Buchhandlung; Unterwasseraufnahmen entstanden im Naturerlebnisbad Glatten.

Vorgänger beschert dem Sender Traumquoten

Bis zur Ausstrahlung hat es diesmal länger gedauert als zuvor. Vermutlich strebte der Sender einen Termin im Winter an, zum Thema passend und zur allerbesten Sendezeit gleich zu Jahresbeginn. Anfang 2021 ging diese Rechnung auf. Mit dem Vorgänger „Waldgericht“ fuhr das ZDF Einschaltquoten von bis zu 7,5 Millionen Zuschauern und einen Marktanteil von 22 Prozent ein.

Der Zweiteiler „Schneekind – Ein Schwarzwaldkrimi“ läuft nun also am Dienstag, 2., und Mittwoch, 3. Januar, jeweils ab 20.15 Uhr im ZDF und ist auch diesmal als „Mystery-Thriller“ angekündigt. „Ein Wanderer wird tot in einem abgelegenen Waldstück gefunden, das der Volksmund Mörderloch nennt – ihm gegenüber befinden sich die Reste eines Schneemannes, dem ein Auge fehlt“, teilt der Sender zum Inhalt mit. „Das ist der Auftakt zu einer Reihe von Morden in einem Waldgebiet nahe Freudenstadt.“

In der Klosterruine Allerheiligen wurde im Frühjahr 2022 für den dritten Schwarzwaldkrimi „Schneekind“ gedreht. Foto: Haier

Ins Visier der „Freudenstädter Doppelspitze“ der Mordkommission Maris Bächle (Jessica Schwarz) und Konrad Diener (Max von Thun) gerät der Reproduktionsmediziner Florentin Sneelin (Florian Stetter), der das Wasserschloss Glatt bewohnt. Er kannte das Opfer aus einem Aufenthalt in einem Kindererholungsheim, in dem Zucht und Ordnung mit sadistischen Mitteln durchgesetzt wurden und ein strenges Kastensystem unter den Kindern herrschte, heißt es weiter. Sneelin gehörte zur untersten Kaste. Er war ein „Schneekind“ – eines, das die Mutter dem Vater „unterschieben“ wollte.

Autorin recherchiert auch im Stadtarchiv

Mit der Geschichte greift Autorin Anna Tebbe diesmal also das Thema Verschickungskinder auf. Sie arbeitet für ihre Recherchen auch mit dem Stadtarchiv zusammen und war in den „Freudenstädter Heimatblättern“ auf die Legende vom Schneekind gestoßen.

Auch Regisseur Rosenmüller zieht es im Vorfeld der Dreharbeiten immer wieder in den Schwarzwald. Seine jüngste „Motivtour“ führte ihn zurück nach Wolfach, wo die Crew auf dem Moosenmättle schon für „Schneekind“ gedreht hatte: Der alte Liefersberger Hof wurde damals zum Wohnhaus der Kommissarin.

Ob mit Handyempfang oder ohne: Die Jakobskapelle in Wolfach könnte Drehort für den kommenden Fall werden. (Archivfoto) Foto: Beule

Jetzt hat Rosenmüller die Jakobuskapelle in Augenschein genommen. Die Reaktionen seiner Hauptdarsteller bei Instagram kamen prompt: „Gibt’s da Handyempfang?“, fragte Max von Thun. „Hatte die gleiche Frage“, schloss sich Jessica Schwarz an. Offenbar fühlten sich die beiden Schauspieler bei früheren Dreharbeiten im Schwarzwald mitunter von der Außenwelt abgeschnitten.

Das dürfte ihnen schon bald wieder passieren. Das ZDF hat eine Anfrage unserer Redaktion zu bevorstehenden Dreharbeiten zwar nicht beantwortet. In Freudenstadt ist aber bereits wieder ein „Location-Scout“ unterwegs. Auch er hält Ausschau nach Motiven.

Qual statt Erholung in der Kinderkur

Verschickungskinder
Jahrzehntelang, von den 1950er- bis zu den 1980er-Jahren, wurden Millionen von Kindern in Deutschland in Kuren geschickt – etwa an die Nordsee oder in den Schwarzwald. Dort sollten sich die Verschickungskinder erholen, viele wurden aber körperlich und seelisch misshandelt – durch autoritäre Erziehungsmethoden, die die NS-Zeit überdauert hatten.

Aufarbeitung
Erst vor wenigen Jahren gingen ehemalige Verschickungskinder an die Öffentlichkeit. Erste Medienberichte traten eine Lawine los. Immer mehr Betroffene brachen ihr Schweigen und erzählten ihre Geschichten, bundesweit gründeten sich Selbsthilfegruppen und Vereine. Im Schwarzwald kamen so unter anderem Fälle in Kinderkurheimen im Schwarzwald-Baar-Kreis und bei Bühl unterhalb der Schwarzwaldhochstraße ans Licht. Die systematische Aufarbeitung des Themas begann erst 2019. Das Land Baden-Württemberg übernahm dabei die Vorreiterrolle. Es unterstützt beispielsweise einen Verein zur Aufarbeitung, das Landesarchiv hat ein Projekt zur Zeit der Verschickungen gestartet, an das sich Betroffene wenden können.