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Neonazis, ein dritter Weg, Altermedia und jetzt noch Wodans Erben? Staatsschutz ermittelt gegen Vertreter.

Villingen-Schwenningen - Sie nennen sich "Wodans Erben Germanien" und sind ganz offensichtlich harte Jungs. Doch nicht nur das: Wodans Erben gelten auch als hochgradig rechtsradikal und sind im Visier des Verfassungsschutzes.

In Villingen-Schwenningen sorgten Wodans Erben bislang noch nicht für Schlagzeilen. Doch das könnte sich jetzt ändern, denn selbst überregionale Medien recherchieren gerade über den Bezug der Gruppierung zur Doppelstadt und könnten ihr damit – einmal mehr – zu zweifelhaftem Ruhm verhelfen.

Dass rechtes Gedankengut in Schwenningen offenbar auf besonders fruchtbaren Boden fällt, ist nichts Neues: Mit dem Stadtrat, NPD-Funktionär und Kommunalpolitiker der Deutschen Liga für Volk und Heimat, Jürgen Schützinger, kommt ein ebenfalls "rechtes" Schwergewicht aus Schwenningen, das dort entsprechende Kreise um sich zieht.

Unterstützer auch aus weitem Umkreis

Flugblätter als Einladung zu patriotischen Bürgerstammtischen, Plakataktionen von der rechtsextremistischen Kleinstpartei "Der dritte Weg", als Leserbriefzeitung getarnte rechtsradikale Schriften oder auch entsprechende Aufmärsche in der Region sind daher nichts neues. Auch, dass die Neonazis auf dem Villinger Latschariplatz lautstark gegen die Festnahme des St. Georgener Neonazis Ralph-Thomas K. protestierten, der als ein Drahtzieher der Neonazi-Plattform Altermedia unlängst zu über zwei Jahren Haft verurteilt worden ist, verwundert angesichts der Kreise der Rechtsradikalen in der Region nicht weiter.

Ralph-Thomas K. sitzt nun im Gefängnis, lässt sich von seinen Freunden und Unterstützern Post hinter Freiburger Gitter schicken. Viele seiner Mitstreiter indes bewegen sich auf freiem Fuß, auch in Villingen-Schwenningen. Die Neonazis der Baden-Württemberg-Stadt und ihre Unterstützer, die durchaus auch aus weitem Umkreis, etwa dem Hegau oder vom Bodensee, den Weg nach VS finden, treten nicht nur vor Wahlen in Aktion, dann aber ganz besonders stark.

Hausverbot in Schwenninger Bar

Nun aber betritt offenbar eine Gruppe doppelstädtisches Parkett, die sich eher auf den schnöden Alltag spezialisiert hat. Wodans Erben nämlich treten gerne als Bürgerwehr auf. In tiefschwarzer Kluft machen sich die schweren Jungs und eine Dame zu zwölft ausgerechnet vor einer Bar in der Schwenninger Innenstadt breit: der "Sichtbar". Ronald Navratil, Betreiber der Rockkneipe am Schwenninger Marktplatz, gibt sich zunächst ahnungslos. Im weiteren Verlauf des Gesprächs aber erinnert er sich: "Ja, die waren mal da, vor etwa einem Jahr war das. Sie haben auch gefragt, ob sie ein Foto machen dürfen, da wusste ich aber noch nicht, wer das ist." Dass das Bild nun einen Schatten auf sein Lokal werfen könnte, verwundert ihn nicht: Die Gruppe habe in der Sichtbar prompt für Ärger gesorgt, sie hätten Mitglieder einer Band, die schon öfter in der Location aufgetreten sei, angepöbelt – daraufhin habe es für Wodans Erben ein Hausverbot gehagelt.

Auch wenn Ronald Navratil bis dato nicht wusste, dass das Foto von damals im Internet kursiert, sorgt es doch schon für Aufsehen hinter den Kulissen. Vor allem aufgrund des Weges, wie es verbreitet worden ist: Die offenbar übergeordnete Gruppierung "Wodans Erben Germanien Baden-Württemberg" hat es auf ihrer Instagram-Seite geteilt. Gemunkelt wird ferner, Wodans Erben träfen sich schon seit Januar in der Doppelstadt und wollten den zentral gelegenen Ort gerne nutzen, um von hier aus das Imperium von Wodans Erben in Baden-Württemberg weiter auf- und auszubauen.

Dass mit ihnen nicht zu spaßen ist, geht aus vielfacher Berichterstattung über die Gruppe hervor. "Sie zeigen unverhohlen Sympathie für den Nationalsozialismus, schüchtern Menschen ein und rufen mit ihrem Auftreten permanent zu Kampf und Selbstjustiz auf", heißt es beispielsweise in einem Kommentar der Süddeutschen Zeitung. Mit dabei sind häufig bekannte Neonazis. Von Gruppenaufmärschen und Fackelzügen wird im Zusammenhang mit der "Bürgerwehr" erzählt und einem dem Untergang geweihten Deutschland, das Wodans Erben gerne an die Wand malen.

In Moosach marschieren Vertreter der Gruppe in Flüchtlingsheim ein

Beängstigend: Im Juli diesen Jahres marschierte eine Gruppe von Wodans Erben gar in eine Flüchtlingsunterkunft in Moosach ein und verbreitete damit Angst und Schrecken. Seither ermittelt der Staatsschutz wegen Hausfriedensbruchs. Was Wodans Erben, die sich als Religionsgemeinschaft bezeichnen (Wodan gilt als oberster Gott der Germanen), indes von den deutschen Staat und seinem Rechtssystem halten, wird beim Blick über Werbe-Artikel der Gruppierung deutlich: "Gesetzbuch" steht über der Zeichnung eines aufgeschlagenen Buches mit Totenschädel darauf geschrieben, darunter in weißen Lettern: "W.E.G." – ob Letzteres nun für "weg" oder Wodans Erben Germanien steht, bleibt dem geneigten Betrachter wohl selbst überlassen.