Was oder wer steckt hinter der LBZ? Foto: Eich

"Eindeutig rechtsideologische Schrift" skizziert düsteres Untergangsbild zur Zukunft Deutschlands.

Villingen-Schwenningen - Wenn schon der Name im Impressum nicht stimmt: Sind die Inhalte dann auch noch getürkt? Diese Frage interessiert eine Doppelstädterin nur am Rande. Erzürnt wirft sie das Exemplar der "Leserbriefzeitung" in die Tonne. Beim Staatsschutz war das Interesse an der "eindeutig rechtsideologischen Schrift" um so größer.

Muster und Verteilung von solchen "Zeitungs"-Exemplaren sind zwar nicht neu, die Vorgehensweise dagegen schon und mehr als dreist: Kaum steht ein politisch gefärbter Leserbrief im Schwarzwälder Boten, bekommt die Absenderin auch schon Post. Im Briefkasten steckt ein Exemplar der LBZ.

Zunächst weckt das 14-seitige Blatt ihre Aufmerksamkeit. In großen Lettern beschreiben die Initiatoren ihren Anspruch: "Die erste deutsche Leserbriefzeitung für Gedankenfreiheit und gegen staatlich kontrollierte Meinungsäußerungen." Wenige Sätze später wirft die Doppelstädterin die Zeitung in hohem Bogen weg: "Ich dachte, ich falle vom Glauben ab, als ich das las", schildert sie ihre Reaktionen im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten. Ihr nächster Gedanke: Wie kommen die an meine Adresse? Ob es einen Zusammenhang mit ihrem kürzlich veröffentlichten Leserbrief gibt? Ihre Entrüstung wird nicht kleiner, als sie im Kuvert ein Überweisungsformular entdeckt mit der Bitte, einen Mindestbeitrag von 15 Euro zu übermitteln. Man sei auf den "selbstlosen Einsatz unserer wenigen ehrenamtlichen Mitarbeiter angewiesen", heißt es als Grund.

Im Impressum aufgeführter Name existiert nicht

Was die Leserin richtig wütend macht, "das ist unterste Schublade", ist auch für die Mitarbeiter des Staatsschutzes nicht uninteressant. Die 14-seitige "Leserbriefzeitung", so Thomas Kalmbach von der Pressestelle im Polizeipräsidium Tuttlingen, sei stichprobenhaft ausgewertet worden. "Es konnten hierbei keine volksverhetzenden Inhalte festgestellt werden", so das Resümee.

Gleichwohl seien "eindeutige rechtsideologische und fremdenfeindliche" Inhalte festzustellen. Noch aufschlussreicher für die Prüfer aus der Polizeibehörde: ›Der im Impressum aufgeführte Arno Werner ist nicht existent." Bei Recherchen stoßen die Kollegen allerdings auf "eine ihnen bekannte Person aus dem rechten, politischen Spektrum". Dies bedeute aber nicht, dass dieser Mann auch Urheber der Zeitschrift sein müsse. Ermittlungen werden nicht eingeleitet, da es sich nicht um Inhalte mit strafrechtlicher Relevanz handle.

BRD-GmbH taucht auf

Eine Frage bleibt indes unbeantwortet: Handelt es sich tatsächlich um die "Meinungsäußerungen" verschiedener Leserbriefschreiber oder stammen die Beiträge in ihrer Mehrheit aus ein- und derselben Feder? Immer wieder tauchen die gleichen plakativen Begriffe auf, ein düsteres Untergangs-Stimmungsbild zur Zukunft Deutschlands wird skizziert. Wiederholt wird Deutschland als souveräner Staat in Frage gestellt und Angela Merkel als Geschäftsführerin der "BRD-GmbH" bezeichnet: Ein Griff in die inhaltlichen Pfeile aus dem Köcher der sogenannten Reichsbürger-Bewegung. Gerne beschäftigen sich die Verteiler auch mit ihren Spitzen-Reizthemen wie Klimawandel und vor allem Migration. Auf sieben Doppelseiten tauchen auch Namen von Personen auf, die dem rechten Spektrum zuzuordnen sind und die ihre eigenen Vorstellungen von Wahrheit haben.

Nicht zum ersten Mal bringt der Posteinwurf einige Doppelstädter in Rage. Bereits im März 2018 berichtete der Schwarzwälder Bote über eine ähnliche Briefkastenwurfsendung. Damals echauffierte sich ein Rentner aus dem Norden der Doppelstadt über die unverblümte Aufforderung, "Verteilen auch Sie Hunderte Handzettel in Briefkästen". Der Bürger dachte im Traum nicht daran, nachdem er das Flugblatt mit den einschlägig rechtsradikalen "Infos" aus dem Briefkasten gezogen und gelesen hatte. Es landet dort, wo es seiner Meinung nach auch hingehört: in der Altpapiertonne. Sein Ärger wird nicht geringer, als auch er ein Spendenkonto entdeckt und eine Betriebsanleitung dafür, wie sich die an ihn verteilten Handzettel ausdrucken lassen. Dem Villinger reichts, der bekennende Sozialdemokrat ruft in der Redaktion an.

Cleveres Vorgehen

Doch auch bei diesem ersten an die Öffentlichkeit gelangten Fall sah der Staatsschutz keine Basis für Ermittlungen. Wie weit solche "Zeitungs-Verteiler" in der freien Meinungsäußerung gehen können und wo die Grenzen zum Straftatbestand liegen, "das wissen die nur zu genau", hieß es damals aus dem Polizeipräsidium. Hat DLV-Stadtrat Jürgen Schützinger etwas mit der "LBZ" zu tun? Nach wie vor weist er jede Verbindung von sich. Immerhin: Der Leserbriefzeitung beigefügt sind die Termine für die nächsten patriotischen Stammtische, mit der Info: Näheres über diese und damit Schützingers Telefonnummer.