Noch-Pächter Michael Weisser (Zweiter von links) führt die Besucher auch ins einstige Schlafzimmer von Erhard Junghans in der Villa. Foto: Dold

Wie viel Schramberger Historie in der Villa Junghans steckt – das hat Wirt Michael Weisser beim kürzlich stattgefundenen Stammtisch zur Zukunft des 1885 von Erhard Junghans erbauten Hauses vermittelt.

Schramberg - Diese hängt bekanntlich am seidenen Faden, weil umfangreiche Investitionen für eine denkmalschutzgerechte Sanierung notwendig wären. Sogar ein Verkauf scheint nicht völlig ausgeschlossen, auch wenn Vertreter von Verwaltung und Gemeinderat das beim Stammtisch heftig dementierten. Die Bürger jedenfalls wollen das historische Haus im städtischen Besitz wissen.

Michael Weisser, der die Villa vor 16 Jahren als Pächter übernommen hatte und den Pachtvertrag mit der Stadt zum Jahresende gekündigt hat, führte beispielsweise in den Weißen Salon. "Von hier aus gibt es eine Geheimtreppe nach oben ins Kinderzimmer. Auch die Kronleuchter sind noch original", sagte er.

Alle Firmen früher Junghans-Zulieferer

Im Schwarzen Salon hingegen wurden die Geschäfte gemacht. Hier waren um die vorletzte Jahrhundertwende Koryphäen wie Wilhelm Maybach, Robert Bosch, Gottlieb Daimler oder Graf Zeppelin zu Gast. Im ersten Obergeschoss befand sich das geräumige Schlafzimmer von Erhard Junghans. Einen Stock höher nächtigten die Bediensteten. "Das Haus ist ein Kulturgut allererster Güte", sagte Weisser. "Eigentlich müssten hier jeden Tag drei Busse mit Touristen kommen", murmelten auch die Gäste.

In der Villa gebe es Hinweise auf die Ursprünge der Industrialisierung in Schramberg. Alle großen Firmen in und um Schramberg seien einst Zulieferer von Junghans gewesen, erzählte Weisser.

Einst goldene Zeiten

Es waren einst goldene Zeiten in Schramberg: Hier gab es bei Junghans das erste betriebseigene Hallenbad in ganz Deutschland. Auch beim Kino und Freibad war Schramberg ganz vorne dabei.

Die Familie Junghans musste schließlich 1932 mit dem Abriss der Villa drohen, bevor die Stadt sie für den damals günstigen Preis von 100 000 Goldmark übernahm. "Es ist wie bei der Bundeswehr: Man lässt alles vor sich hinrosten", schüttelte ein Teilnehmer der Führung den Kopf. Michael Weisser bedauerte es, dass der einstige Garten der Villa nicht Erhard-Junghaus-Park, sondern Park der Zeiten heiße.