Vor Friedrich Engelke (links) und Heinz Lörcher, erster und zweiter Vorsitzender des Vereins Pro Stolpersteine VS, steht das Künstlermodell für das „Buch des Erinnerns“. Foto: Birgit Heinig

Am 7. und 8. November werden in Villingen-Schwenningen zum dritten Mal Stolpersteine für Menschen verlegt, die unter dem Nationalsozialismus litten. Um die Familienangehörigen empfangen zu können, bittet der initiierende Verein um Spenden.

Zehn Jahre lang haben sie gekämpft – und gewonnen. Sie, das sind die Mitglieder des Vereins Pro Stolpersteine VS, allen voran die beiden Vorsitzenden Friedrich Engelke und Heinz Lörcher.

Der Erfinder der Stolpersteine, der Künstler Gunter Demnig, dessen steinerne Werke mittlerweile 100 000-fach in deutschen Städten zu finden sind, wird im November an zehn Verlegestellen – acht in Villingen und zwei Schwenningen – weitere 25 seiner Steine in den Boden versenken. Jeder steht für den Namen einer Frau, eines Mannes, eines Kindes. Die Stellen markieren jeweils deren letzten Wohnort vor Vertreibung, Inhaftierung oder Deportierung.

Auch Widerständler und Andersdenkende waren Zielscheiben

Nicht nur Juden waren zwischen 1933 und 1945 Zielscheiben des NS-Regimes, sondern auch Widerständler, Andersdenkende, Andersgläubige, Anderslebende und Behinderte. Vor dem dritten und vorerst letzten Verlegetermin beschäftigt den Verein jetzt aber nicht nur das Schicksal dieser Menschen. Es geht auch darum, deren Angehörige zur Stolpersteinverlegung einzuladen, zu bewirten und unterzubringen.

Das verursacht Kosten. Mit der Bitte um eine finanzielle Beteiligung der Stadt stieß Friedrich Engelke bisher aber auf Ablehnung. Einzig ein Empfang beim Oberbürgermeister am 7. November um 13.30 Uhr wurde zugesagt. Trotz des Hintergrundes, dass die Zustimmung des Gemeinderates 2020 für die Verlegung von Stolpersteinen an die Bedingung geknüpft wurde, dass keine Folgekosten entstehen, versteht er das nicht. Auch Gemeinderatsmitglieder signalisierten laut Unverständnis.

Kosten kann Verein alleine nicht aufbringen

Das Anliegen sei VS, anders als Freiburg, Konstanz, Offenburg oder Bruchsal, offensichtlich „nicht wichtig genug“, glaubt er. Es werden Gäste aus den USA, aus Argentinien und Berlin erwartet, Nachkommen derer, dessen Hab und Gut einst der Stadt zuflossen. „Wir verstehen es als Selbstverständlichkeit, unsere Gäste freizuhalten“, sagt Engelke und betont, dass deren Kommen hingegen keine Selbstverständlichkeit sei. Die diesmal rund 10 000 Euro – vornehmlich Reisekosten – könne der Verein alleine aber nicht aufbringen. Deshalb bittet man jetzt um Spenden auf das Vereinskonto IBAN: DE 98 6949 0000 0029 5965 06, BIC: GENODE61VS1.

Am 7. und 8. November werden in Villingen-Schwenningen weitere 25 Stolpersteine zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus gelegt.Für vier werden noch Paten gesucht. Foto: Birgit Heinig

Auch werden noch Paten für vier der 25 Stolpersteine à 130 Euro gesucht. Nach der dritten Verlegung durch den Künstler selbst, die, und auch das betont Engelke, von den Mitarbeitern der Technischen Dienste VS handwerklich sicher wieder bestens vorbereitet werde, werden in Villingen-Schwenningen 65 Gedenksteine liegen.

„Buch des Erinnerns“ auf dem Waldfriedhof

Damit ist für Engelke und Lörcher, beide über 80 Jahre alt, ein Ziel erreicht. Der Gedanke, den Verein aufzulösen, steht zwar im Raum, doch eine Weiterführung schließen die beiden nicht aus. Die letzten zehn Neumitglieder weisen nämlich einen Altersdurchschnitt von 25 Jahren auf. „Vielleicht geht es ja weiter“, sinniert Lörcher. Eine Aufgabe nachfolgender Generationen könne es sein, für die Pflege der Steine zu sorgen.

Doch noch ist vom aktuellen Vorstandsteam neben der dritten Stolpersteinverlegung ein letztes Projekt zu erledigen. Auf dem Waldfriedhof in Schwenningen soll ein „Buch des Erinnerns“ ausgelegt werden mit allen voraussichtlich 400 bis 500 Namen derer, die unter dem Nazi-Regime litten. Das Modell der Rahmen gebenden Stehle, ein mannshohes Pult in Form eines offenen Buches hat der Künstler Jochen Meyder bereits geschaffen.

Adressen

Die Opfer
 Am 7. und 8. November werden in der Doppelstadt an zehn Adressen 25 Stolpersteine verlegt. Villingen Brigachstraße 13: Hermann Karl Faber. Rietstraße 15: Salomon, Mathilde, Jakob, Frieda, Hans, Louis und Samuel Bloch, Jenny Bär. Kanzleigasse 6: Hermann, Hilde und Renate Bikart. Kanzleigasse 34 (Münsterzentrum): Gertrud Fleck. Schillerstraße : Heinrich und Mina Stiefel. Waldstraße 27: Lothar Rothschild. Marbacher Straße 15: Josef Münzer. Niedere Straße 43: Michael Bloch, Robert, Elsa, Helga und Werner Gideon. Schwenningen Schwabstraße 1: Richard und Else Schlesinger. Pfaustraße 29: Karl Ruggaber.