Auch an dieser Stelle soll Horb "umgekrempelt" werden: Wo heute das nicht genutzte Industriegleis im Heiligenfeld verläuft, soll ein Kombiterminal für den Güterverkehr entstehen. Fotos: Lück Foto: Schwarzwälder Bote

Rosenberger sieht "Hau- und Holzwiese"-Entscheidung als folgenschweren Fehler. 

Horb. Das neue Jahr hat mit Haushaltssorgen begonnen. Doch es gibt auch Hoffnung, dass in der Stadt wieder einiges passiert. Der Schwarzwälder Bote befragte OB Peter Rosenberger.

Trotz aller Finanzsorgen, trotz Corona – in Horb ist 2020 Jahr richtig viel passiert. Geht das so weiter oder müssen Abstriche gemacht werden?

Wir haben gerade die spannend-schöne Situation, dass wir die ganze Stadt umkrempeln. Hohenbergkaserne, Terminal, Feuerwehrhaus, Leuco, Panormastraße – alles trotz Corona. Und darauf können wir alle stolz sein. Und wir wollen diese Zukunftsprojekte natürlich – unabhängig von den Finanzsorgen – weiterhin entschlossen vorantreiben.

Wie ist der Stand beim Ärztehaus? Die Ärzte, die sich beteiligen wollen, fordern eine Kompensation für die Praxen, die sie dann aufgeben müssten.

Es kristallisiert sich ein Nukleus von einigen Ärzten heraus, die eine Art von Ärztehaus begleiten wollen. Die Form ist noch nicht geklärt. Ob Einzelpraxen, Gemeinschaftspraxen oder MVZ.

Ich habe den Ärzten zugesagt, muss es vom Gemeinderat aber noch absegnen lassen: Wenn Ärzte bereit sind, in ein solches Konstrukt mit einzusteigen, dann müssen wir ihnen helfen, ihre bestehende Praxis vor Ort – die meistens im Eigentum ist – am Markt richtig platzieren zu können.

Sei es, dass wir sie anmieten und weitervermieten oder sie den Ärzten vielleicht sogar abkaufen. Damit können wir Innenentwicklung betreiben. Wir scheuen uns nicht, an dieser Stelle Immobilienbesitzer zu werden.

Und auf Investorenseite?

Wir haben inzwischen acht bis zehn mögliche Investoren, die sich von sich aus bei uns gemeldet haben. Diese haben auch zugesagt, sich an der Ausschreibung zu beteiligen. Wir haben noch abgewartet, was die Ärzte dort wünschen. Ich denke, wir werden im Sommer mit der Ausschreibung auf den Markt gehen können.

In der Kaserne soll neues Wohnen entstehen. Was werden wir dort 2021 sehen?

Wenn alles so läuft, könnten 2021/2022 dort die ersten Wohnungen entstehen. Ich bin sehr gespannt auf die Ideen, die dort kommen werden – natürlich auch gerne flankiert vom Thema Hotel. Die Grundstücke auf dem Kasernengelände sind eine tolle Lage. Ich bin sehr neugierig darauf, was sich die Investoren hier vorstellen können. Ich denke, wir werden die Investorenausschreibungen dafür im ersten Quartal starten. Die für das Leuco-Areal – wenn der Gemeinderat dann sein Rahmenkonzept und die -anforderungen formuliert hat – soll dann bis zum Sommer auf dem Markt sein.

Immer wieder hatten der Gemeinderat und Sie darauf gepocht, in der Innenstadtentwicklung ein Stück weiterzukommen. Passiert ist nichts. Warum?

Das dauert so lange, wie sich der Gemeinderat dafür Zeit nimmt. Dahinter steckt keine Verschleppungstaktik. Der gesamte Prozess hat sich coronabedingt um ein halbes Jahr verschoben. Wir hatten eine Klausurtagung geplant. Die wurde immer wieder monatsweise verschoben. Der Termin jetzt im Januar wird wieder geschoben. Wir sollten eine Antwort haben, wenn die Hochbrücke eingeweiht wird, was wir unten wollen. Damit wir dann loslegen können. Wir stehen jedenfalls bereit: Wir haben Reno gekauft, den Bereich als Sanierungsgebiet bekommen, das Geld für den Kauf des Fruchtkastens ist im Haushalt zurückgelegt, das Land hat das Geld für den Neubau des Polizeireviers im Haushalt.

Der Gemeinderat hat das geplante Gewerbegebiet Ahldorf abgelehnt. Hat Sie das geärgert?

Das Projekt in Ahldorf ist vorerst erledigt. Das sind die Fakten. Jetzt sagen diejenigen, die dagegen gestimmt haben: Probiert es mal am Truppenübungsplatz. Jeder, der mal eine Besichtigung gemacht hat, weiß: Themen, die auch in Ahldorf eine große Rolle gespielt haben, wie Natur und Artenschutz, aber auch die Geologie und die Landschaftsform, sind dort ähnlich – wenn nicht sogar noch problematischer als in Ahldorf. Ich wüsste auch nicht, warum die Bevölkerung, die dort wohnt, nicht auch sagt: Das ist unser Naherholungsgebiet. Deshalb ist es uns wichtig...

...die Ärger-Frage haben Sie noch nicht beantwortet.

Es war die Strategie der Stadt, beauftragt durch den Gemeinderat, verschiedene Optionen aufzuzeigen. Weil unsere Meinung ist: Wenn man nur eine Alternative hat, hat man keine Chancen. Deshalb halte ich es für einen ganz großen Fehler dieses Gemeinderats – das muss ich so deutlich sagen – diese Großansiedlungsfläche im Potenzial des Regionalverbands ohne Not jetzt aufs Spiel zu setzen.

Das war ein Flächenpotenzial von bis zu 50 Hektar, das man in vielen Jahren – wahrscheinlich Generationen nach uns – dann mal hätte diskutieren können, wenn es so weit gewesen wäre. Das hat man jetzt mehrheitlich ohne Not aus dem Portfolio der Stadt Horb gestrichen. Das wird uns die nachkommende Generation einmal irgendwann einmal vorwerfen.

Konflikt um die Panoramastraße. Die Anwohner zittern vor Vorauszahlungsbescheiden für die Erschließungsgebühren, die das Rathaus gerichtlich vollstrecken könnte. Wird das Rathaus diese Bescheide verschicken?

Mit Vorauszahlungsbescheiden haben wir bisher nicht gearbeitet. Wir werden keine Fakten schaffen, ehe ich nicht das zugesagte Gespräch mit den Anwohnern geführt habe. Wir werden keine Bescheide verschicken. Das ruht jetzt. Es ist nicht meine Art, das Gespräch anzubieten und zwischendurch Fakten zu schaffen. Nach diesem Gespräch werden wir die Lage analysieren. Erst dann werden Schreiben verschickt.

Zweites Konfliktthema Ruhewald. Ist das jetzt erledigt?

Jetzt haben wir ein Gerichtsurteil, welches unsere Rechtsauffassung bestätigt. Die Schreiben an die Pächter sind schon fertig – aber wir wollten sie nicht vor Weihnachten verschicken. Die gehen dann im Januar raus. Mit der Bitte: Die gültige, beschlossene und im Urteil des Verwaltungsgerichts bestätigte Satzung anzuerkennen. Mit der Bitte, Schmuck in den nächsten 14 Tagen freiwillig abzuräumen. Danach erst werden wir abräumen.

In all diesen Konflikten wird Bürgermeister Ralph Zimmermann vorgeworfen, die Rathauslinie als "Per Ordre de Mufti" vertreten zu haben. Ihr vermittelndes Wesen wurde dort vermisst…

Immer, wenn wir in ein Konfliktfeld kommen – es geht meistens um viel Geld – stelle ich fest, dass man sehr schnell sagt: Die Stadt hat falsch kommuniziert. Bürgermeister Zimmermann hat immer die Fakten dargestellt. Und die sind manchmal nicht verrückbar. Das klingt dann manchmal hart in der Ausdrucksweise – aber eine Eins ist eine Eins. Und dass ein Bürgermeister, der noch nicht so lange dabei ist, richtig Gegenwind empfindet, auch manchmal emotional wird – das kann ich gut nachvollziehen. Das geht mir oft auch so. Da lernt man auch mit der Zeit.

Dieses dickere Fell, was man braucht, kommt nicht von heute auf morgen. Deshalb unterstütze ich den Kollegen, wo ich nur kann. In Ralph Zimmermann habe ich einen sehr loyalen Partner, der aus meiner Sicht nichts falsch gemacht hat. Er hat versucht sehr transparent einfach die Fakten zu transportieren.

Nach der heftigen Kritik an der mangelnden Bürgerbeteiligung hat es beim Kombinierten Verkehrterminal ja geklappt – jede Frage kam zu Wort und wurde beantwortet.

Da haben wir teilweise schon Kritik bekommen. Im Nachgang muss ich sagen: Es war richtig, jede Frage zu beantworten, auch wenn es viele Doppelungen gab. Unsere Sorge war, dass Fragesteller sich nicht genug gewürdigt fühlen. Meine Frage war anders gestellt. Natürlich kann man sich diese Intensität nicht bei jedem Projekt leisten. Wir überlegen aber bei jedem Projekt, was die richtige Art und Weise ist, die Bürger mitzunehmen. Live-Streaming vom Gemeinderat oder digitale Beteiligungsformate können schon der richtige Weg sein. Das dürfte bald selbstverständlich sein.

Kundenfreundlichkeit – das Rathaus hat es in Person von Michaela Kronenbitter bei Handel und Gastronomie bewiesen. Auch ein Zukunftsprojekt?

Wir hatten das als Rathaus gemeinsam als unsere Marschroute ausgegeben. Wir lernen aus jedem dieser Prozesse. Ganz klar. Auch daraus. Wichtig ist natürlich, dass so etwas eine richtige Betreuung braucht, die man sich personell leisten können muss. Denn wir können nur das anbieten, was wir auch halten können. Dass unser Handeln mit dem Gesicht von Michaela Kronenbitter positiv bewertet wird, freut mich, auch für die Kollegin.

Die Kultur. Neue Locations, neue Strukturen, um das verbliebene Ehrenamt zu unterstützen?

Wir wollen ein ehrenamtliches Kulturleben, das dürfen wir nicht aufs Spiel setzen. Mit dem Kloster, möglicherweise dem Mittelbau des Marmorwerks – so gelegen, dass unsere Jugend dort auch mal Party feiern kann – und dem in einer Studie angedachtem Konzertsaal im Dachgeschoss des Fruchtkastens hätten wir eine schöne Achse – Marmorwerk, Fruchtkasten, Stadtmuseum, Kloster – auf der man Kultur auch managen könnte. Da ist die Frage: Kann das Ehrenamt das leisten oder muss sich das Hauptamt verstärkt einbringen? Ich kann mir beides vorstellen. Unabhängig von der Diskussion um die Kosten könnte das eine spannende freiwillige Aufgabe sein, die der Stadt sicherlich gut tut.

Was ist mit dem Sitzungssaal?

Wir ha ben die Chance, wenn wir den Fruchtkasten erworben haben, einen Veranstaltungsbereich zu schaffen, der würdig ist. Bisher kann ein klassisches Konzert nur in einer Turnhalle oder Mensa stattfinden. Persönlich finde ich, dass dieser Saal in Kombination auch als Gemeinderatssaal genutzt werden sollte. Dann hätten wir im Zentrum wieder einen Mehrwert. Ein Zentrum, um dort Leben stattfinden zu lassen und das Menschen dorthin zieht.

Die BiM fordert endlich eine Strategietagung für Horb – bisher vergeblich. Liegt es daran, dass Bausteine wie das Radverkehrskonzept oder die Erkenntnisse der Arbeitsgruppe Grün noch fehlen?

Bloß weil die BIM ihre Strategie nicht wiederfindet, heißt das noch nicht, es gibt keine. Der Gemeinderat hat mit dem Masterplan 2050 eine Langzeitstrategie beschlossen. Natürlich ist es legitim, zu sagen, wir brauchen ein neues Ziel. Ich bin aber skeptisch: Jede Partei oder Liste hat ihr Wahlprogramm und damit ihre Ziele formuliert. Glauben Sie wirklich, wenn wir alles verzahnen, dass alle gleich denken? Danach muss die demokratische Entscheidung fallen, wo es in Zukunft hingehen soll. Ich wette ein Jahresgehalt – ich sage nicht, wessen – dass diese Entscheidung nach der Klausurtagung nicht einstimmig sein wird. Fakt ist aber: Wir haben unheimlich viel in den letzten Monaten angepackt – obwohl wir lediglich drei Planer im Rathaus haben. Immer mit dem Hinweis: Wir können nicht alles gleichzeitig leisten.

Wann werden wir wieder im Neckarbad baden können?

Ich bin guten Mutes, dass wir im nächsten Jahr viel neues Schwimmbad sehen können und hoffentlich in der zweiten Jahreshälfte dort wieder baden können. Das ist mein Wunsch. Wenn es schneller geht, mache ich drei Luftsprünge.