In einer Starkregengefahrenkarte sind die Risiken vermerkt. Die Veranstaltung zu dem Thema stieß auf großes Interesse. Foto: Kunert

In Sachen Hochwasser ist Nagold deutlich sicherer geworden. Anders steht es um die Gefahren, die nach Extremwettereignissen drohen. Historische Verdohlungen von Abflüssen sind zunehmend ein Problem.

„Vielleicht sollte ich mir die Sandsäcke hier im Foyer gleich mitnehmen!?“ Ein Zuhörer brachte es mit diesen Worten im Anschluss an die Bürger-Informationsveranstaltung zum Starkregen auf den Punkt: Es kommt auf die Eigenverantwortung an, auf die private Prävention – kombiniert mit dem, was die Stadt tun kann. Um echte Extremwetter auch in Nagold künftig bestmöglich zu überstehen.

Oberbürgermeisters Jürgen Großmann zeigte sich in seiner Begrüßung im Kubus überrascht, wie groß die Resonanz bei seinen Bürgern für dieses Informationsangebot war.

Gut besucht: Über das große Interesse freute sich auch Nagolds OB Jürgen Großmann. Foto: Kunert

Ein paar Plätze blieben zwar frei, aber – wie sich zeigen sollte – wer in der Region in besonders gefährdeten Tallagen wohnt, hat Informationsbedarf. Viele – auch das fragt der OB die Anwesenden ab – sind auch aus den Ortsteilen gekommen. Wo es, etwa in Gündringen oder Schietingen, aufgrund der dortigen Klingen (Tallagen, in denen sich abfließendes Wasser besonders gut sammeln und beschleunigen kann) richtig exponierte Gefahrenlagen gibt.

Verdohlungen sind extrem gefährdete Engstellen

Was die grundsätzliche Bedrohung dort noch – historisch bedingt – erhöht: In früheren Zeiten hat man die natürlichen Abflüsse verdohlt, also in Röhren durch die Stadt geführt. Teilweise später sogar überbaut. Heute sind das bei den immer häufigeren Extremwetterlagen besonders gefährdete Engstellen, vor denen sich abfließende Wassermengen stauen. Und dann die Straßen und im Extremfall auch die anliegenden Gebäude überfluten. Die Stadt habe das auf dem Schirm, werde schauen, wie man diese Gefahrenpunkte künftig entschärfen kann.

Wobei natürlich klar ist: Alles hier, an diesem Abend im Kubus, ist Prävention. „Im Prinzip haben wir die letzten Jahre viel Glück gehabt“, sagt am Rande der Veranstaltung Peter Haselmaier von den Nagolder Stadtwerken. Es gab zwar Starkregen. Auch in Nagold. Bilder werden an diesem Abend gezeigt, wie etwa vergangenes Jahr sich schon auch große Wassermengen vom Eisberg durchs Kreuzertal Richtung Innenstadt wälzen. Die Bundesstraße überschwemmen. Aber größere Schäden gab es nicht. Wirklich „extrem“ war das noch nicht. Da müssen Bilder aus dem letzten Jahrhundert herhalten. Als ebenfalls im Kreuzertal wirklich ’Land unter’ war. Aber mit den zunehmenden Klimakapriolen der Gegenwart steigt auch in Nagold die Wahrscheinlichkeit, dass der ganz große Regen auch hierher kommt.

Nicht alles darf zum Schutz gemacht werden

Gefahrenkarten werden gezeigt. Wo, wie die Wassermassen im echten Katastrophenfall sich in der Stadt verteilen würden. Jeder Anwesende sucht sein Haus, sein Grundstück. Ist das Gebiet dunkelblau oder gar rot eingezeichnet? Wo Experten, in diesem Fall von Markus Heberle vom Ingenieurbüro Heberle aus Rottenburg, konkrete Schutzmaßnahmen für jedes einzelne Haus empfehlen können. Denn: Nicht alles was ’kann’, darf auch gemacht werden im Schutz vor Extremwetterereignissen. Abschotten und einfach die Fluten auf Nachbars Grundstück leiten – das geht natürlich nicht. Schutz vor Regenmassen funktioniert am besten im Nachbarschaftsverbund. Haus für Haus. Die Stadt steht da gerne beratend zur Seite, sagt der OB.

Problem sind punktuelle Starkregenereignisse

Und auch darauf wird hingewiesen: Vor Hochwasser – der Nagold, der Waldach – ist die Stadt bereits ziemlich gut gerüstet. Das ist hier und heute auch nicht das eigentliche Thema. Es geht um punktuelle Starkregenereignisse, ein bis drei Kilometer im Durchmesser begrenzt. Mit Mengen von bis zu 124 Liter Regen pro Quadratmeter – die höchste, je in Baden-Württemberg gemessene Niederschlagsmenge in einer Stunde. Das ist das Damoklesschwert, auch für Nagold. Auch für die Ortsteile. Weshalb die Anwesenden eifrig bestätigen, dass diese Info-Veranstaltung unbedingt auch noch mal expliziert in jedem der Ortsteile der Stadt für die dortiges Gefahrenlagen wiederholt werden sollte. Wird kommen, sagt der OB. Mehr Info, mehr Prävention. Um im Fall der Fälle die Schäden gering zu halten.

Information

Starkregengefahrenkarten

Starkregengefahrenkarte für Nagold Foto: Heberle

Ab sofort sind die für die Stadt Nagold erstellten Starkregengefahrenkarten auf der Website der Stadt Nagold (nagold.de; Stichwort: Starkregenrisikomanagement) für jedermann einseh- und abrufbar. Dort sind auch die vom Ingenieurbüro Heberle angefertigten Simulationen der Auswirkungen von Extremwetterereignissen auf das Stadtgebiet verlinkt.