Am Amtsgericht Horb wurde ein Fall von Vergewaltigung behandelt. Foto: Daniel Schneider

Marathon-Sitzung am Amtsgericht: Fast sieben Stunden, sechs Zeugen, ein Sachverständiger und zum Schluss ein ausgewogenes Urteil.

Der Angeklagte sitzt sichtbar bedrückt im Gerichtssaal. „Ich habe Angst, dass ich ins Gefängnis komme“, erwidert er auf die Frage von Richter Albrecht Trick, wie es ihm gehe.

Er selbst könne sich an die Tatnacht im September 2021 nicht mehr erinnern. „Wenn ich das getan habe, tut es mir unendlich Leid“, erklärt er.

Damals hatte er zwei seiner Arbeitskollegen – alle arbeiteten in einer behütenden Einrichtung in der Region – samstags zu einem Filmabend zu sich in einen Horber Ortsteil eingeladen. Mit einem machte er noch eine Kneipentour durch Horb. Man habe Bier, Schnaps und Jacky-Cola getrunken.

Wieder zu Hause, habe er seinen Kollegen sexuell missbraucht. „Ich habe gesagt, er soll aufhören“, beschreibt der Geschädigte die grenzüberschreitende Situation. Schließlich sei er aus der Wohnung geflohen und habe die Polizei gerufen, schildert er das Geschehen.

Mehrere Aufenthalte in psychiatrischen Kliniken

Um den Zeitraum des Tatgeschehens herum hatte sich der an einer schizoaffektiven Psychose leidende Angeklagte selbst in das Klinikum Christophsbad Göppingen eingewiesen. Kurze Zeit später erfolgte ein weiterer Aufenthalt in der Klinik Freudenstadt.

„Wir sind oft gemeinsam zu den Terminen des Psychiaters nach Rottenburg gegangen“, beschreibt seine Frau den Alltag. Auch habe ihr Mann regelmäßig die ihm verschriebenen Medikamente genommen.

Alkohol sei hingegen nie Thema gewesen. „Er trank nichts, selbst wenn ich Geburtstag hatte“, sagt. sie.

Laut Polizeiprotokoll hatte dieser sich an besagtem Tag wohl in einer psychotischen Phase befunden. „Er ist die ganze Zeit zwischen Wohn- und Schlafzimmer hin- und hergelaufen und hat wirre Sachen gesagt“, heißt es in der Befragung der Frau.

Gute Sozialprognose führt zu Bewährungsstrafe

Da der Alkoholtest der Polizei negativ ausfiel, schätzt der Sachverständige den Angeklagten zum Tatzeitpunkt mit 0,8 bis 1,0 Promille als „mittelgradig alkoholisiert“ ein. So habe besagte Alkoholisierung in Kombination mit der seelischen Störung sowie des Wunsches nach sexueller Triebbefriedigung zum Tatgeschehen geführt.

„Die Fähigkeit, das Unrecht seiner Handlung zu erkennen, war eingeschränkt“, bilanziert er. Jedoch spreche das Eingebundensein in Arbeit und Familie sowie der kaum vorhandene Alkoholkonsum für eine positive Sozialprognose.

Frank Grundke, Erster Staatsanwalt aus Rottweil, fordert für die Vergewaltigung aufgrund der verminderten Schuldfähigkeit eine Freiheitsstrafe von eineinhalb Jahren, ausgesetzt auf Bewährung.

Das Urteil des Schöffengerichts lautet ein Jahr Freiheitsstrafe, die auf zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt sind. Voraussetzung seien 50 Stunden gemeinnützige Arbeit und das Hinzuziehen eines Bewährungshelfers.