Die Konzertmuschel im Rottweiler Stadtgraben ist Tatort eines Raubs, der für das Opfer tödlich endete. Der verurteilte Täter steht derzeit in einer Berufungsverhandlung erneut vor Gericht. Foto: Otto

Einen Freispruch für den Raub im Stadtgraben und eine Ermäßigung des Strafmaßes für die anderen zahlreichen Straftaten. Das soll das Berufungsverfahren dem Angeklagten bringen. Doch die Verhandlung steht unter keinem guten Stern.

Kreis Rottweil - Die Berufungsverhandlung am Landgericht gegen den jungen Mann, der am 5. August in der Konzertmuschel im Rottweiler Stadtgraben einen Obdachlosen erst brutal geschlagen und ihm dann das Handy gestohlen haben soll (wir berichteten mehrfach) gerät ins Stocken, noch bevor sie richtig begonnen hat.

Dabei soll diese dem Angeklagten in eben jener Sache einen Freispruch einbringen. Bei den weiteren Straftaten – vor allem Gewaltdelikte – soll eine Ermäßigung des Strafmaßes erzielt werden, wie Anwalt Wolfgang Burkhardt zu Beginn erklärte. Das Erstgericht hatte ihn zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten sowie einer weiteren Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sieben Monaten verurteilt. Kurze Zeit später wird klar, die Verhandlung kann nicht wie geplant weitergeführt werden, weder an diesem Vormittag, noch an den weiteren festgesetzten Terminen.

2000 Seiten Aktenmaterial

"Wir können heute nicht mit dem vollen Beweisprogramm beginnen", sagt Phillips. Der Grund: Einer der Sachverständigen ist schwer erkrankt. Ob er überhaupt an der Verhandlung werde teilnehmen können, sei ungewiss. Ein neues Gutachten könnte notwendig werden und das dauert. Nicht nur, weil auf die Schnelle nur schwer ein neuer Gutachter zu bekommen sei, wie die Richterin zu bedenken gibt, sondern auch, weil dieser sich intensiv mit dem Angeklagten und etwa 2000 Seiten Aktenmaterial beschäftigen muss.

Für den Angeklagten bedeutet dies, dass sich seine Zeit in U-Haft um einige Wochen verlängern dürfte. Ein Umstand, den der Angeklagte im grauen Jogginganzug recht ruhig aufnimmt, hatte ihn die Ankündigung eines neuen Gutachtens noch zuerst irritiert.

Kurze Zündschnur

Dennoch gibt der Vormittag im Gerichtssaal auch einiges über den Angeklagten preis. Dieser, Jahrgang 1992, ist von Beruf Fitnesstrainer und kommt eigentlich vom Bodensee. Die Taten, die ihm vorgeworfen werden, sind allesamt durch einem Hang zur Aggression und Brutalität gekennzeichnet. Schläge ins Gesicht, ganz gleich ob Mann oder Frau, Bedrohung mit einer Eisenstange – die Zündschnur ist kurz. Und das ist sie wohl auch in jener verhängnisvollen Nacht im Stadtgraben gewesen, in dessen Folge das Opfer, ein stadtbekannter Bewohner der Spittelmühle, Tage später im Schwarzwald-Baar-Klinikum verstarb.

Massive Gewalt

Die Schläge, die der Angeklagte dem Opfer zugefügt haben soll, zeugten von "massiver Gewalt", so die Richterin. Die Folge: Hämatome im Gesicht und am Kopf, darunter ein Subduralhämatom am Hinterkopf. Wie die Richterin sagt, müsse das Opfer massive Schmerzen erlitten haben und sei nicht in der Lage gewesen, sein Zuhause in der Spittelmühe, der städtischen Obdachlosenunterkunft, aufzusuchen. Er habe die Nacht in der Konzertmuschel verbracht und sei erst am nächsten Morgen gegen 7.45 Uhr ins Krankenhaus gebracht worden, nachdem Passanten ihn entdeckt hatten.

Das Handy des Opfers, mit einem Wert von etwa 100 Euro, habe der Angeklagte mitgenommen. Dieses sei später mit einer neuen SIM-Karte versehen beim Angeklagten gefunden worden.

Schlechte Sozialprognose

Auch, dass der Angeklagte unter Bewährungsauflagen immer wieder straffällig wurde und ein erhebliches Alkoholproblem hat, wurde deutlich. Dieses in den Griff zu bekommen, eine Therapie zu beginnen, habe er bislang abgelehnt. Seine soziale Prognose sehe schlecht aus.

Für den weiteren Verhandlungsverlauf – am 10. November soll es weitergehen – hat die Richterin CT-Bilder von den Verletzungen des Stadtgraben-Opfers angefordert, die in der Erstverhandlung nicht einbezogen worden waren. Zudem sollen weitere Zeugen gehört werden: Polizeibeamte und Zeugen, mit denen der Tatverdächtige sprach, nachdem er erfahren hatte, dass er im Verdacht steht, durch den Raub, den Tod des Opfers herbeigeführt haben zu können.