Die Rettungskräfte waren an der Unfallstelle bei der Häberlesbrücke im Einsatz. Foto: Archiv Sum

Eine Pedelec-Fahrerin wurde bei einem Unfall in Schiltach im Juli 2021 schwer verletzt. Sie starb wenige Tage später im Krankenhaus. In diesem Fall musste sich ein Mann nun wegen fahrlässiger Tötung vor dem Amtsgericht in Oberndorf verantworten.

Der Verteidiger des Mannes schilderte den Unfall, der sich am 28. Juli 2021 zugetragen hatte und infolgedessen eine Pedelec-Fahrerin aus Schiltach verstorben war.

Der Angeklagte aus dem Kreis Freudenstadt hatte um 16 Uhr einen Termin in Schiltach. Rund 15 Minuten früher war er dort, parkte sein Auto in einer Parkbucht in der Hauptstraße. Er sei nicht in Eile gewesen. Durch Blicke in den Innen-, den Außenspiegel und über die Schulter habe er sich vergewissert, dass sich kein anderer Verkehrsteilnehmer seinem Fahrzeug näherte, bevor er die Fahrertür ein Stück weit geöffnet und einen Fuß aus der Tür geschoben habe. Nachdem ihm eingefallen war, dass sein Handy noch auf dem Beifahrersitz lag, habe er nach diesem gegriffen und wollte anschließend aussteigen.

Versierte Radfahrerin

Plötzlich habe es geknallt. Der Angeklagte berichtete, dass eine Frau auf der Straße gelegen habe. „Ich habe versucht, sie anzusprechen, habe Atmung und Puls kontrolliert und ihren Kopf überstreckt gehalten“, so der Angeklagte. Die Fahrradfahrerin habe zu diesem Zeitpunkt keinen Helm getragen. „Es waren ewige Zeiten für mich, bis der Rettungsdienst kam“, erinnerte er sich.

Bei der Zeugenvernehmung erklärte jedoch der Mann der Verunglückten, dass seine Frau den Helm noch vor dem Verlassen der gemeinsamen Wohnung, die rund 400 Meter vom Unfallort entfernt ist, aufgesetzt habe. Dieser sei recht neu gewesen. „Den Helm hat sie sorgfältig eingestellt.“ Eine Freundin der Verstorbenen, die als Zeugin geladen war, bekräftigte: „Ich habe sie nie ohne Fahrradhelm fahren sehen.“

Keine Mängel am Rad

Die Verstorbene sei zudem eine „sehr versierte, umsichtige Fahrradfahrerin“ gewesen und „mehrmals die Woche mit dem Rad gefahren“, betonte der Mann der Verstorbenen. Sie hatte sich das Rad ein knappes halbes Jahr zuvor gekauft. „Mir waren keine Mängel bekannt.“

Der Angeklagte äußerte die Vermutung, dass die Radfahrerin aus einer Seitenstraße unweit hinter seinem geparkten Auto gekommen war. Anders könne er es sich nicht erklären, denn „als ich in die Parkbucht gefahren bin, habe ich niemanden am Straßenrand fahren sehen“. Auch überholt habe er niemanden, was er bereits am Unfalltag einem Polizisten gegenüber geäußert hatte. Der im Gerichtssaal anwesende Sachverständige gab zu verstehen, dass prinzipiell drei Strecken von der Wohnadresse der Verunglückten bis zur Unfallstelle denkbar seien.

Mit dem Hubschrauber ins Krankenhaus geflogen

Schließlich wurde eine Ärztin aus dem Schwarzwald-Baar Klinikum, in das die schwer verletzte Fahrradfahrerin nach dem Unfall mit einem Hubschrauber geflogen wurde, in den Zeugenstand gerufen. Sie erklärte: „Der Unfall hat ein Schädel-Hirn-Trauma verursacht.“ In einer Operation sei ein Teil des Schädelknochens entfernt worden, damit sich das Hirn ausdehnen konnte. Anschließend sei die Frau künstlich beatmet worden. Wenige Tage nach der OP seien Durchblutungsstörungen im Hirn festgestellt worden.

In der Patientenverfügung der Frau habe sehr konkret gestanden, dass sie im Fall der geringsten Möglichkeit einer Beeinträchtigung nach einem Unfall eine weitere Behandlung ablehnt. „Das Ausmaß der Verletzung war damals nicht absehbar“, so die Ärztin. „Es hätte von kleinen Einschränkungen bis zum vegetativen Status alles möglich sein können.“

Ethik-Konsil einberufen

Ein Ethik-Konsil sei einberufen worden, das zu dem Schluss kam, dass der Wille der Patientin eindeutig formuliert worden sei, so dass die Intensivmaßnahmen abgebrochen wurden. „Der Unfall war der Anlass des Todes, aber die Patientin ist nicht primär daran verstorben“, so die Ärztin. Sie sei in einem unterstützten Spontanatmungsmodus gewesen und „im günstigsten Fall hätte sie irgendwann wieder selbst geatmet“. Am 7. August 2021 war die Frau verstorben.

Bevor das Urteil gefällt werden kann, gilt es noch einigen Fragen nachzugehen: Trug die Verunglückte ihren Helm? War dieser korrekt eingestellt? Welchen der möglichen Wege vom Wohnhaus zum Unfallort wählte die Frau? Mitte Juni soll dann weiter verhandelt werden.