Hier hätte das Pflegeheim in Oberreichenbach errichtet werden sollen. Foto: Faust

Lange hat man in Oberreichenbach auf eine Anlage für Senioren hingearbeitet. Jetzt zerplatzt der Traum wegen zu hoher Baukosten.

„Außer Spesen nix gewesen“, fasst Oliver Zajac das Pflegeheimprojekt in Oberreichenbach zusammen. 150 000 Euro an Planungskosten hat der Betreiber des Haus Tanneck in Schömberg und seit neuestem Besitzer des Haus Nagoldtal in Calw-Hirsau bereits für den Neubau in Oberreichenbach ausgegeben. Angesichts dieser Summe könne, so Zajac, keiner ihm und seiner Mannschaft vorwerfen, dass man es nicht ernsthaft versucht hätte mit der Oberreichenbacher Einrichtung.

Das Problem mit den exorbitant hohen Baukosten

Doch „das Problem sind die Baukosten“, klagt Zajac. Ureinst wurde mit bis zu sechs Millionen Euro kalkuliert. Doch das ist längst passé. „Der Bau kostet doppelt so viel wie der Kauf des Haus Nagoldtal in Hirsau“, verdeutlicht Zajac die Verhältnisse. Man könnte den Bau zwar finanzieren, doch die Baukosten schlagen sich eben spürbar auf die monatlichen Kosten pro Pflegeplatz nieder. „Wir wären dann 900 bis 1000 Euro teurer im Monat als umliegende Pflegeheime“, verdeutlicht Zajac die Dimensionen. Schlicht nicht sinnvoll. Das wäre dann laut Zajac ein Pflegeheim nur für Superreiche oder für Sozialhilfeempfänger, für die der Staat die Kosten übernimmt. Damit kämen aber aus allen Teilen des Kreises Calw oder sogar aus Böblingen und Pforzheim die Bewohner zusammengewürfelt – „und damit wäre der Gemeinde Oberreichenbach auch nicht gedient“, sagt Zajac und fügt hinzu: „So ist ein Pflegeheim für die Region nicht machbar, das ist sehr traurig.“

Die Anfänge, der weitere Verlauf und die Pläne des Heims

Eine bittere Pille ist die Nachricht natürlich auch für die Gemeinde Oberreichenbach selbst, wenn der langgehegte Traum vom eigenen Pflegeheim so jäh zerplatzt wie eine Seifenblase. Langgehegt deshalb, weil die Pläne schon Jahre zurückreichen. „In den Jahren 2016 und 2017 kamen die ersten Überlegungen auf, ein Pflegeheim im Ort zu errichten, um das ‚lebenslange Leben in Oberreichenbach‘ auch tatsächlich zu ermöglichen“, sagte Bürgermeister Karlheinz Kistner bereits im Mai 2019, also vor fast vier Jahren.

Dann sind im September 2020 genauere Pläne bekannt geworden für das Grundstück an der Ecke Weinstraße/Wildbader Straße, öffentlichkeitswirksam wird zum Pressegespräch ins Oberreichenbacher Rathaus eingeladen. Die Vision: Bis zu 45 stationäre Pflegeplätze, 15 Senioren in der Tagespflege. Hinzu soll der ambulante Pflegedienst „Landpflege“ kommen, von Schömberg nach Oberreichenbach umziehen. Noch 2020 hätte der Spatenstich vollzogen werden sollen, fertig wäre man dann im Herbst 2022 gewesen.

Nur jährliche Updates, aber kein Baustart

Das Problem an alledem: der Konjunktiv. Denn nach dem Termin in 2020 wurde es ruhig um das Projekt und Zajac. Immer wieder versicherte der Pflege-Unternehmer aus Schömberg, noch am Projekt festhalten zu wollen. Im Dezember 2021 bekundete Zajac, schon im Angesicht von horrenden Baupreissteigerungen: „Wir haben nie daran gezweifelt und stehen weiter dahinter.“ Allerdings, auch das gehört zur Wahrheit, hatte der Investor schon damals Bedenken, „dass es ein Pflegeheim gibt, das keiner bezahlen kann.“

Die Hoffnung war, auf sinkende Baupreise zu setzen und den Markt zu beobachten. Die Hoffnung stirbt zuletzt, war dann auch im September 2022 die Devise. Das Problem an der Sache: Zwar stirbt die Hoffnung zuletzt, doch sie stirbt eben irgendwann wirklich. Das scheint jetzt also der Fall zu sein, gleichwohl Zajac noch im Januar des laufenden Jahres zum Projekt sagte: „Wenn die Brücke steht, wollen wir auch drübergehen.“ Einzig die Brücke steht nicht und die dafür investierten Planungskosten sind für die Katz.

Grundstück soll nicht anderweitig genutzt werden

Ein Jammer ist das auch für die Gemeinde. Der Gemeinderat sei neulich über die Entwicklungen informiert worden, erklärt Rathauschef Kistner. Festhalten will man am Plan „Pflegeheim“ trotzdem, sagt Kistner. Doch so wirklich daran glauben, zumindest in naher Zukunft, kann auch Kistner nicht: „So schnell ändert sich das nicht, die Baupreise steigen ja weiter.“ Immerhin: Das Grundstück gehört noch der Gemeinde und soll erst verkauft werden, »kurz bevor die Bagger anrücken«, sagte der Rathauschef bereits im Vorjahr. Die Fläche aber anderweitig nutzen, wollen der Bürgermeister und Gemeinderat nicht – auch nicht für Gewerbeflächen oder Wohnraum.

Doch wie geht es jetzt weiter? „Wir werden den freien Markt beobachten. Und wenn uns etwas auffällt, dann steigen wir ein“, sagt Kistner. Doch wann das sein wird oder sein könnte, vermag auch Kistner nicht seriös zu sagen. Klar ist hingegen nur eines – und das schon seit 2022: „Wir brauchen in Zukunft mehr Pflegeplätze für Senioren, das wissen wir.“ Damit wird es jetzt, zumindest in naher Zukunft, nichts in Oberreichenbach.