Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (l.) bezeichnet die Wortwahl von Friedrich Merz als höchst fragwürdig. Foto: dpa/Marijan Murat

So regieren Spitzenpolitiker im Land auf die Ankündigung des CDU-Bundesvorsitzenden, die Grünen als Hauptgegner zu betrachten.

Wenn die CDU das so wolle, solle sie es machen. „Ich jedenfalls mache es nicht.“ Mit Unverständnis hat der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann am Dienstag auf Nachfragen in der Landespressekonferenz in Stuttgart auf die Ankündigung von Friedrich Merz reagiert. Der CDU-Bundesvorsitzende hatte die Schuld am Wahlsieg der AfD bei den Landratswahlen im thüringischen Sonneberg am vergangenen Wochenende den Grünen gegeben und erklärt, die Grünen seien jetzt auf „absehbare Zeit die Hauptgegner in der Bundesregierung“.

„Wenn die CDU uns zum Hauptgegner erklärt, das ist zwar ihr gutes Recht,“ erklärte Kretschmann: „Ich persönlich allerdings halte das Konzept, gegen einen Hauptgegner Wahlkampf zu machen, für aus der Zeit gefallen.“ Selbst bei relativ langen Reden auf Parteitagen habe er, Kretschmann, sich nie ausführlich mit politischen Konkurrenten beschäftigt, sondern stets seine eigenen Ideen in den Vordergrund gestellt: „Denn die Menschen wollen doch wissen, was wir machen wollen.“

Eine höchst fragwürdige Wortwahl

Aus Kretschmanns Sicht ist die Wortwahl von Merz zudem höchst fragwürdig: „Wer ist denn der Hauptgegner? Die Hauptgegner sind doch Unwissenheit, Borniertheit, Unkenntnis der Verhältnisse, Voreingenommenheit, Vorurteile und was sonst noch so alles rumgeistert in unserer Welt. Das sind unsere Hauptfeinde und nicht politische Konkurrenten, mit denen wir im Wettbewerb stehen“, redete sich Kretschmann in Rage. Der Ministerpräsident legte nach. Es gebe da den sehr wahren Satz: Wir überschätzen die Informiertheit der Bevölkerung, aber wir unterschätzen ihr Beurteilungsvermögen. Kretschmann: „Man muss den Leuten also bitte nicht dauernd sagen, was sie über die CDU denken sollen. Man muss aufklären, was man selber will, was die Ziele sind und wie man sie umsetzt.“

Allerdings sieht Kretschmann durchaus auch Fehler in der Ampelkoalition in Berlin: „Einen gewissen Anteil hat die schlechte Performance der Ampelregierung. So kann man einfach nicht regieren, und das müssen sie in Berlin endlich merken.“ Gute Arbeit könne man nur machen, wenn man Kompromisse sucht und sich „nicht dauernd öffentlich beharkt oder beschimpft“. Denn das führe dazu, dass die Menschen das Gute, das die Ampel-Koalition ja ohne Zweifel auch leiste, überhaupt nicht mehr wahrnähmen.

„Ich kann nur den Kopf schütteln“

Kritik an Friedrich Merz kommt auch von Andreas Schwarz, dem Fraktionschef der Grünen im Stuttgarter Landtag: „Herr Merz braucht offensichtlich einen externen Gegner, um sich der internen Konkurrenz zu erwehren. Ich kann darüber nur den Kopf schütteln. Demokratische Parteien sind Mitbewerber, keine Gegner. Ich rate zu verbaler Abrüstung, dieser Ton hilft nur der AfD. In Baden-Württemberg regieren wir mit der CDU gut und vertrauensvoll zusammen – gerade auch beim Klimaschutz und der inneren Sicherheit. Da geht es uns um die Zukunft des Landes, und es gibt viel zu tun.“

Das sehen auch die grüne Wissenschaftsministerin Petra Olschowski und Verkehrsminister Winfried Herrmann so. Bei der Vorstellung der Luft- und Raumfahrtstrategie des Landes erklärte Olschowski: „Wir sitzen hier zusammen und stellen zusammen ein Programm vor. Ich habe nicht den Eindruck, dass wir das unter Gegnern getan haben. Winfried Herrmann fügte hinzu: „Ich glaube, dass das Merz-Konzept nicht für Baden-Württemberg taugt. Wahrscheinlich ist es insgesamt auch kein kluges Konzept. Ich nehme das eher als Hinweis, dass die CDU uns sehr ernst nimmt.“

Die baden-württembergische Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) formuliert vorsichtige Kritik an ihrem Parteichef: „Meine Überzeugung ist es, dass wir ein eigenes Profil entwickeln müssen. In der Tat arbeiten wir ja an einem Grundsatzprogramm auf Bundesebene. Da müssen wir selber gute Antworten auf die Herausforderungen unserer Zeit liefern und inhaltlich punkten. Das ist für mich handlungsleitend.“