Mehr als nur Luxus ist der geplante Dachgarten auf dem neuen Landratsamt. Foto: Cools

Wo parken Besucher des Rottweiler Landratsamtes (LRA) künftig? Wo wird sich die Integrierte Leitstelle befinden? Und wie liegt man überhaupt im Zeitplan? All diese Fragen wurden im Kreisausschuss zur Planung des neuen Landratsamtes geklärt.

Kreis Rottweil - Solarmodule an der Fassade, ein Dachgarten auf dem Gebäude und ein Vorplatz mit Aufenthaltsqualität – das 55-Millionen-Euro-Projekt nimmt langsam Form an, wenn auch zunächst nur in den Planungen.

Inzwischen habe man den Vorentwurf der Stadt Rottweil vorgestellt, informierte Finanzdezernent Gerald Kramer den Kreisausschuss. Hinsichtlich der Baugrenzen-Überschreitung für den Neubau seien Befreiungen in Aussicht gestellt worden. Für das Parkhaus, das aufgrund der baurechtlich notwendigen Stellplätze südlich der Stadionstraße geplant wird, ist ein neuer Bebauungsplan notwendig. Das sei jedoch im Rahmen der Bauzeit nötig, so Kramer.

Raumkonzept überarbeitet

Überarbeitet wurde das Raumkonzept. Vor dem Hintergrund der sich stark verändernden Bürolandschaft mit mehr Mitarbeitern und flexibleren Arbeitszeiten sei man vom Prinzip, dass jeder seinen eigenen Schreibtisch hat, abgerückt. "Desksharing", Teilzeitarbeit und Homeoffice seien die Zukunft, so Kramer.

Man werde eine offene Arbeitswelt nach dem flexiblen Prinzip "open space" haben, jedoch den Verwaltungsbereich vom öffentlichen Bereich trennen, erklärte der Vertreter des Planungsbüros Drees &  Sommer. Im Eingangsbereich könnten sich die Besucher des LRA frei bewegen, der Verwaltungsbereich sei aber abgetrennt und geschützt. Besprechungsräume bilden eine Verbindung zwischen den zwei Bereichen.

Gelungenes Brandschutzkonzept

Als sehr gelungen bezeichnete Hellmut Schiefer von der "a+r Architekten GmbH" das Brandschutzkonzept. Das Konzept besteht aus einer zentralen Erschließungshalle mit den Beratungsräumen für die Bürger, die brandschutztechnisch von den Bürobereichen abgetrennt ist und einen eigenen Rettungsweg darstellt. Das stelle auch für die Versammlungsräume im vierten Obergeschoss ausreichend Rettungswege zur Verfügung.

Des Weiteren habe man einen Belegungsplan erstellt, also überlegt, wo welches Dezernat hinkommt, und Zonen gebildet unter Berücksichtigung, welche Dezernate eng zusammenarbeiten.

Thomas Engeser (FWV) lobte die Umsetzung des "Desksharing"-Ansatzes. Das sei das "Büro der Zukunft" und dem Kreistag sehr wichtig gewesen. Er wollte wissen, wo genau die Integrierte Leitstelle (ILS) vorgesehen sei. Im Erdgeschoss sei die Unterbringung aus Schutzgründen nicht möglich, erklärte der Planer, deshalb sehe man sie im zweiten Obergeschoss des Fachbaus vor, gesichert mit einer Schleuse.

Was tun im Krisenfall?

Hermann Acker (FWV) meinte, dass sich die Welt in den vergangenen Monaten stark verändert habe, und wollte wissen, ob man mit dem neuen Landratsamt auf diesen Umstand möglicher Krisen- und Katastrophensituation eingehe. Der klassische Bunker sei kein Thema, meinte Landrat Wolf-Rüdiger Michel. Der bestehende Bunker in der Tiefgarage des LRA sei veraltet und nicht mehr nutzbar. Acker bat, das Thema weiter im Auge zu behalten.

Architekt Schiefer ging auf weitere Details der Planung ein. Im Erdgeschoss werde ein Atrium geschaffen – heute der Innenhof des Flachbaus – das künftig als Ausstellungsfläche genutzt werden könnte. Zur Erschließung der Stockwerke im Neubau ist ein zentrales öffentliches Treppenhaus geplant sowie mehrere weitere, die nur vom Personal genutzt werden.

Begrünter Vorplatz

Besucher gelangen über den Nordplatz (Königstraße), der parkartig ausgestaltet werden soll, ins Landratsamt. Vier Bestandsbäume will man erhalten. Zudem ist ein Fontänenspiel geplant. Der Platz soll gepflastert werden, bis auf einzelne Kies-Schollen, die für die Oberflächenwasser-Versickerung günstig sind.

Markus Huber (FWV) stellte fest, dass durch die Planung Parkplätze für Kunden wegfallen werden. "Gibt es auch Alternativen zum Parkhaus für Besucher, die nur mal schnell ins Landratsamt wollen?", fragte er. Schließlich komme nicht jeder via ÖPNV oder Fahrrad. Man brauche attraktive oberirdische Kurzzeitparkplätze neben dem Parkhaus, meinte Gerald Kramer. Denkbar sei aber auch, Besuchern die erste Ebene des Parkhauses zur Verfügung zu stellen. Die Tiefgarage sollte hingegen seiner Ansicht nach nur LRA-Mitarbeitern vorbehalten sein.

Solarpaneele an der Fassade

Ein Thema war auch der geplante Dachgarten im vierten Obergeschoss als Pausen- und Aufenthaltsbereich. Dieser sei nur auf den ersten Blick Luxus, meinte Hellmut Schiefer. Er entsiegele die Fläche und sei somit aus ökologischer Sicht sinnvoll.

Dass durch den Dachgarten eine Dachfläche für PV-Anlage wegfalle, werde durch Solarpaneele an der Fassade des Landratsamtes kompensiert, so Schiefer. Ob diese an allen Fassadenseiten angebracht werden, so der Architekt auf Nachfrage von Berthold Kammerer (SPD), müsse man noch prüfen.

Alles mit Solarpaneelen zu versehen, sei zwar ökologisch gesehen gut, aber ökonomisch nicht sinnvoll. Da sei es am besten, wenn man nur so viel Energie erzeuge, wie direkt verbraucht werden könne, anstatt diese zu speichern. Josef Günter (SPD) fand das nicht gut: "Wir erstellen einen Bau, der sich nie rechnen wird. Wenn wir dann bei ein paar wenigen PV-Paneelen auf die Wirtschaftlichkeit achten, ist das komisch".

Die Kosten für verschiedene Varianten würden noch erarbeitet und dann diskutiert, meinte Gerald Kramer. In jedem Fall werde man durch farbliche Anpassung der anderen Elemente in der Fassade ein homogenes Bild schaffen können, meinte Schiefer. Man müsse auch überlegen, ob man das geplante Parkhaus offen lasse oder mit einem Dach samt PV-Anlage versehe, ergänzte Michel.

Nachhaltige Bauweise

Architekt Schiefer erläuterte noch, wie man dem Wunsch nach nachhaltigem Bauen beim Landratsamt nachkomme. So werde der CO-Verbrauch durch Holzhybridbauweise um rund 75 Prozent verringert. Des Weiteren gebe es regenerative Wärme- und Kälteversorgung durch eine Wärmepumpe in Kombination mit einem Eisspeicher.

Beton werde nur in den Treppenhäusern eingesetzt. Regenwassermanagement betreibe man durch ein Retentionsdach und Zisternen. Die eingesetzten Materialien würden so verbaut, dass sie sich wieder sortenrein trennen und wiederverwerten lassen. Durch Begrünung unter den Dach-PV-Anlagen, im Dachgarten und auf dem Stadtplatz sowie im Innenhof verbessere man das Mikroklima.

Wann ist alles soweit?

Und wann ist alles fertig? In der Vorentwurfsphase habe man wegen des überarbeiteten Raumkonzepts mehr Zeit benötigt. Aktuell rechne man mit einem Baubeschluss Ende 2023, gefolgt vom Rückbau des Bestandsgebäudes. Dabei muss wohl auch das Fundament ausgebaut werden, war auf Nachfrage von Franz Rohrer (FDP) zu erfahren.

2027 könnte das neue Landratsamt dann eingeweiht werden. Der Entwurf fand schonmal Gefallen. "Durch die viele Begrünung wirkt das neue Landratsamt nicht wie eine Behördenburg, sondern strahlt eine gewisse Lockerheit aus", lobte Thomas Engeser.