Die Kosten für das neue Landratsamt steigen an. Foto: Scheidel

Der Platz im neuen Landratsamt reicht nicht aus – das hatte der Kreistag im Januar festgestellt und von den Planern Umsetzungsvarianten erarbeiten lassen, um weiteren Platz zu schaffen. Am Montag fiel die Entscheidung. Damit steigen jedoch auch die Kosten auf 55 Millionen Euro. Und es bleibt noch ein großes Sorgenkind: die Integrierte Leitstelle (ILS).

Kreis Rottweil - Einen großen Schritt weitergekommen ist der Kreistag am Montag in Sachen neues Landratsamt. Aufgrund eines erhöhten Raumbedarfs durch mehr Personal wurde eine Überarbeitung des bisherigen Entwurfs des Architekturbüros Ackermann + Raff nötig, teilte die Kreisverwaltung mit.

Vier Varianten vorgestellt

Vier Varianten waren dem Gremium Ende Januar vorgestellt worden, darunter eine dauerhafte Anmietung des Gebäudes in der Marienstraße, die für nicht wirtschaftlich befunden wurde, oder ein Aufstocken des Gebäudes in der Stadionstraße, mit dem jedoch zu wenig zusätzlicher Platz geschaffen werden könnte, wie Dominik Straka vom Planungsbüro Drees & Sommer rekapitulierte. Eine spätere Aufstockung des Riegelbaus wäre aufgrund der Anordnung der Sitzungsräume im obersten Geschoss auch keine Option. Lediglich eine Variante schaffe die Möglichkeit, rund 40 Mitarbeiter zusätzlich unterzubringen: der Rück- und Neubau des bestehenden Flachbaus West.

Leerstände produziere man durch diese Erweiterung des ursprünglichen Entwurfs nicht, sicherte Finanzdezernent Gerald Kramer dem Kreistag zu. Durch die Pandemie und den Ukraine-Krieg habe es umfangreiche Personalveränderungen gegeben. Und das Thema Flüchtlingsbewegung werde ein Dauerthema bleiben, prognostizierte er. Dennoch sollten die Gebäudeteile Stadionstraße, Haupt- und Flachbau laut der Planer möglichst autark genutzt werden, um im Falle freiwerdender Flächen auch Drittmieter am Standort integrieren zu können.

Desk sharing möglich?

Das Planungsbüro Drees & Sommer war parallel damit beauftragt worden, zu prüfen, inwiefern sich das Thema "Desk sharing" positiv auf den Platzbedarf im neuen Landratsamt auswirken könnte. Beim Desk sharing gibt es weniger Arbeitsplätze als Mitarbeiter, und diese arbeiten flexibel an dem Platz, der gerade frei ist. Damit könne man den Flächenbedarf im Rottweiler Fall aber "nur" um rund zehn Prozent reduzieren, meinte Dominik Straka. Allerdings habe man dann keinen Puffer mehr. Aus Sicht der Verwaltung schied diese Möglichkeit als alleinige Lösung zur Deckung des Raumbedarfs aus.

Kreisrat Hermann Acker (FWV) meinte, die teure Sanierung des Flachbaus schmerze nun rückblickend natürlich sehr, aber aus Fehlern könne man lernen. Er regte an, das Gebäude in der Marienstraße bei weiterem Platzbedarf nicht außer Acht zu lassen. Die Verwaltung solle ein Konzept für die Nutzung erarbeiten. Die Platzeinsparung durch Desk sharing sah er derweil als nicht unbedeutend an. Zehn Prozent weniger Fläche bedeute schließlich auch zehn Prozent geringere Kosten und bei einem Millionenprojekt wie diesem eine Einsparung von rund fünf Millionen Euro.

Digitalisierung geht schleppend voran

Ein weiteres Thema, das diskutiert wurde, war der Faktor Digitalisierung. Eine vollständige mobile Umstellung aller Arbeitsplätze sei bis 2025 erreichbar, teilte Gerald Kramer mit. Bis 2027 werde zudem die Umstellung auf die elektronische Aktenführung größtenteils umgesetzt sein, so die Prognose. Kreisrätin Sonja Rajsp-Lauer meinte, das müsse doch auch schneller gehen können. Der Finanzdezernent erwiderte, dafür brauche man auch das nötige Personal, was angesichts des Wettbewerbs um qualifizierte Arbeitskräfte nicht so leicht sei. Hermann Acker (FWV) äußerte den Eindruck, dass die Kommunen in Sachen Digitalisierung deutlich weiter seien als die Kreisverwaltung.

Zehn Millionen Euro zusätzliche Kosten

Der zusätzliche Raumbedarf im neuen Landratsamt schlage insgesamt mit rund zehn Millionen zu Buche, so die Verwaltung. Somit steigen die Gesamtkosten auf 55 Millionen Euro, Rückbau, Interimsnutzungen und andere Kapitalflüsse inklusive. Und dabei werde es nicht bleiben, denn man müsse auch noch nicht unerhebliche Preissteigerungen seit Ende 2019 einrechnen, kündigte Straka an. Dazu gebe es in Kürze eine Wasserstandsmeldung. Christian Ruf (CDU) gab zu bedenken, dass man nun aber nicht "nach jedem Stellenplan ein neues Fass aufmachen" und neu planen könne. So werde man nie fertig.

Diskussion um Integrierte Leitstelle

Ein großer Diskussionspunkt im Zusammenhang mit dem gesteigerten Platzbedarf im neuen Landratsamt war die Integrierte Leitstelle (ILS). Das Thema sei aufgekommen, weil es dort Bedarf für eine räumliche Veränderung gebe und man sich die Chance nicht vergeben wollte, sie gegebenenfalls in die Pläne für das neue Landratsamt zu integrieren, erklärte Kramer.

Der aktuelle Standort in der Krankenhausstraße 14 sei nicht zukunftsfähig. Davon hatten sich auch die Kreisräte vor Ort überzeugt. "Die ILS ist in der Entwicklung stehen geblieben. Das sieht man schon an den sanitären Anlagen", meinte Hermann Acker (FWV). Ein Umbau des rund 50 Jahre alten Bestandsgebäudes wäre laut Finanzdezernent Kramer eine risikoreiche Investition. Umfangreichen Sanierungsmaßnahmen müssten eine Untersuchung der Bausubstanz und ein Schadstoffgutachten vorausgehen. Auch fehle es an einer ausreichenden Infrastruktur.

Antrag der CDU abgelehnt

Deshalb war eine Überlegung, die ILS in das neue Landratsamt zu integrieren. Damit ließe sich die für die ILS notwendige Fläche durch Synergien von 450 auf weniger als 400 Quadratmeter reduzieren, erklärte Gerald Kramer. Außerdem sei man im Katastrophenfall nah bei den Entscheidungsträgern und Gremien des Landratsamtes. Es reiche, wenn eine Entscheidung bis zur Sommerpause getroffen werde, hieß es.

Die CDU-Fraktion wollte eine schnellere Entscheidung herbeiführen und beantragte deshalb – zur Überraschung der anderen Fraktionen – die ILS ins neue Landratsamt zu integrieren und weitere Verzögerungen zu vermeiden. Der Entschluss sei ein wichtiges Signal, so der Fraktionsvorsitzende Rainer Hezel. Peter Schumacher (FWV) sah hingegen keine Not für einen schnellen Beschluss. Die Synergieeffekte seien noch völlig unklar. In anderen Landkreisen befinde sich die ILS in den wenigsten Fällen im Landratsamt. Eventuell müsse man den Platzbedarf erst einmal per Gutachten erheben. Tatsächlich koordiniert die Leitstelle laut Kreisverwaltung fünf DRK-Rettungswachen, 68 Feuerwehrstandorte, zwei Standorte des Technischen Hilfswerks und etliche Ortsverbände, zu denen auch keine räumliche Nähe besteht.

Keine Eile vonnöten

In jedem Fall sollte der Kostenträger, in dem Fall die Kassenärztliche Vereinigung, vor der Entscheidung beteiligt werden, meinte FWV-Kollege Markus Huber. Alles andere sei schlechter Stil. Geld müsse man außerdem ohnehin in das Bestandsgebäude in der Krankenhausstraße investieren, auch wenn man es anders nutzen wolle. Huber erbat von der Verwaltung eine Auflistung, welche Gebäude dem Landkreis gehören und welche er angemietet hat – und zu welchen Bedingungen.

Der DRK-Kreisverband habe auch noch nicht abschließend über die Sache beraten, meinte Klaus Schätzle (SPD). "Wenn die keine Eile haben, dann müssen wir auch keine haben und können uns in Ruhe beraten", sagte er. "Uns ging es eigentlich nur darum, dass es endlich vorwärts geht", erklärte Hezel den Antrag erneut. Dennoch wurde dieser bei 16 Ja-Stimmen, 18 Nein-Stimmen und vier Enthaltungen abgelehnt. Der ILS-Standort wird also zu einem anderen Zeitpunkt noch einmal diskutiert werden.

Info

Die Planungen für das neue Landratsamt in Rottweil laufen nun bereits seit 2017. Ursprünglich ging man mit rund 35 Millionen Euro ins Rennen. Mitte 2020 wurde kurzzeitig erwogen, das Projekt aufgrund der finanziellen Auswirkungen der Pandemie auf Eis zu legen. Man entschied sich dann aber doch dazu, das Projekt weiter voranzutreiben und neue Verzögerungen zu vermeiden.