Innenstadtmanagerin Kerstin Ohnmacht wirbt für den Gründungswettbewerb. Foto: Nädele

Scheitern muss erlaubt sein, sagt Kerstin Ohnmacht. Die 41-jährige Innenstadtmanagerin glaubt an Rottweils Potenzial. Wir haben mit ihr über Leerstände und den anstehenden Gründungswettbewerb gesprochen.

Seit Juli ist Kerstin OhnmachtRottweils Innenstadtmanagerin und hat dabei ein recht dickes Brett auf dem Tisch, das es zu bohren gilt. Die Belebung der Rottweiler Innenstadt, nach der sich so viele sehnen, für die es so viele Visionen und doch so wenig Handfestes gibt, ist eine Herkulesaufgabe.

Ohnmachts großes Projekt ist die Umsetzung einer Idee, die eigentlich im Stadtmarketing geboren wurde. Ein Gründungswettbewerb soll Gründungswillige und neue Konzepte nach Rottweil locken. Start ist im Mai, spätestens im November sollen die Konzepte prämiert werden.

Viele Akteure am selben Tisch

Die Rottweiler Innenstadt gespickt mit hippen Geschäften – das wäre doch was. Doch bis dahin ist es ein weiter Weg. Arbeitsintensiv, denn viele Akteure, die bis dato nur wenig oder nichts miteinander zu tun hatten, müssen sich einbringen, am selben Strang ziehen, damit das Projekt gelingen kann.

Aussehen soll das in etwa so: „Die Stadt und das Innenstadtmanagement, das im Auftrag des Gewerbe- und Handelsvereins tätig ist, initiieren einen Existenzgründerwettbewerb. Das Ziel ist die Ansiedlung von Betrieben mit innovativen oder auch bewährten Konzepten.“ Der vorhandene Branchenmix in der Stadt soll bereichert und Leerstand gefüllt werden.

Die Stadt will sich dabei als attraktiven Innovationsstandort präsentieren. Und: Sie will Gründern unter die Arme greifen. Nicht mit Geld, sondern mit einem breiten Netzwerk an Kooperationspartnern. „Das können Sponsoren sein, Hauseigentümer, die ihren Leerstand zur Verfügung stellen, Banken, Agenturen, Steuerberater...“, zählt Ohnmacht beispielhaft auf. Und natürlich das Innenstadtmanagement und die Wirtschaftsförderung der Stadt, die konkrete Hilfestellungen bieten und Hürden abbauen sollen – selbst der Denkmalschutz soll mit ins Boot.

Appell an den Gemeinschaftssinn

„Rottweil als Gemeinschaft“, betont die Innenstadtmanagerin. Rottweil als Einkaufs- und Besuchererlebnis, das allen – Einheimischen wie Gästen – Anreize und Aufenthaltsqualität bietet, ein Rottweil, das interkulturell und offen ist und dabei Familien ebenso wie Jugendlichen und Senioren Begegnungsräume bietet. Kurz: Ein Rottweil, in dem man gerne lebt und das man gerne besucht. Doch ist das nicht fast zu schön, um wahr werden zu können?

Eine Stadt im Umbruch

Ohnmacht kommt aus dem Projektmanagement. Sie weiß: für Veränderung braucht es Visionen. Und die Realität ist manchmal ein Visionenkiller. „Scheitern muss erlaubt sein. Die Gründer müssen sich auch ausprobieren dürfen. Nicht alles kann funktionieren. Man braucht einen langen Atem“, weiß Ohnmacht.

Hinzu komme: „Es ist viel im Umbruch. Wir haben einen neuen OB, bald einen neuen Bürgermeister, einen neuen Kämmerer. Die Stadt wird sich verändern, der Verkehr wird sich verändern“, zählt Ohnmacht auf. Gleichzeitig gebe es viele Ideen. Aus dem Rathaus, aber auch aus der Bevölkerung, was nicht zuletzt die Quartiersgespräche zeigten.

„Die Krux ist: Es braucht verschiedenen Personen, um die Ideen auch umzusetzen“ – und die gibt es nicht. Das gilt für die Händler und Gastronomen, wie fürs Personal im Rathaus, die unter der aktuellen Arbeitsbelastung ächzen und denen die Corona-Zeit noch genauso in den Knochen steckt, wie die Energiekrise und der Ukrainekrieg. Und trotzdem tut sich viel – wenngleich „noch“ hinter verschlossener Tür.

Gute Vorarbeit geleistet

„Das Stadtmarketing hat gut gearbeitet“, lobt Ohnmacht die Vorarbeit der Kollegen im Rathaus, aber auch die ihrer Vorgängerin Tamara Retzlaff. Nun brauche es Leute, „die frische Energie reinbringen“. Die Innenstadtmanagerin denkt dabei etwa an den Café-Konzept-Store Aromio, der nur einen Katzensprung von ihrem Büro entfernt ist. „Die haben damals mit einem Gässlefest eröffnet. So etwas könnte man wieder machen.“ Oder an den neuen Café-Laden „Sweets Boutique“ in der Hochmaiengasse, der zwar seine Öffnungszeiten begrenzt hat, sein Angebot mit einem Café-Ausschank an Sonntagen aber anpassen möchte. „Das wäre natürlich aus touristischer Sicht toll.“

Auch der Gründungswettbewerb setzte hier an. „Wir haben dadurch die Möglichkeit, zu zeigen, dass mutige Gründer hier willkommen sind.“ Was letztlich für die Rottweiler Innenstadt funktioniere, müsse dann allerdings der Wandel zeigen.

Dass Rottweil da kein einfaches Pflaster ist, das weiß auch Ohnmacht, die betont, immer noch in der Kennenlern- und Lernphase zu sein. „Das Miteinander ist ausbaufähig“, sagt sie mit einem Schmunzeln. Dafür könnte aber jetzt genau die richtige Zeit sein.

Info

Kerstin Ohnmacht
ist Ansprechpartnerin für alle Innenstadtbelange und täglich im Innenstadtbüro erreichbar. Netzwerkpartner sind der Gewerbe- und Handelsverein Rottweil, die Stadtverwaltung, Hauseigentümer, Gewerbetreibende, Gastronomen und weitere. Für den Gründungswettbewerb gesucht werden Hauseigentümer, Gründer, Sponsoren, stille Teilhaber sowie Interessierte und Engagierte, Gewerbetreibende und Gastronomen. Das Innenstadtmanagement mit Büro in der Hohlengrabengasse 9 ist unter Telefon 0151/52 99 35 16 sowie per E-Mail an innenstadtmanagement-rottweil@outlook.de erreichbar.