Tamara Retzlaff berichtet in der Sendung „Fakt“ in der ARD am Dienstagabend von ihrem Leidensweg nach einer Corona-Impfung. Foto: ARD/Screenshot: Otto

Unter Tränen berichtet die junge Frau in der ARD-Sendung „Fakt“ über ihr Schicksal: Schwerste Nebenwirkungen nach einer Corona-Impfung haben sie förmlich aus dem Leben gerissen. Es ist Tamara Retzlaff, einst Innenstadtmanagerin und Hoffnungsträgerin in Rottweil.

„Sie hat mit ihrer Dynamik überzeugt“ – so berichtete unsere Redaktion Ende 2020 über die Wahl von Tamara Retzlaff zur neuen Innenstadtmanagerin für Rottweil. Die damals 26-Jährige sollte „frischen Wind“ reinbringen, den Handel und das Leben in der Stadt ankurbeln. Selbstbewusst hatte sie ihre Ideen im Gemeinderat vorgebracht – und sich in die Arbeit gestürzt.

Rückblick: Tamara Retzlaff (Mitte) wird Ende 2020 in Rottweil von Detlev Maier vom GHV sowie der städtischen Wirtschaftsförderin Ines Gaehn als neue Innenstadtmanagerin begrüßt. Foto: Archiv/Ralf Graner

Inzwischen ist die junge Frau ein Schatten ihrer selbst. Wer sie in der Sendung „Fakt“ in der ARD am Dienstagabend sieht, muss zweimal hinschauen. Ja, sie ist es. Die schweren gesundheitlichen Einschränkungen, die Schmerzen, und der Kampf um Anerkennung ihrer Krankheit haben Spuren hinterlassen. Inzwischen hat ihr Leidensweg einen Namen: „Post-Vac-Syndrom“ ist der Begriff, wenn es um gesundheitliche Schäden nach einer Corona-Impfung geht.

Ein Begriff, den nun auch der SPD-Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach nutzt. Nachdem er Mitte 2021 auf Twitter von einer „nebenwirkungsfreien Impfung“ gesprochen hatte, legte er jüngst in einem Interview eine 180-Grad-Wende hin. Betroffene litten unter schweren Einschränkungen, erklärte er, und sicherte rasche Hilfe zu.

Mehr als 30 Symptome

Doch davon hat Tamara Retzlaff noch nichts gemerkt. Im Gespräch mit Fakt-Reporter Knut Vetter berichtet die 28-Jährige von ihren Symptomen seit der Impfung. Atemnot, Muskelschmerzen, unkontrollierte Zuckungen und Konzentrationsschwäche sind nur einige Beispiele. Zeitweise sei sie bettlägrig gewesen. Das Krankheitsbild ähnelt Long Covid.

Damit einher ging für Tamara Retzlaff der soziale Abstieg. Nach monatelanger Krankheit wurde ihr Vertrag als Innenstadtmanagerin in Rottweil Anfang 2022 aufgelöst. Inzwischen ist das Krankengeld ausgelaufen, sie weiß nicht, wie es weitergehen soll. „Es ist ein sozialer Totalschaden“, sagt Tamara Retzlaff.

Sie hatte einen Antrag auf Anerkennung eines Impfschadens gestellt. Vergangene Woche, so berichtet „Fakt“, kam die Ablehnung. Drei Tage nach Lauterbachs Interview, in dem er Hilfen versprochen hatte. Tamara Retzlaff zeigt sich fassungslos. „Das muss man sich mal vorstellen – da steht drin, Post-Vac gibt’s gar nicht, Nebenwirkungen weltweit auch nicht – abgelehnt.“

Behandlung an der Uni-Klinik Marburg

Dabei wird die 28-Jährige seit neun Monaten in der Post-Vac-Ambulanz am Uni-Klinikum in Marburg behandelt. Der Fakt-Reporter begleitet sie zu Untersuchungen, zeigt Auszüge aus dem Gutachten. Darin werden „unerwünschte Nebenwirkungen nach der Anwendung von Covid-19-Impfstoffen“ diagnostiziert.

Die Gedanken an Lauterbachs jüngstes Interview, in dem er seine Aussagen von 2021 bezüglich der Nebenwirkungsfreiheit der Impfung als „missglückten Tweet“ bezeichnet, treiben Tamara Retzlaff vor der Fernsehkamera die Tränen in die Augen. Sie und andere Betroffene, so wird in der Sendung geschildert, hätten sich eben auf sein „nebenwirkungsfrei“ verlassen.

Ein Schaden auch für die Impfkampagnen

Klaus Stöhr, Mitglied im Sachverständigenausschuss des Bundestags, bewertet Lauterbachs Interviewaussagen kritisch. Ein Arzt dürfe sich nie darauf verlassen, dass ein Medikament nebenwirkungsfrei ist, sagt er. Damit habe man den Impfkampagnen insgesamt keinen Gefallen getan, so Stöhr. „Das Vertrauen der Bevölkerung ist unterminiert worden – nicht nur in die Corona-Impfung, sondern in alle Impfungen. Und das ist eigentlich der größte Schaden, der damit verursacht wurde.“

An ihrem Kampf lässt sie die Menschen auf Instagram teilhaben

Tamara Retzlaff will nun gegen den Ablehnungsbescheid des Versorgungsamts vorgehen und weiter um Anerkennung der Krankheit kämpfen. Auf der Plattform Instagram lässt sie andere daran teilhaben, macht auf das Thema aufmerksam. Knapp 36 000 Menschen folgen ihr.

Die Zeiten, in denen sie als Innenstadtmanagerin in Rottweil tätig war, scheinen mittlerweile ganz weit entfernt. Damals galt sie für Handel und Gastronomie als „wichtige Hoffnungsträgerin“. Heute ist sie das für andere Betroffene des Post-Vac-Syndroms.

Info

Die Sendung
„Fakt“ vom 21. März ist in der ARD-Mediathek hier zu sehen.