Micha Sonnenfroh, Teamleitung Stadtgrün und Gewässer, diskutierte mit den Anwohnern unter anderem über die künftige Nutzung des Kameralamtsgartens. Ein Thema, das ihm liegt. Foto: Alt

Wo drückt der Schuh? Das wollten OB Christian Ruf und die Stadtverwaltung von den Bewohnern der historischen Innenstadt wissen und luden zu den ersten Quartiersgesprächen ein. Die Resonanz übertraf die Erwartungen.

Rottweil - Das geflügelte Wort des Abends war "Poller". Es brachte auf den Punkt, was die Gespräche und Diskussionen des rund dreistündigen Abends im Sonnensaal des Kapuziners in besonderem Maße prägte, nämlich der Wunsch nach weniger Verkehr im Lorenz-, Johannser- und im Sprengerort. Heilig-Kreuz- und Waldtorort sind bei einer weiteren Veranstaltung am 2. März dran.

Von Kletterseilen und kurzfristigen Lösungen

Dass dieser zugegeben langgehegte Wunsch auch bei der Stadtverwaltung angekommen ist, zeigten die Impulsvorträge von Rudolf Mager, Fachbereichsleiter Bauen und Stadtentwicklung, und Horst Bisinger, Mobilitätsbeauftragter der Stadt.

Während Mager den auch für das Vorantreiben der Planungen zur Landesgartenschau 2028 notwendigen Zusammenhalt in der Stadt symbolträchtig mit dem Verweben eines Kletterseils verglich, legte Bisinger den Finger gleich in die Wunde. Parkplatz-Suchverkehr ("sehr viel") und Dienstleistungsverkehr ("enorm viel") müssten aus den Quartieren. Adäquate Mittel, um aus den Vierteln Verkehr raus und Leben rein zu lassen, seien Parkplatzverlagerungen – "umsetzen statt wegnehmen" – und eine bessere Verkehrslenkung, wo man dann schon wieder beim Thema Poller ist – "und schon haben Sie den Verkehr unterbunden".

Viel mehr Grün

Grün, am besten mobil, könnten die bestehende Situation auch in der zweiten Reihe verbessern. Etwa in der Blumengasse, wo man bei "Pauls" seinen Cappuccino nur vom Verkehr an den Rand gedrängt sitzend genießen könne. Und außerdem: "Es gibt nichts besseres als einen Baumschatten".

Platzbildungen als weitere Elemente könnten neben der Fläche zwischen Soluna und dem Kinderbekleidungsgeschäft "Sons&Daughters" in der unteren Hauptstraße auch anderswo entstehen. In kleinerem Rahmen etwa in der Metzgergasse. So lautete jedenfalls ein Wunsch der Anwohner. Und dann gibt es da noch die Kunst im öffentlichen Raum, die vor allem dann ein Mehrwert darstellt, wenn sie bespielbar ist. "Wir wollen das mitnehmen und prüfen", versprach Mager.

Ausprobieren ist die Devise

Prüfen, das ist die eine Sache, ausprobieren die andere. OB Ruf plädierte für Letzteres. Ausprobieren und nachsteuern, wenn es nicht funktioniert, erklärte der OB den rund 150 Bürgern im Sonnensaal das weitere Prozedere. Dabei sollen die gesammelten Wünsche und Vorschläge nun in kleineren Gruppen, sprich, in den Stadtvierteln direkt weiter geschärft und dann auch, wo machbar, umgesetzt werden.

Wie Ruf eingangs betonte: "Sie kennen ihre Quartiere, wie niemand sonst.". Vermeiden will man jedenfalls, dass hochtrabende verkehrsplanerische Feinheiten am Profansten scheitern, nämlich an der Frage "Wie komme ich mit meiner Sprudelkiste ans Haus?"

Wie geht es mit dem Nägelesgraben weiter?

Gewiss, manchem gingen die Vorschläge am Dienstagabend nicht weit genug. Wer eine umfassende, ganzheitliche Quartiersentwicklung erwartet hatte, der wurde enttäuscht. Aber: "Wir haben kein weißes Blatt Papier vor uns", betonte Mager.

Aus dem, was da ist, das beste zu entwickeln, das müsse die Maßgabe sein. Dazu gehörten die vorhanden Grünflächen, wie Bockshof und Kameralamtsgarten. Aber auch der Nägelesgraben, dessen Entwicklung in einer gesonderten Bürgerveranstaltung am 7. März auf den Tisch kommen soll. "Wir wollen ihnen da unseren Vorschlag unterbreiten", meinte Ruf.

Innenstadtmanagerin mit Ideen

Für Input sorgte zudem die neue Innenstadtmanagerin Kerstin Ohnmacht, die neben der Deutschlandstudie ihre Idee eines Rottweiler Gründungswettbewerbs skizzierte. Der Grundgedanke dahinter: Gründer können sich ausprobieren, Leerstände reduziert werden. Gespräche mit den Hauseigentümern seien der nächste Schritt.

Häppchen für Häppchen, Stück für Stück statt mit der Brechstange, und das am Besten mit allen im Boot, so soll in der recht kurzen Zeit bis zur Landesgartenschau und darüber hinaus Innenstadtentwicklung vollzogen werden.

Ob das funktionieren kann? OB Ruf jedenfalls entließ seine Bürger am Abend mit der Bitte: "Lassen Sie uns einen Schritt nach dem anderen gehen, und lassen Sie uns auch mal scheitern und sehen, wie man es besser macht."