Schon am ersten Prozesstag hatte der Beschuldigte (rechts) betont, er habe niemanden umbringen wollen. Foto: Günther

Am dritten Tag im Verfahren gegen den rasenden Autodieb von Sulz gab es ein Überwachungsvideo zu sehen. Es zeigt den Beschuldigten beim Autodiebstahl.

Kreis Rottweil - Die Bilder auf dem großen Monitor im Gerichtssaal sind perfekt ausgeleuchtet und gestochen scharf. Ein Mann steigt von links in den grauen VW T-Roc und verharrt darin. Er steigt nach geraumer Zeit wieder aus und geht um das Fahrzeug herum. Plötzlich rollt der Wagen langsam rückwärts.

Der Mann läuft ihm hinterher und stoppt ihn am Heck mit den bloßen Händen, bevor er mit anderen auf dem Innenhof geparkten Autos kollidieren kann. Anschließend steigt der Mann auf der Beifahrerseite wieder in den VW, rutscht anscheinend auf den Fahrersitz – und fährt schließlich davon.

Das ist in dem Video zu sehen, das am dritten Prozesstag gegen den Autodieb von Sulz vor dem Landgericht Rottweil vorgeführt wurde. Niemand erhob Zweifel daran, dass es sich bei dem Mann in dem Video um die Person handelt, die auf der Anklagebank saß.

Hat nie jemanden umbringen wollen

Der Film bestätigt jedoch nur den Ablauf der Ereignisse, wie sie der Beschuldigte bereits am ersten Tag des Prozesses, dem 3. August, zu Protokoll gegeben hatte.

Bedeutsamer aber könnte die Aussage eines Polizisten an diesem dritten Prozesstag sein. Er hatte den Beschuldigten einen Tag nach seiner Festnahme von Oberndorf zur richterlichen Anhörung in Rottweil und danach in die psychiatrische Klinik auf der Reichenau begleitet.

Schwerwiegende Vorwürfe

Der Beamte betonte vor Gericht, dass sich der Beschuldigte durchweg höflich und freundlich verhalten habe und dass mit ihm ein ganz normales Gespräch möglich gewesen sei. Der Beschuldigte habe unterwegs zum Beispiel wissen wollen, ob er für den von ihm angerichteten Schaden würde aufkommen müssen.

Der Polizist im Zeugenstand erinnerte sich aber außerdem noch an etwas anderes: "Ich wollte niemanden umbringen!" habe der mutmaßliche Täter auf der Fahrt in Richtung Reichenau geäußert.

Das habe sein Mandant durchgehend erklärt, betonte sein Verteidiger Wolfgang Burkhardt gegenüber dem Schwarzwälder Boten. Diese Aussage bezieht sich auf den schwerwiegendsten Vorwurf, dem sich der Beschuldigte in diesem Prozess ausgesetzt sieht: Er soll am Ende seiner wilden Flucht vor der Polizei versucht haben, eine Polizistin zu überfahren, was die Staatsanwaltschaft als versuchten Mord interpretiert.

Stets höflich und zurückhaltend

Einblicke in die Leidensgeschichte des Beschuldigten lieferte ein Produktionsleiter. Er hatte den späteren mutmaßlichen Autodieb von August bis November vergangenen Jahres in seiner Produktionsfirma im Kreis Freudenstadt als Aushilfe beschäftigt.

Er beschrieb den jungen Mann als höflich und zurückhaltend. Bereits im Einstellungsgespräch habe er bekannt: „Bei mir gibt’s ein Problem.“ Noch im August 2021 habe der Beschuldigte dann erstmals krankheitsbedingt gefehlt, sich aber zunächst stets rechtzeitig telefonisch gemeldet. „Vor und nach seinen Fehltagen hat man ihm angesehen, dass es ihm nicht gut ging“, berichtete sein ehemaliger Arbeitgeber.

Das Arbeitsverhältnis ging zu Ende, als der Beschuldigte im November gar nicht mehr zur Arbeit kam und sich auch nicht abmeldete. Die Krankheitsphasen beschrieb sein Ex-.Chef so: „Es war so, als hätte man bei ihm einen Schalter umgelegt.“