Es kreucht, fleucht und gedeiht in Rottweil am Neckar. Das zeigt nun der Bericht zum Zustand von Fauna und Flora. Eigentlich alles bestens, doch in diesem Paradies soll das Landesgartenschau-Areal entstehen. Auf Kosten der Tier- und Pflanzenwelt?
Rottweil - Von Februar bis Oktober hat sich die Gruppe für ökologische Gutachten, das Büro GÖG aus Stuttgart, das 65-Hektar-Areal der Rottweiler Landesgartenschau genau unter die Lupe zu nehmen, um für das 2028-Projekt die vorgeschriebene floristische und faunistische Erfassung zu erstellen. Die Ergebnisse, die am Mittwochabend in der Sitzung des Umwelt- , Bau- und Verkehrsausschusses (UBV) vorgestellt wurden, überraschten selbst ausgesprochene Naturliebhaber und -kenner: Es kreucht, fleucht und gedeiht in Rottweil am Neckar.
Die Spanische Fahne, die Blauflüglige Sandschrecke, die Filzzahn-Blattschneiderbiene, Orpheusspötter... allein 58 Vogelarten und zwölf Fledermausarten sind in der Erfassung aufgelistet. FPD-Stadtrat Michael Gerlich geriet geradezu in Verzückung, welche tollen Namen sich Biologen so einfallen lassen.
Ein Paradies für Flora und Fauna
Doch angesichts der Funde blieb es nicht bei seiner Begeisterung für die Bezeichnungen. Das Gebiet "hat sich in den letzten Jahren zu einem Paradies für Flora und Fauna entwickelt", fasste Oberbürgermeister Ralf Broß den Bericht von Sonja Stefani und Gunter Matthäus vom Büro GÖG zusammen. Elke Reichenbach (SPD+FFR) fasste als erste in Worte, was angesichts dieses Lebensraums die meisten Ausschussmitglieder beschäftigte: "Man hat fast schon ein schlechtes Gewissen, in diesen Bereich einzugreifen. Wir werden damit leben müssen, dass wir mit der Landesgartenschau Dinge kaputt machen".
Konfliktpotenzial
Die Hydrobiologin und der Dilpom-Biologe weisen in ihrem Bericht so auch auf einige "Konfliktpotenziale" hin, bei denen für die weitere Planung der Artenschutz berücksichtigt werden muss. Der stillgelegte Bahndamm etwa, der eigentlich zum Rad- oder Fußweg umgestaltet werden soll, sei mit der Neckarböschung ein toller Lebensraum für Reptilien. Sprich: Finger weg und als ungestörter Bereich erhalten. Ähnlich liest sich der Bericht in Bezug auf die Felswände am Viadukt, für die es Überlegungen gibt, ob sie zum Klettern in die Landesgartenschau eingebunden werden.
Manchem schwant Böses
Manchem Stadtrat schwante da schon Böses. Die Gartenschau-Ideen könnten baden gehen oder Rottweil gar zu spät dran sein, um Ausgleichs- und Umsiedelungsmaßnahmen noch rechtzeitig verwirklichen zu können. "Wann müssen wir starten, um 2028 wieder eine intakte Natur zu haben", fragte Hermann Breucha (FWV) die Fachleute graderaus. Und für Ira Hugger (Grüne) war klar, dass mit großer Sensibilität heranzugehen sei, damit sich die Erweckung des Areals aus dem Dornröschenschlaf nicht zu einem bösen Märchen entwickelt.
Sehr früh dran
Indes ließ sich schon an den entspannten Mienen der Stuttgarter Experten sowie von Micha Sonnenfroh und Rudolf Mager aus den Reihen der Stadtverwaltung ablesen, dass die Ergebnisse der floristischen und faunistischen Erfassung nicht so unerwartet und fatal ausfallen, wie sie für den Laien wirken mögen. Rottweil sei "sehr früh dran mit den Untersuchungen", beruhigte Matthäus und räumte auch gleich mit weiteren Befürchtungen auf. Die Renaturierung des Neckars werde die Situation deutlich verbessern – und sich nicht etwa, weil sie einen großen Eingriff darstellt, negativ auswirken. Und das vorhandene Konfliktpotenzial sei zu lösen, so dass dabei Verbesserungen erreicht werden. Der Biologe zeigte sich sicher: "Es ist ein leichtes, das hinzubekommen."
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